Die nächsten Tage verlaufen ohne außergewöhnliche Geschehnisse. Endlich habe ich meinen langersehnten Alltag zurück - auch wenn das heißt, Dylan nicht mehr sehen zu können. Er als auch ich haben auf der Arbeit viel um die Ohren und klagen viel über Stress. Das ist auch einer der Gründe, warum ich mir an diesem Abend ein entspannendes Bad gönnen will. Ich geselle mich zu ein paar Kerzen und lese einen spannenden Roman im heißen Wasser. Das heiße Wasser löst ein Kribbeln auf meiner Haut aus und erinnert mich gleich wieder an Dylan. Ich schmunzle in Gedanken versunken. Dieser Mann weiß, wie er mit mir umzugehen hat und wo meine Schwachstellen liegen. So ähnlich ergeht es mir dann auch, als er nach nicht einmal zehn Minuten anruft. Da mein Handy etwas abseits neben der Badewanne liegt, muss ich meine Wohlfühloase leider verlassen und klitschnass durch die eisige Luft huschen. Was ich nicht alles für ihn tun würde.
"Hey Süße", ertönt die rauchige Stimme meines Freundes am anderen Ende der Leitung und bringt mein Herz zum Schmelzen. "Hey Großer", säusle ich zurück und schlendere erstaunlich langsam wieder zur Badewanne zurück. Die eisige Luft um mich herum scheint komplett vergessen. "Ich stehe in 5 Minuten vor deiner Wohnungstür und werde dich anschließend zu einem schönen Essen entführen", raunt er zärtlich durch den Hörer und verschafft mir weiche Knie. Ich setze mich langsam wieder in das heiße Wasser und realisiere, dass doch nichts und niemand mich jetzt noch aus meiner Wohnung bekommen wird. "Du, es tut mir total leid, aber ich habe keine Lust noch rauszugehen", erkläre ich ihm ein wenig bedrückt und beiße nervös auf meiner Unterlippe herum. "Ernsthaft jetzt? Ich versuche gerade romantisch zu sein und du?!", nörgelt er deutlich beleidigt herum und bringt mich zum Seufzen. Eigentlich wollte ich gleich schlafen gehen, aber das steht nun außer Frage.
"Okay. Hol doch einfach noch aufm Weg chinesisches Essen und wir machen uns hier bei mir einen mindestens genauso schönen Abend, einverstanden?", versuche ich die Situation noch zu retten. Mich prägt jedoch das ungute Gefühl, dass dieser Abend in einer Katastrophe enden wird. Ein tiefes Seufzen am anderen Ende der Leitung bestärkt dieses Gefühl. "Ja klar, bis gleich dann", sagt Dylan noch knapp, bevor er kurz darauf auflegt. Seufzend lege ich auf und sende ihm vorsichtshalber meinen Standort. Danach platziere ich das Handy am Rand der Badewanne und tauche mein Gesicht unter Wasser. Ich genieße die dort herrschende Stille und die Zweisamkeit zwischen mir und meinen Gedanken. Doch diese drehen sich ausschließlich um Dylan, welcher in kürzester Zeit vor meiner Wohnungstür stehen wird. Ich sollte mich anziehen. Viel zu früh steige aus dem warmen Wasser und hülle mich gleich in meinen weichen Bademantel. Nur in diesem bekleidet, laufe ich dann auch zur Tür, als es schon zwei Minuten später klingelt. Aber, wenn Dylan noch auf dem Weg Essen holen wird, muss jemand anderes mich besuchen wollen.
Zu meiner Verwunderung steht Tim vor meiner Haustür. Mein früherer Chef, bester Freund beziehungsweise Ex-Freund. Überrascht bleiben mir die Worte im Hals stecken und ich starre ihn nur mit offenem Mund an. "Hey Mary", grinst er verlegen und kratzt sich im Nacken. Ich blinzle ein paar mal perplex herum, bevor ich endlich meine Sprache wiederfinde. "Hey Tim. Was machst du denn hier?", frage ich ihn verwirrt und ziehe meinen Bademantel etwas zurecht. Eigentlich sollte ich immer noch wütend auf ihn sein. In den letzten Wochen hat er mich so kalt behandelt, weswegen ich gehofft hatte ihm nie wieder zu begegnen und mit unserer Freundschaft abschließen zu können. Doch nun steht er hier vor mir und ich fühle mich erstaunlich entspannt. "Streit zwischen mir und Louise", sagt er knapp und fährt sich seufzend durch die Haare. Auch wenn ich die nächste Geste bereuen werde, trete ich dennoch einen Schritt auf ihn zu und schließe ihn in eine feste Umarmung. Seine Freundin bedeutet ihm viel und er ist leider nah am Wasser gebaut. "So schlimm ist es denke ich aber nicht, nur möchte sie für eine Nacht in Ruhe nachdenken und da die meisten meiner Freunde schon Kinder haben, bist du meine letzte Hoffnung", sagt er behutsam, unwissend, wie ich reagieren werde.
Ich beende die Umarmung und mustere ihn skeptisch. "Hast du mir dann vorher nicht etwas zu sagen?", fordere ich und ziehe dabei eine Augenbraue skeptisch hoch. Nickend guckt Tim vor sich auf den Boden, bevor er sich vor mich kniet und meine Hand in seine nimmt. "Mary Josephine Foxter" -"Das ist nicht mein Zweitname", unterbreche ich ihn kichernd. "Pscht! Mary Josephine Foxter, es tut mir ja so unglaublich Leid, was für ein großer Idiot ich war und dass ich mich nie gemeldet hatte. Menschen machen Fehler und das war ein enormer. Ich bitte dich lediglich mir zu verzeihen und mir einen Schlafplatz zu bieten", beendet er seine Rede. Immer noch skeptisch blicke ich auf ihn herunter. "Bitte! Ich weiß doch, du liebst mich zu sehr und kannst mir nicht widerstehen!", bettelt er weiter. Gerade, als ich ihm antworten wollte, ertönen Geräusche hinter ihm und lassen mich auf ein paar Boxen voller chinesischem Essen verteilt auf dem Flurboden blicken. Geschockt von dem Lärm entreiße ich Tim in Windeseile meine Hand und blicke Dylan reuevoll an. An dieser Szene kann so einiges falsch aufgefasst werden. Tim dreht sich nun auch zu Dylan, welcher wütenden Blickes auf ihn zustürmt und anfängt auf ihn einzuschlagen. Augenblicklich reagiere ich und gehe schnell dazwischen. Ich ziehe mit all meiner Kraft Dylan von Tim weg, hoffentlich sind ernsthafte Verletzungen ausgeblieben. "Was fällt dir ein, du Arsch!", schreit Dylan an mir vorbei und schenkt Tim tödliche Blicke. Dieser starrt nur mit großen Augen zu uns rauf, wie ein ängstlicher Welpe. "Tim, verschwinde! Sofort!", befehle ich ihm, was er ohne jegliches Zögern befolgt. "Was fällt dir eigentlich ein?!", schreie ich kurz darauf Dylan an und stürme wütend an ihm vorbei in meine Wohnung.
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Me and my millionaire
Teen FictionNew York, 2015- Mary hat nun schon seit einiger Zeit ihren Abschluss hinter sich gebracht und treibt sich nun durch ein paar Jobs ein wenig Geld fürs College zusammen. Denn in der Stadt die niemals schläft gibt es mehr als genügend Möglichkeiten. Si...