Die Flügeltür zur Villa steht bereits weit offen und einige Partygäste laufen trotz der eisigen Kälte zum Rauchen kurz vors Haus. Claire und ich folgen der laut dröhnenden Musik in die Wärme des Hauses. Ein zufriedenes Grinsen bildete sich auf den Lippen meiner besten Freundin. Wahrscheinlich hat sie mit dem Schlimmsten gerechnet, doch ihr neuer Lover scheint ein herausragender Gastgeber zu sein, denn beinahe alle Anwesenden tummeln sich bereits zu dieser frühen Stunde auf der Tanzfläche. Begeistert schnappt sie sich mein Handgelenk und zieht mich durch die Menschenmenge. Hier sind nicht Gäste aus der High-Society, sondern auch ganz normale Studenten geladen. Etwas beruhigt fühle ich mich in meiner Jeans auf jeden Fall nicht underdressed. Selbst Claire scheint trotz ihres eleganten Aufzuges in diese wilde Menschenmenge perfekt hineinzupassen.
Sie schleppt mich schließlich zu einer Bar und bestellt bei dem Barkeeper ein paar Drinks, bevor sie sich wieder mir zuwendet. "Ich bin dir ja so dankbar, dass du mitgekommen bist!", schreit sie über die laute Musik hinweg. Ich winke lediglich ab und greife nach unseren gerade servierten Drinks und reiche ihr einen. "Genießen wir jetzt einfach diesen Abend!", proste ich ihr zu und nippe danach genüsslich an meinem Getränk. Lachend schüttelt Claire nur den Kopf und trinkt ebenfalls etwas, bevor wir uns wieder neben die Tanzfläche begeben. Still schlürfe ich nur an meinem Cocktail, während meine bessere Hälfte mit ihren Blicken den gesamten Raum nach Chris absucht. Anscheinend wird sie nicht fündig, da sie sich nach einer Weile nur traurig wieder ihrem Longdrink widmet. Seufzend versuche ich einfach nur eine gute Freundin zu sein und ziehe sie weiter durch ein paar anderen Räume, um ihren Lover ausfindig zu machen. Schlussendlich finden wir ihn mit einer Gruppe aus Jungs und Mädels in einem Nebenraum, wo sich angeregt unterhalten wird. Ein Strahlen bildet sich auf Claire's Lippen und sie verknotet nervös ihre Hände hinter ihrem Rücken.
"Sucht ihr jemanden?", fragt ein schwarzhaariges Mädchen freundlich, welche uns als erstes bemerkt. Nun werden auch die anderen Leute aufmerksam und mustern uns kurz. Als Chris' Blick Claires traf, fängt er an ebenfalls an zu strahlen und rappelt sich von seinem Sitzplatz auf. "Freunde? Darf ich vorstellen? Meine reizende Freundin Claire und ihre Freundin.." "Mary", ergänze ich, worauf er nur entschuldigend lächelt. Charmant wie er ist, kommt er seiner Freundin entgegen und presst seine Lippen auf ihre. Sie errötet direkt und kuschelte sich zufrieden an seine Seite. "Wollt ihr euch nicht setzten?", fragt ein Rotschopf und mustert mich meiner Meinung nach viel zu intensiv. Wir nicken beide und gesellen uns einfach auf ein Sofa dazu. "Sag, wie hat so eine bezaubernde junge Dame, einen alten Knacker wie Chris kennengelernt?", fragt ein braunhaariger großer Kerl und zwinkert Claire mit wackelnden Augenbrauen zu. Chris verdreht nur seine Augen, lässt sich von diesem Kommentar jedoch nicht aus der Ruhe bringen. So beginnt ein Gespräch, in welchem die anderen sich über ihre gegenseitigen Begegnungen austauschen. Ich hielt mich eher zurück, denn das hier war nicht wirklich der Ort, an welchem ich meinem Abend am liebsten verbringen würde.
Nach einiger Zeit, langweile ich mich doch etwas zu sehr und verlasse den Raum, unter dem Vorwand auf die Toilette zu müssen. Inzwischen ist es nämlich wirklich so weit. Unten im Erdgeschoss angekommen begegne ich jedoch einer langen Schlange an Menschen. Genervt begebe ich mich ins Obergeschoss, um dort nach einem anderen Badezimmer zu suchen. Etwas betrübt steige ich die Treppen empor und mustere meine Umgebung kritisch. Diese Villa ist zwar während der Party ordentlich gefüllt, muss aber an weniger ereignisreichen Tagen ziemlich einsam sein. Im Obergeschoss erwarten viel zu viele Türen auf mich und ich bekomme die Befürchtung hinter einigen Türen auch aktuell genutzte Schlafzimmer vorzufinden, weshalb ich jedes Mal kurz lausche, bevor ich eintrete. Zum Glück finde ich schnell ein Badezimmer und sperre mich dort ein. Ich betrachte mich danach eine Weile im Spiegel und genieße die Ruhe. Irgendwie bin ich heute nicht in der Stimmung zu feiern.
Es klopft harsch gegen die Tür und ich stoße mich genervt vom Waschbecken ab. "Kannst du mich mal reinlassen, ich habe meine Tasche vergessen", bettelt eine rauchige Stimme, bevor ich kurz darauf auch schon mit der Tasche in der Hand die Tür aufreiße. "Naima?", verwundert mustere ich meine Freundin und schenke ihr ein Lächeln. "Mary!", freut sie sich und drückt mich fest und herzlich. Ich überreiche ihr die Tasche und blicke staunend über ihr Outfit. "Das Kleid ist total hübsch, es steht dir hervorragend", komplimentiere ich sie zwinkernd. "Schon einen Typen aufgerissen?", frage ich direkt weiter und lasse ihr keine Chance mir das Kompliment abzuschlagen. Meine Freundin wackelt verschwörerisch mit den Augenbrauen und grinst zufrieden. "Und du?" Ich schüttle den Kopf und beiße mir peinlich berührt auf die Unterlippe. "Momentan date ich Dylan", sage ich vorsichtig und warte gespannt ihre Reaktion ab. Sie reißt ihre Augen auf und hakt sich augenblicklich bei mir unter. "Okay, jetzt brauchen du und ich erst einmal ein paar starke Drinks, bevor du mir danach die ganze verrückte Geschichte erzählst", erklärt sie mir und zieht mich erneut zu der Bar ins Erdgeschoss.
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Me and my millionaire
Fiksi RemajaNew York, 2015- Mary hat nun schon seit einiger Zeit ihren Abschluss hinter sich gebracht und treibt sich nun durch ein paar Jobs ein wenig Geld fürs College zusammen. Denn in der Stadt die niemals schläft gibt es mehr als genügend Möglichkeiten. Si...