× O1 ×

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-überarbeitet-




Harold


Verdammt! Ich sprintete die Stufen nach unten und betete inständig, dass ich noch den Zug schaffte. Wie sehr wünschte ich mir jetzt meine Flügel. Aber ich konnte wohl schlecht meine Flügel 'hervorzaubern' solange mich hunderte von Menschen umgaben. Warum nochmal hatte ich diese Mission angenommen?!

Ich schaffte es gerade noch durch die sich schließenden Zugtüren und ließ mich dann auf einen der dunkelgrünen gepolsterten Sitze fallen und seufzte.

Um ehrlich zu sein hasste ich dieses 'menschlich denken'. Es ließ mich Sachen denken, die ich als Engel nie gewagt hätte zu denken beziehungsweise noch nicht einmal ansatzweise auf die Idee dazu gekommen wäre.
Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Ich hoffte Gott sah es mir nicht nach, dass ich hin und wieder diese Mission in Frage stellte.

Es erschien mir einfach nur unsinnig auf diesen Planeten runtergekommen zu sein, um der Bevölkerung zu erklären, was der wahre Glaube war. Über die Jahre... nein, Jahrtausende hin hatten sich die Vorstellungen der Menschen und dem 'richtigen' Glauben ständig verändert und dann immer mehr oder weniger sich von Gottes wirklicher Intention abgehoben. Mal mehr, mal weniger. Es konnte einfach nicht so weitergehen. Das war mir durchaus bewusst. Aber was ich nicht verstand, war die Tatsache, dass Gott den Menschen doch den freien Willen gegeben hat und sie somit doch selbst entscheiden können, an was, wie und warum sie glaubten. Klar, waren diese ganzen Kriege total hirnrissig und vor allem sinnlos, aber trotzdem. Freier Wille ist freier Wille.
Oder etwa nicht?

Himmel. Ich sollte aufhören Gott und seine Wege in Frage zu stellen. Ich bin ein Diener Gottes und dementsprechend hatte ich mich auch so zu verhalten. Aber warum ich? Selbst für einen Engel war ich noch relativ jung. Gerade mal vierhundertzehn. Auch wenn ich für Menschen wie Mitte zwanzig aussah. Laut meinen Papieren bin ich im Menschenalter siebenundzwanzig und das seit ungefähr zwei Monaten.

Aber ich war doch so unerfahren mit der Welt und ihrer Geschichte. Selbst vierhundertzehn ist nichts gegen die Geschichte der Menschheit und selbst die ist noch ziemlich jung. Wir befanden uns im einundzwanzigsten Jahrhundert. Allerdings musste man zugeben, dass die Menschheit die Jahre über mehr in die 'falsche' Richtung zu laufen schien als in die von Gott gegebene 'richtige' zu gehen, was den Fortschritt anbelangte (aber es gab durchaus Ausnahmen). Zumindest war das meine Meinung. Manchmal war weniger Wissen doch besseres Wissen und diese ganzen Kriege waren doch albern. Wofür kämpften diese Menschen? Um ein oder mehrere Stücke Land? Um Geld? Um Macht? Aber das hatte man davon, wenn man immer mehr wissen wollte und alles haben wollte und in Frage stellte. Aber es ist offenbar menschlich alles in Frage zu stellen. Was man ja jetzt auch gut an mir sehen konnte.

Ich seufzte wieder. Warum dachte ich überhaupt darüber nach? Ich sollte einfach meinen Job erledigen und fertig. Mittlerweile war ich zwar schon drei Jahre auf diesem Planeten, hatte aber nicht wirklich das Gefühl großartige Fortschritte bei der Mission gemacht zu haben.

Die emotionslose Frauenstimme nannte meine Endstation und wiederholte zweimal: „Please, mind the gap." und die Türen gingen auf.
Ich stand gerade auf und wollte aus dem Zug raus, als ich direkt wieder zurück auf den Sitz geschubst wurde. Was zum-

Falling - Not Meant To Be Together || Larry & Ziam [in Überarbeitung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt