Kapitel 14 | vivi

293 18 14
                                    

[Samu]


Während Riku eine große Runde durch Helsinki fährt und jeden bei sich Zuhause rauslässt, starre ich die ganze Zeit müde aus dem Fester und versuche irgendwie, nicht schon wieder einzuschlafen.

Ich hasse dieses Gefühl, wenn man tagsüber einschläft und einfach noch müder ist, wenn man wieder aufwacht.

Irgendwann hält Riku an und ich bemerke, dass wir bei mir Zuhause sind. Während ich mich langsam von der Rückbank schäle, was im Nachhinein keine gute Entscheidung war, wenn man meine Größe bedenkt, holt mein bester Freund meinen Koffer aus dem Kofferraum und stellt ihn auf den Fußweg.

"Ich will gar nicht so genau wissen, was du letzte Nacht angestellt hast, aber leg' dich nochmal hin und schlaf' 'ne Runde. Du siehst ziemlich zerstört aus", meint er lachend und mit einer brüderlichen Umarmung verabschieden wir uns.

Ich geh' die Treppe zu unserer Wohnung hoch und verfluche zwischendurch die Tatsache, dass der Fahrstuhl kaputt ist.

"Pupu?", rufe ich fragend durch den Flur und mir kommt meine wunderschöne Freundin entgegen. Als sie mich genauer ansieht wechselt ihr Gesichtsausdruck von freudig zu besorgt. "Hey Samu, was hast du gemacht, du siehst ziemlich krank aus und -" Ich unterbreche ihren Redeschwall indem ich sie fest in meine Arme schließe und ihr ein "Ich hab' dich auch vermisst" ins Ohr raune.

Im gleichen Moment rieche ich essen und zerstöre den Augenblick, indem ich Vivi loslasse und in die Küche laufe. "Mmh, du hascht gekocht", gebe ich mit vollem Mund von mir, da ich einfach nicht anders konnte, als mir was zu klauen.
"Wie wäre es, wenn du dich erst mal umziehst und wir dann ordentlich essen?", fragt mich meine Freundin belustigt.

Mit einem Grummeln verschwinde ich aus der Küche und laufe in die obere Etage. So ein Apartment im Herzen von Helsinki ist schon geil. Völlig in Gedanken versunken schaue ich nicht auf den Boden, sodass ich eiskalt über beide schlafende Katzen stolpere. Während Mimmi verärgert fauchend nach unten rennt, streicht Kisu schnurrend um meine Beine.

Ich steige über die drüber und gehe ins Schlafzimmer um mich umzuziehen. Zwischendurch riskiere ich einen Blick in den Spiegel, den ich sofort wieder bereue. "Oh je, Kisu, wie hälst du das nur aus?", frage ich meine Katze, die auf dem Bett liegt und mich aufmerksam beobachtet. Als ich mir ein neues T-Shirt übergezogen habe, nehme ich Kisu auf den Arm und beginne sie zu streicheln, während sie laut anfängt zu schnurren. "Ist ja gut, ich hab' dich ja auch vermisst", meine ich lachend und begebe mich auf den Weg nach unten.

Das Abendessen an sich verläuft ruhig. Vivi ist eine hervorragende Köchin, was ich ihr auch mehrmals mitteile und nachdem ich ihr ausnahmsweise mal beim Abwasch geholfen habe, verabschiede ich mich mit einem "Gute Nacht" und gehe mit Kisu auf dem Arm ins Bett.

Ich werde wach, als meine Katze einmal quer über meine Hüfte spaziert und sich dann hinter mir zusammenrollt und weiterschläft. Apropos hinter mir - Als ich mich rumdrehe ist Vivi's Seite des großen Doppelbett leer. Und so wie es aussieht, war es die ganze Nacht unbenutzt.

Da es draußen noch dunkel ist, drehe ich mich wieder in meine ursprüngliche Position und taste nach meinem Handy. Ich schalte das Display an und kneife die Augen zusammen, da das Ding unnatürlich hell leuchtet. Nach ein paar Sekunden kann ich auch die Uhrzeit erkennen: 03:07 Uhr.

Müde tapse ich nach unten und reibe mir die verschlafenen Augen, als ich meine Freundin auf dem Sofa sitzen sehe. "Vivi?", frage ich leise und als die den Kopf hebt, sieht man sofort, dass sie geweint hat. "Samu -", sie holt einmal tief Luft, bevor sie anfängt zu sprechen. "Ich habe Mist gebaut, aber ich hoffe mal, du kannst mir verzeihen" Eine Gänsehaut läuft mir den Rücken herunter. "Ich ... ich ..." Kurz bricht sie ab und scheint sich kurz zu sammeln, bevor sie tief Luft holt und weiterspricht. "Ich habe dich betrogen.", sie sagt das ganz leise und ganz schnell, wahrscheinlich in der Hoffnung, dass ich es nicht gehört habe. Mir gefriert das Blut in den Adern und meine Finger verkrampfen sich in Kisu. "Aber das ist doch nicht so schlimm, du kannst mir doch verzeihen, oder?" Flehend sieht sie mich an und vor Schreck lasse ich das arme Fellknäul in meinen Armen fallen.

"Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?", frage ich sie vorsichtig. "Samu, das ist doch nicht so schlimm, wir können doch einfach -" Ich unterbreche sie mitten in ihrem Satz. " - nochmal von vorne anfangen? Das hättest du wohl gerne, aber nein, meine liebe. Diese zweite Chance hattest du schon einmal und jetzt hast du es wieder versaut" Zitternd stehe ich immer noch im Türrahmen. "Ich habe dir mein Herz geschenkt, du hast es genommen ohne dich zu bedanken, schmeißt es auf den Boden und weil es dadurch noch nicht genug kaputtgegangen ist, musst du noch darauf herumtreten!" Ein anderer hätte sie angeschrien, aber ich sage diese Worte ganz leise, sodass sie sich anstrengen muss, um sie zu verstehen. "Aber Samu, ich -" "Geh' mir aus den Augen, Vivi. Hau' einfach ab!" Mit dem Finger zeige ich bestimmend in Richtung Haustür.

"Aber es ist mitten in der Nacht...", meint sie leise. "Das ist mir sowas von egal. Raus!" Die Katzen sind vom Sofa geflüchtet und verstecken sich hinter dem Sitzpolster, als Vivianne aufspringt. "Gut. Ich gehe. Dann kannst du schön deine Neue hierher holen. Ich scheine dir ja sehr viel Wert zu sein, wenn du dir sofort jemand Neuen suchst, wenn ich mal nicht in Reichweite bin!" "Raus!", knurre ich leise und sie sieht plötzlich ganz eingeschüchtert aus, aber rauscht dann doch an mir vorbei in Richtung Garage. "Er war sowieso besser im Bett als du!", spuckt sie mir vor die Füße bevor die Tür mit einem lauten Knall zufällt.

Doch genau wie die Tür fällt auch meine Fassade. Weinend breche ich auf der Stelle zusammen und mein Körper wird von unkontrollierbaren Schluchzern durchgeschüttelt. "Ich liebe dich doch, was habe ich denn falschgemacht?", flüstere ich in Richtung Küchenfußboden. "Ich liebe dich so sehr, Vivianne!"

Welcome to my dream | Samu Haber [ on hold ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt