Ich nahm noch einen letzten Zug von meiner Zigarette, bevor ich sie vor mich auf den Aspahlt warf und schnell austrat. Den Rauch blies ich nachdenklich aus meinen Lungen und genoss den Anblick, wie deutlich er in dieser kalten Winterluft zu sehen war. Auch wenn Rauchen eine verdammt schlechte Angewohnheit von mir war, sehe ich den Nutzen darin, dass mir dadurch mehrere kleinen Pausen auf der Arbeit gewährt wurden. Denn Kellnern in New York ist verdammt stressig und kann einem auch noch den letzten Nerv rauben. Am liebsten würde ich diesen Job sowieso hinschmeißen. Doch ich hab nicht wirklich eine Wahl. Es wird noch eine Weile andauern, bis ich von dem ersparten Geld dann endlich aufs College gehen könnte. Meine Eltern können mich nicht mehr unterstützen - sie haben aktuell eigene Geldprobleme. Die Werkstatt meines Vaters läuft ziemlich schlecht und mein Bruder Tommy muss auch noch versorgt werden.
"Mary!", weckt mich mein Chef Tim aus meinen Gedanken und lässt mich aus meinem Tagtraum zusammenzucken. "Die Arbeit ruft!", erinnert er mich durch ein offenes Fenster. "Ich komme schon", antworte ich ihm und öffne die Hintertür des Cafes. Mir strömt direkt die warme Luft von Innen entgegen und erst da fiel mir so richtig auf, wie kalt dieser Winter eigentlich ist. Ich lasse noch schnell mein Feuerzeug in meiner Schürze verschwinden, bevor ich mich wieder an die Arbeit mache. Im Winter ist dieses kleine Cafe leider stets gut gefüllt, da die New Yorker nicht wirklich Freunde der Kälte sind und die meisten Anzugträger sich sowieso nur ihre tägliche Portion Kaffee abholten. Selten nahm sich einer von ihnen die Zeit, um die gemütliche Atmosphäre hier Drinnen zu genießen. Dies taten lediglich ab und an mal Studenten oder junge Mütter. Mit schnellen Schritten hetze ich zu Gabriella, welche mich schon kopfschüttelnd erwartet und mir direkt meine Bestellung aushändigt. "Tisch 5", rief sie mir noch nach, denn ich war schon längst unterwegs. Die junge Kundin lächelt mich dankbar an, als ihr Sohn nun endlich seinen lang ersehnten Muffin bekam. Ich erwidere diese Geste mit einem freundlichen Lächeln, laufe aber schon direkt an den nächsten Tisch, wo zwei ungeduldig wirkende Männer auf mich warteten.
Nach ein paar Stunden harter Arbeit und viel Stress leerte sich das Cafe auch dann endlich und ich konnte anfangen, die Stühle hochzustellen und damit bald Feierabend zu machen. Gabriella hatte schon eher Schluss gemacht, da sie ihre beide Söhne noch abholen musste. Mittlerweile hat sich der Himmel schon verdunkelt und ich debattierte innerlich, ob ich mir nicht doch besser ein Taxi nach Hause bestellen sollte. New York konnte um diese Zeit ganz schön gefährlich sein - vor allem, da ich in einem ärmeren Viertel lebe. "Gehst du zu Fuß nach Hause?", fragt mich plötzlich Tim, als hätte er meine Gedanken gelesen. Ich zucke nur mit den Schultern und lehne mich gegen eine naheliegende Wand. "Vor zwei Tagen wurde ein Mann in der Bronx erschossen", erkläre ich ihm meine Zweifel und blicke nachdenklich auf die schwach beleuchteten Straßen. Tim hingegen lacht nur. "Ja, aber wir sind hier nicht in der Bronx." Er schüttelt seinen Kopf und fing an sich seinen Mantel zuzuknöpfen. "Komm, ich nehm dich mit", schlägt er mir vor. Ich verdrehe darauf lächelnd die Augen und schüttle meinen Kopf. Hätte er doch gleich sagen können. Flink schnappe ich mir auch noch meinen Mantel und den Schal und folge meinem Chef durch die Tür. "Danke", grinse ich ihn an und drücke ihm einen flüüchtigen Kuss auf die Wange. Ja, mein Chef und ich waren vor einiger Zeit einmal zusammen. Aber es hielt eh nicht lange und inzwischen war er Hals über Kopf in eine andere verliebt. Mir macht die Situation auch nichts aus, da ich keinerlei romantische Gefühle mehr für ihn hege.
Die Autofahrt über sprachen wir beide nicht sonderlich viel. Tim hatte nämlich wie immer die Musik aufgedreht und rappt laut bei seinen Lieblingsliedern von Tupac mit. Auch wenn er mit 25 irgendwie ruhiger wurde, konnte er es dennoch nie lassen rumzualbern. Ich ertrage das Ganze nur schmunzelnd und schaue gedankenverloren aus dem Fenster. Ich schweifte zum morgigen Tag ab. Zwar habe ich am Nachmittag eine Schicht im Cafe, allerdings hatte ich Claire noch versprochen morgen Früh mit ihr Shoppen zu gehen. Auch wenn ich wirklich nicht wollte. Aber ich hatte es ihr versprochen. Das Auto hält an und Tim dreht sich grinsend zu mir. "Dann bis Morgen." Ich nicke ihm lediglich zu und steige aus. Die kalte Luft klatscht mir ins Gesicht, weswegen ich mich nur noch mehr beeile endlich in meine Wohnung zu kommen. Ich bin ziemlich erschöpft und wollte endlich schlafen.
DU LIEST GERADE
Me and my millionaire
Teen FictionNew York, 2015- Mary hat nun schon seit einiger Zeit ihren Abschluss hinter sich gebracht und treibt sich nun durch ein paar Jobs ein wenig Geld fürs College zusammen. Denn in der Stadt die niemals schläft gibt es mehr als genügend Möglichkeiten. Si...