Es war für mich alles andere als einfach gewesen, meine Sachen zu packen und diese in den Koffer zu verstauen. Normalerweise würden andere Teenager sich freuen, wenn sie ihre Koffer packen und in den Urlaub fahren. Aber bei mir war es was anderes. Ich blieb für immer in diesem Land, wo ich hingefahren bin mit meiner Familie. Kurz und knapp, wir sind nach England ausgewandert, genauer gesagt nach Liverpool. Und wir wohnen ab heute in der 19 Forthlin Road. Meine Eltern sind total glücklich über das Leben, was uns hier in England erwarten wird, aber ich bin total unglücklich. Vor meinen Eltern wollte ich das wenig preisgeben. Ihr Wunsch war es schon immer gewesen, nach England auszuwandern. Ich liebe England und deren Sprache, aber ich wusste nicht, ob ich es ewig hier aushalten könnte. Hier musste ich quasi von null anfangen. Neue Schule, keine Freunde, neue Sprache, neuer Orientierungssinn. Mein Vater hatte eine Stelle als Mechaniker gefunden für Fahrräder, da er in Deutschland eine Ausbildung dazu gemacht hat. Meine Mutter war normale Hausfrau. Wir sind im Endeffekt eine völlig normale Familie in einem völlig normalen Haus. Nur sind wir in einem fremden Land. Meine Englischkünste waren eigentlich sehr gut, da ich im Zeugnis eine eins hatte. Aber das hieß wiederum nicht, dass ich mich mit puren Engländern unterhalten könnte, gerade mit Liverpooler nicht. Aber es hieß ja, dass man am Besten von den eigentlichen Sprachkönnern lernen konnte. Und diesen Spruch versuchte ich umzusetzen.
Nun standen wir vor unserem neuen Zuhause. Mein Vater holte feierlich den Schlüssel aus seiner Hosentasche und öffnete die weiße Haustür. Uns kam der bekannte, englische Duft entgegen, der das Innere des Hauses umhüllte. Mit unseren Koffern betraten wir die gute Stube und stellten sie vorerst im Wohnzimmer ab. " Ist das nicht wundervoll hier ", schwärmte meine Mutter und seufzte zufrieden. Ich suchte erstmal mein neues Zimmer, was ein großes Fenster beinhaltet, wo man einen freien Blick auf die Straße und Nachbarschaft hatte. Gegenüber von meinem Fenster stand ein Haus, das genau gleich aussah wie unsers. Alle Häuser sahen im Endeffekt gleich aus. Das hatte England so an sich. Vorne war ebenfalls ein Fenster angebracht, wo ein Junge dahinterstand und rausschaute. Genauer gesagt schaute er genau in mein Gesicht. Ich konnte ihn nicht gut erkennen, aber er war so ziemlich in meinem Alter und größer als ich. Seine Haare standen vorne etwas nach oben ab, typischer Elvisstyle. Nervös lächelte ich und winkte ihm zu. Ich konnte erkennen, dass sich seine Gesichtszüge entspannten und er ebenfalls lächelte und rüberwinkte. Wir schauten uns so lange an, bis etwas anderes seine Aufmerksamkeit bekam und er sich vom Fenster entfernte. " Wenn hast du denn beobachtet?", fragte mein Vater spitz und lehnte sich gegen den Türrahmen. " Ach, niemanden ", winkte ich ab und machte mich daran, meinen Koffer auszupacken. Mein Vater ging nicht weiter auf meine Antwort ein und verschwand aus meinem Zimmer. Ich kümmerte mich nicht weiter dadrum und sortierte meine Klamotten sorgfälltig in den Schrank, als ich wieder diese Präsenz am Fenster wahrnahm, die mich schonwieder beobachtete. Es war wieder der Nachbarsjunge, der mich diesmal lächelnd ansah. Ich lächelte freundlich zurück und versuchte ihn, möglichst zu ignorieren. Nacher kommt mein Vater wieder rein ohne Vorwarnung und sieht ihn noch. Meine Gitarre, die ich in eine extra Tasche eingepackt hatte, lehnte ich vorsichtig gegen den Schrank und fing dann an, meine restlichen Sachen im Badezimmer zu verstauen. " Kommst du zurecht?", fragte meine Mutter lächelnd und wuschelte mir durchs Haar. " Ja, hab alles unter Kontrolle ", sagte ich monoton und verschwand in mein Zimmer, um mein neues Bett zu beziehen. Wieder wurde ich von diesem Jungen beobachtet. Hatte er nichts anderes zu tun?
Als mein Bett endlich fertig und ich mit den Nerven am Ende war, hörte ich ein Geräusch von draußen. Ich ging an mein Fenster und beobachtete, wie der Nachbarsjunge aus dem Haus ging. Er hatte eine braune Lederjacke an und eine schwarze Hose. Er blieb vor seinem Gartentor stehen und schaute zu mir hinauf. Zuerst fühlte ich mich ertappt, aber mein Körper entspannte sich, als er mich wieder anlächelte. Dann gab er mir mit einem Handwink zu verstehen, dass ich runterkommen soll. Sollte ich es wirklich wagen? Vielleicht wäre er ja der erste Freund, den ich hier kennenlernen könnte und wir könnten uns befreunden. Hoffnung stirbt zuletzt. Ich nickte ihm also zu und lief eilig die Treppe hinunter. Meine Eltern hatte ich auf den Weg nach draußen nicht getroffen. Wahrscheinlich waren sie selbst in ihrem Schlafzimmer zugange. Unsere Haustür stand noch speerweit offen. Ich lehnte sich leicht an, als ich nach draußen ging. Der Junge erwartete mich bereits und stand auf meiner Straßenseite. Schüchtern ging ich auf ihn zu, als er seine Zigarrette wegschmiss. " Hey hübsches Girl ", sagte er freundlich und streckte mir die Hand entgegen, die ich leicht zitternd annahm. Es war für mich das erste Mal, dass ich höchstpersönlich mit einem Engländer sprach. " Hallo und dankeschön ", sagte ich schüchtern und ließ von seiner Hand ab. " Bist wohl neu hergezogen ". Er musterte kurz das Haus, bevor seine Augen wieder auf meinen lagen. Sie waren ziemlich groß und dunkel, genauso wie sein Haar. Am Liebsten wäre ich einmal mit meiner Hand durchgefahren. " Ja, ich komme eigentlich aus Deutschland. Wir sind heute in England angekommen ", erklärte ich und zeigte dabei auf unser Auto, wo noch ein großer Koffer von mir drinlag. Den hatte ich ganz vergessen. " Deutschland also. Ich war noch nie dort ". Ich ging zum Auto und schob den Koffer aus dem Kofferraum. Er war schwerer als ich dachte. " Soll ich dir helfen?", fragte der Engländer und schaute dabei auf den Koffer, den ich gerade mühevoll auf den Boden abgestellt hatte. Warum eigentlich nicht?
" Wäre lieb von dir. Könntest du mir den Koffer in mein Zimmer tragen?". Er nickte lächelnd und hob diesen mit einer Leichtigkeit hoch. Ich war leicht überrascht von seiner Kraft, aber was hätte ich aus anderes erwarten können bei Jungs. Zusammen gingen wir die Treppen hinauf in mein Zimmer. Meine Eltern sind inzwischen immernoch nicht aufgetaucht. " Wow, dein Zimmer ist ja noch ziemlich leer ", sagte er überrascht und stellte den Koffer vor meinem Bett ab. Ich lachte kurz auf. " Das ist normal, wenn man gerade neu eingezogen ist. Danke, dass du meinen Koffer hochgebracht hast ". Der Junge hörte heute wohl nie auf zu lächeln. " Ach, kein Ding. Für ein hübsches Mädchen tue ich doch alles ". Mit roten Wangen schaute ich ihn schüchtern an. " Wie heißt du?", fragte ich zaghaft und ging einen Schritt auf ihn zu. Unten hörte ich meine Eltern rumpoltern. Anscheinden räumten sie die Schränke ein. " James Paul McCartney, aber du kannst mich Paul nennen. Ich mag diesen Namen lieber ". Ich kicherte leise bei seinen letzten Worten. " Ich bin Daniela, aber nenn mich ruhig Dani. Es ist einfacher für dich ". Er schien nachdenklich über meinen Spitznamen zu sein. " Dani...ein schöner Name ". Muss er über jedes Detail von mir ein Kompliment machen? " Du wohnst wohl gegenüber von mir. Dann sind wir ja sozusagen Nachbarn ". Ich versuchte, ein Gesprächsthema mit ihm aufzubauen. Aus irgendeinem Grund wollte ich diesen Jungen kennenlernen. Ich erkannte aber den Grund für diese ganze Sache nicht. " Ja, scheint wohl so. Ich hab gesehen, dass du eine Gitarre hast ". Paul drehte sich zu meinem Schrank um, an der meine Gitarre lehnte. " Kannst du dadrauf spielen?". Am Liebsten hätte ich ja gesagt, aber dies wäre gelogen. " Nein, leider nicht. Ich bekomme es einfach nicht hin, mir die selbst beizubringen ". Er holte meine Gitarre ohne Weiteres aus der Tasche und schlang den Halter um sich herum. Die Gitarre hing jedoch verkehrt an seinem Körper. " Ich bin Linkshänder ", erklärte er, als Paul meine verwirrten Gesichtsausdruck sah. Dann nahm er die Gitarre wieder ab und lehnte sie vorsichtig gegen die nächstbeste Wand. " Wenn du willst, kann ich dir Gitarre spielen beibringen ". War das etwa ein Angebot? Eigentlich wäre es nicht schlecht, dieses anzunehmen. Ich wollte schließlich schon immer Gitarre spielen können und jetzt hatte ich die Chance dazu. Vielleicht könnten wir auch so Freunde werden. Dann wäre ich zumindest nicht mehr so alleine hier im Bezirk. " Klar, das wäre cool ". Paul lächelte und zog dann seine Augenbrauen nach oben. Das machte seine Augen noch größer, als sie eigentlich schon waren. " Gehst du eigentlich hier auf die Schule?", fragte er und nickte in irgendeine Richtung. Anscheinend liegt dahinten weiter die Schule. " Ich denke schon. Leider habe ich null Ahnung, wie ich dahinkomme und was mich da erwartet ". Paul überbrückte unseren Abstand und stand nun direkt vor mir, sodass ich schon seinen Atem an meiner Stirn spüren konnte. Er war schließlich größer als ich. " Wir können ja gemeinsam zur Schule fahren, mit dem Bus. Und wenn wir Glück haben, kommst du sogar in meine Klasse, wer weiß ". Schüchtern sah ich zu ihm auf und blickte in seine nussbraunen Augen. " Das wäre schön ", flüsterte ich schon fast und konnte meinen Blick nicht abwenden. Es war, als würden seine Augen mich total fesseln. Was war das für ein komisches Verhalten von mir?
" Dani, wer ist denn der junge Kerl hier?", fragte mein Vater, der mal wieder, ohne Anzuklopfen, reingekommen ist. " Oh, dass ist Paul. Er wohnt hier gegenüber und hat mir geholfen, meinen Koffer hochzutragen ". Skeptisch nahm mein Vater die Hand von Paul entgegen, der sich nochmal persönlich vorstellte. " Naja..aber jetzt ist erstmal gut für heute. Wir wollen noch etwas die Stadt erkunden, also verabschiede dich mal von deinem Freund ". Und schon verschwand mein Vater aus der Tür. Wieso reagierte er so komisch gegenüber Paul? Und ausserdem war er noch gar nicht mein Freund, oder doch? " Tut mir leid, Paul. Aber meine Eltern wollen noch mit mir in die Stadt fahren. Ich hoffe, dass ist okay für dich ". Dieser lachte auf und legte seine Hand auf meine Schulter ab. " Gar kein Problem. Du kannst übrigens jederzeit rüberkommen. Komm doch heute abend vorbei, und bring deine Gitarre mit ". Ich nickte entschlossen und geleitete ihn noch zur Tür. " Also dann, bis später ". Er ging rüber auf die andere Straßenseite, sprang über den kleinen Zaun. Kurz vor seiner Haustür drehte er sich nochmal um, winkte mir zu, bevor er reinging und ich alleine draußen stand. Dieser Junge hatte schon was Eigenartiges an sich. Aber er ist ziemlich nett und charmant.
DU LIEST GERADE
And I Love Her [Paul McCartney Fanfiktion]
FanficDani ist vor wenigen Tagen mit ihrer Familie nach Liverpool gezogen und wohnt gegenüber von dem süßen Nachbarsjungen James Paul McCartney. Sie findet schnell heraus, dass sie mehr für ihn empfindet als nur Freundschaft, doch Paul hat nur Augen für e...