twenty-six

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Das nervige Klingeln meines Handys reißt mich mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Habe ich es nicht auf lautlos gestellt? Grummelnd vergrabe ich mein Gesicht noch mehr auf der warmen Brust von Dylan und denke gar nicht daran mich zu bewegen. Doch beim nächsten Klingeln fängt es an auch ihn zu stören und gibt ein genervtes Knurren von sich. "Wer nervt denn bitte um die Zeit?" Ich raffe mich auf und greife nach meinem Handy. "Bestimmt unwichtig", seufze ich und werfe mit zusammengekniffenen Augen einen kurzen Blick auf den grell leuchtenden Bildschirm. Doch beim Namen des Anrufers stellen sich bei mir alle Haare auf und ich zögere nicht mehr. "Hey, was ist los? Alles okay bei ihm?!", melde ich mich besorgt und setze mich dabei aufrecht hin. Dylan blickt mich ein wenig verwirrt an und richtet sich ebenfalls auf. "Dein Bruder Tommy hatte schon wieder einen Anfall. Er ist gerade beim Arzt, doch ich bin hier ganz alleine, da dein Vater ja bei Tante Wilma in Florida zu Besuch ist", schnieft die liebliche Stimme meiner Mutter vorsichtig. Entsetzt fahre mir durch die Haare. "Scheiße. Ich fahr gleich los", versichere ich ihr und lege schnell auf. Ohne ein weiteres Wort an Dylan zu verlieren, bin ich schon aufgestanden und dabei mich anzuziehen. Meine Gedanken kreisen jetzt nur noch um Tommy, dass ich seine Anwesenheit schon ausblende.

"Alles okay bei dir, Babe? Wer war da dran?" Ich drehe mich zu ihm herum und muss fast zusammen zucken, da er schon direkt vor mir steht. Der Schreck muss mir ins Gesicht geschrieben sein. "Ähm nur meine Mutter, ich muss ihr einen Gefallen tun. Sag mal, könnte ich mir vielleicht dein Auto borgen?", frage ich ihn peinlich gerührt, da mir erst jetzt auffällt, dass ich ja mit ihm hier hergekommen bin. Dylan zieht fragend die Augenbrauen hoch und schüttelt dann seinen Kopf. "Ich komme mit dir, so nervös wie du gerade bist, solltest du besser nicht fahren", erklärt er nachvollziehbar und setzt sich nun auch in Bewegung, um seine Sachen aufzusammeln. Da ich weder Lust noch Zeit habe mich mit ihm anzulegen, lasse ich das einfach mal so stehen.

Eine halbe Stunde später sitzen wir im Auto und sind schon beinahe beim Krankenhaus in New Jersey angekommen. Auf der bisherigen Fahrt hat keiner von uns auch nur ein Wort gesprochen, ich habe lediglich still die Adresse ins Navi eingetippt. "Was ist das eigentlich für ein Gefallen?", fragt Dylan dann plötzlich in die Stille hinein und wirft mir einen kurzen Seitenblick zu. Überrascht von seiner Frage fange ich an meine Hände zu kneten und betrachte sie dabei. "Das ist eine etwas längere Geschichte und ich bin mir sicher, dass sie dich nicht so wirklich interessiert", versuche ich mich herauszureden. "Wie kannst du dir da so sicher sein? Ich möchte gerne mehr erfahren", erklärt er weiterhin ruhig und macht mich nervös. "Du weißt ja nicht mal worum es-" "Mary, wenn du sie mir nicht erzählen möchtest, dann ist das auch okay", flüstert er nun und legte seine Hand beruhigend auf meine. Ich seufze und fahre mir mit der anderen Hand durchs Gesicht. "Entschuldigung", fange ich leise an. "Es ist nur ein etwas schwieriges Thema für mich. Spätestens im Krankenhaus wirst du sowieso alles verstehen", sage ich und werfe ihm einen kurzen Blick zu. Auch wenn er auf die Fahrbahn blickt, sehe ich ihm dennoch an, dass er seine Aufmerksamkeit voll und ganz mir widmet.  Ein warmes Kribbeln breitet sich in meinem Bauch aus. "Mein kleiner Bruder Tommy hat eine Krankheit. Der Name ist unaussprechlich und die Krankheit ist auch ziemlich selten. Aber es ist so eine Art Herzfehler, der ihn manchmal bewusstlos werden lässt. In den letzten Monaten sah es so aus, als würde es besser werden, doch gerade dann, wenn mein Vater nicht da ist, hat er einen erneuten Anfall", seufze ich niedergeschlagen. Ich spüre, wie Dylan meine Hand aufmunternd drückt und versetzt mir damit ein paar Schmetterlinge in den Bauch. Es fühlt sich so toll an jemanden in schwierigen Momenten an der Seite zu wissen.

Schon bald kommen wir an und ich stürme gleich das mir leider nur allzu bekannte Krankenhaus. Eine neue Krankenschwester sitzt am Empfang und lächelt mich freundlich an. "Ich muss zu Tommy Foxter", sprudelt es gleich aus mir heraus und ich beginne ungeduldig auf der Stelle herumzutreten. Dylan stellt sich hinter mich und legt beruhigend einen Arm um meine Hüfte. "Zimmer 206, also-", will sie mir den Weg erklären, doch ich laufe schon längst zum Fahrstuhl und drücke wie wild auf die Knöpfe. Dylan ist neben mir erstaunlich entspannt und greift nun wieder nach meiner Hand. Er weiß einfach, wie er mich beruhigen kann. Als sich die Fahrstuhltüren nach einer gefühlten Ewigkeit dann endlich öffnen, sprinte ich den Flur entlang. Dylan ziehe ich hinter mir her und steuere schnurstracks auf das Zimmer zu, in dem mein Bruder liegt. Ich reiße die Tür auf und falle direkt meiner bereits weinenden Mutter in die Arme. Diese ganzen Krankenhaus-Besuche haben sie schon immer sehr belastet. Doch sie sieht es als ihr oberstes Gebot an für ihre Kinder da zu sein, dafür bewundere ich sie. Mein Blick huscht über ihre Schulter zu Tommy hin, welcher regungslos auf einem Bett liegt. Mein Herz beginnt zu schmerzen und ich vermerke bereits, wie sich die Tränen ihren Weg aus meinen Augen bahnen.

Me and my millionaireWo Geschichten leben. Entdecke jetzt