Kapitel 3 | lupa

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[Samu]

Langsam rutsche ich vom Rand der Bühne als ich bemerke, dass sie begonnen hat, zu singen. Es ist so leise, das ich beinahe nicht verstehe, was sie singt. Aber plötzlich hebt sie ihre Stimme an und die Zeilen kommen mir bekannt vor. Sehr bekannt.

"Welcome to my life. You see it is not easy."

Nein. Einfach ist es gerade echt nicht.

"But I'm doing all right."

Ich gebe mir zumindest die größte Mühe.

"Welcome to my dream. It's the only one who needs me."

Ihre Stimme wird leiser und bricht komplett ab. Dann fängt sie an zu weinen. Durch das Mondlicht sieht man die Tränen über ihr spärlich beleuchtetes Gesicht rollen.

Leise gehe ich zu ihr und setze mich neben sie. Sie sieht mich an und sofort ist mein Körper von einer feinen Gänsehaut überzogen.

Diese Augen sind wahrscheinlich nicht von dieser Welt.

Ihr Blick trifft meinen und als ihr Weinen stärker wird, lege ich meine Arme um sie und ziehe sie an meine Brust. Ich kenne diesen Menschen nicht, aber irgendwas sagt mir, das ich das richtige tue.

Die schlechte Laune, mit der ich gerade noch mich und mein gesamtes Umfeld genervt habe ist komplett weg. Jetzt bin ich einfach nur traurig, weil ich jemanden im Arm habe, der weint. Und auch wenn es nach außen nicht immer so wirkt - ich bin ein sehr emotionaler und empathischer Mensch.

An meinem Shirt spüre ich eine leichte Nässe, die von ihren Tränen kommt. Beruhigend streichel ich über ihren Kopf.

Tatsächlich wird sie nach einer Weile leiser und schaut mich aus glasigen Augen an. Das mysteriöse Grün ist verschwunden. Jetzt ist es einfach nur noch matt und von einem Tränenschleier überzogen.

"Danke" murmelt sie leise und im Gegenzug schenke ich ihr ein Lächeln. "Wie heißt du?", frage ich leise zurück.

"Lupa. Mein Name ist Lupa."

Als sie meinen sichtlich verwirrten Blick sieht, gehen ihre Mundwinkel leicht nach oben. Doch anscheinend möchte sie mir die Bedeutung nicht verraten.

Ihr Blick wandert wieder zum Mond und sie wird nachdenklich. Ich beobachte sie noch eine ganze Weile und wieder habe ich das Gefühl, dass ich dieses Mädchen schon ewig kennen würde.

"Erzählst du mir etwas?", bittet sie mich.

Schlagartig kommen mir die Bilder von vorhin in den Kopf. Wie sie mitgefühlt hat, als ich mich spontan dazu entschieden hatte, Welcome to my life zu spielen. Irgendetwas verbindet sie mit dem Lied und wenn ich ehrlich bin, möchte ich wissen, was. Intuitiv beginne ich zu singen.

"This is not really me. You're an angel. Not asking who I am."

Zur Zeit bin ich tatsächlich nicht der Mann, der ich sein möchte. Natürlich lebe ich meinen Traum, auf Tour zu sein und mit meiner Musik Geld zu verdienen, aber irgendetwas ist falsch.

"You understand. That is not really you.You look at me as if I'm something more."

Das stimmt wiederrum. Sie sieht mich an, als wäre ich kein normaler Mensch wie sie auch. Aber dieses ständige Star-sein nervt mich mit der Zeit auch.

"Well, dream on."

Ich schüttel' lächelnd den Kopf, als diese drei Worte aus meinem Mund kommen.

Welcome to my dream | Samu Haber [ on hold ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt