Kapitel 15 | riku

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[Riku]

Es ist mitten in der Nacht und eigentlich hatte ich mich auf meinen verdienten Schönheitsschlaf gefreut. Der Abend war langweilig und ich lag schon längst im Bett, aber irgendetwas hält mich davon ab, ins Land der Träume zu gleiten.

Vielleicht sind es meine Gedanken. Gedanken über die Vergangenheit, Gedanken über die Gegenwart, Gedanken über die Zukunft. Gedanken über die Band, die Jungs, meine zweite Familie. Gedanken über Frauen, von denen ich schon lange keine mehr hatte. Aber ich hatte in letzter Zeit nicht das Verlangen nach einer gehabt. Gedanken über mich, mein Leben, meine Fehler und all das, was ich auf meinem bisherigen Lebensweg schon richtig gemacht habe.

Als es plötzlich an der Tür klingelt erschrecke ich zu Tode. Mein Handy zeigt mir eine Uhrzeit von 03:24 Uhr. Also liege ich schon an die fünf Stunden einfach nur da und starre an die Decke. Ein paar Minuten später klopft wieder jemand. Völlig schlaftrunken tappe ich in Richtung der Geräusche.

Als ich die Tür öffne, kommt mir ein kalter Windstoß entgegen. Das in sich zusammengesunkene Häufchen Elend bemerke ich erst beim zweiten Hinsehen. "Das ist aber schön, dass du mich auch mal wieder besuchen kommst!" Meine Stimme trieft vor Sarkasmus, aber als ich in Samu's Gesicht schaue, tut mir meine Bemerkung schon wieder leid.

Ich ziehe den großgewachsenen Finnen auf die Beine und schiebe ihn in mein Wohnzimmer, wo er weinend auf dem Sofa zusammenbricht. Nachdem ich hinter uns die Tür wieder geschlossen habe, ziehe ich mir erstmal ein T-Shirt über und drücke Samu ein neues von mir in die Hand, da seins komplett durchnässt ist. Ich lasse mich gegenüber von ihm auf's Sofa fallen und zwinge ihn, sich richtig hinzusetzten.

"Was ist los, Großer?", höre ich mich fragen und bin erstaunt über den munteren Klang meiner Stimme. "Vivi ... reden ... weg ...", fasst er die Ereignisse zusammen. Jetzt bin ich quasi genauso schlau wie vorher. Allerdings merkt man ihm an, dass er nicht in der Lage ist, über irgendetwas der vergangenen Stunden zu berichten.

"Osmo hat von einem Mädchen erzählt, für das du sogar dein heiliges Frühstück ausfallen lassen hast. Erzähl' mir von ihr!", fordere ich Samu auf, in der Hoffnung, ihn erstmal etwas abzulenken. Er sieht mich an und schlagartig wird sein Gesichtsausdruck weich, als er beginnt zu erzählen.

"Nach dem einen Konzert saß sie immer noch auf dem Boden. Und das schon irgendwie eine Stunde oder so. Also bin ich zu ihr gegangen und dann hab' ich gehört, dass sie gesungen hat", er hält inne und wischt sich die Tränen aus dem Gesicht.

"Man hat ihrer Stimme angehört, dass sie geweint hat und da bin ich zu ihr gegangen und hab' sie getröstet. Wir haben uns sofort verstanden, sie ist nicht dieses typische Fangirl, sie nimmt mich einfach so als Person, nicht als Star. Wir verstehen uns auch ohne Worte."

Wieder ist er still.

"Ich hab' mich auch mit Mikko gestritten. Wegen ihr", die Worte kommen nur leise aus Samu's Mund. Fast so, als ob ich sie nicht hören soll.

Welcome to my dream | Samu Haber [ on hold ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt