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Ich lag allein in meinem Zimmer. Es sah so aus wie immer, nur dass ein Spiegel an dem Ort hing, wo normalerweise die Tür war. Auch das Fenster wurde durch einen Spiegel ersetzt. Ich konnte nicht raus. Ich war für immer hier eingeschlossen. Aus den Spiegeln kamen Stimmen. Die eine war die von Eminem und er sang ' Stronger than I was' , die andere Stimme kannte ich nicht. Sie schien eine Mischung aus den Stimmen meiner Mitschüler, meiner Lehrer, meiner Eltern, meiner Freunde vom Alexanderplatz und der meines Bruders zu sein, und sie flüsterte : " Freak. Siehst du nicht dass du ein Freak bist, Felicitas? Du verdienst es nicht zu leben. Du verdienst nichts. Du bist nichts im Gegensatz zu den anderen. Das Konzert kannst du vergessen. Freak. Siehst du nicht dass du ein Freak bist, Felicitas? Du verdienst es nicht zu leben. Du verdienst nichts. Du bist nichts im Gegensatz zu den anderen. Das Konzert kannst du vergessen. " Immer weiter, immer lauter, immer öfter wiederholte die Stimme diese Sätze. Im Hintergrund konnte man immer noch ' Stronger than I was ' hören, aber das verschlimmerte es nur noch, denn das 'Das Konzert kannst du vergessen' zerstörte all die Schönheit des Liedes. " Felicitas, Felicitas, Felicitas..."
>> Felicitas! Steh auf! Wie oft muss ich dich noch wecken?<< die strenge Stimme meiner Mutter riss mich aus dem Schlaf. >> Schätzchen, was ist denn los? Du weinst ja.<<
Ich murmelte schnell " Alptraum ", wischte mir die Tränen vom Gesicht und ging ins Bad um mich fertig zu machen. Ich wollte nicht dass meine Mutter mich weinen sah. Ich zeigte nicht gern Gefühle. Da fühlte ich mich so schwach. Ich war lieber die undurchschaubare.
      Okay, so ganz sorgenlos bin ich gestern wohl nicht eingeschlafen. Ich machte mir trotzdem keine Sorgen wegen dem Alptraum, sie waren schließlich nicht selten. Aber diese Stimme war irgendwie einschüchternd gewesen. Ich stellte mich vor den Spiegel. Unter meinen langweiligen braunen, fast schwarzen, Augen waren, wie immer, Augenringe. Ich kämmte mir die blonden Haare und zog eine dunkelgraue löchrige, Jeans, ein schwarzes Top, einen schwarzen Kapuzenpulli und meine schwarzen Chucks an. Dann trug ich noch ein bisschen Wimpertusche und Abdeck - Creme auf, setzte mein Liebling - Cap auf, packte meine Tasche und ging in die Küche.
Der Küchentisch war leer, wahrscheinlich hatte ich zu lange gebraucht. Ich schaute mich um, auf der Suche nach meinen Eltern und seufzte. Mein Vater war nicht mehr da, ich sah ihn meistens nur am Wochenende, und meine Mutter war schon am raus gehen.  Beide arbeiteten sehr viel, er im Büro ( was er dort genau machte wusste ich nicht ) und sie als Beraterin in einer Bank. Beide wurden gut bezahlt, weshalb wir relativ reich waren, was bei meinem Taschengeld aber nichts änderte ( ' Es ist ein Privileg Taschengeld zu bekommen, Felicitas' ). Mir war es egal dass meine Familie reich war, es nervte mich sogar ein bisschen, denn so ärgerte es meine Eltern noch mehr dass ich nicht so perfekt wie Lukas war. Ich seufzte erneut, und machte mich auf den Weg zur Schule.
Als ich eine halbe Stunde später das Schulgebäude erreichte, beachtete mich niemand. Nur einpaar rempelten mich an, als ich über den Schulhof ging um das Gebäude zu betreten. Es hatte mich nie gestört eine ' Außenseiterin ' zu sein. Mir machte es nichts aus von den gleichaltrigen und älteren gehasst und von den jüngeren gefürchtet zu werden. Es wäre sogar irgendwie angenehm, wenn die Leute, die mich hassen, mich in Ruhe lassen würden. Aber da sie es nicht taten, prügelte ich mich manchmal, was ich mir zurzeit natürlich nicht erlauben konnte...
      Der Tag wurde eigentlich ganz entspannt. Kein Mathe, noch einigermaßen genug Konzertkarten, wenn auch nicht ganz vorne und das Standart - Programm bei MC, Lucy und Niro. Als ich dann schließlich gegen halb sechs zu Hause ankam, wurde ich von den aufgeregten Stimmen meiner Eltern empfangen. Ich war zwar überrascht meinen Vater um diese Uhrzeit schon hier zu sehen, wollte die Diskussion aber nicht unterbrechen und ging in mein Zimmer.
Mein Zimmer hatte nichts damit zu tun, was sich die meisten Personen unter einem Mädchenzimmer vorstellen. Mein Zimmer war schwarz gestrichen, was man wegen den ganzen Eminem - Postern fast nicht sah, und hatte ein mittelgroßes Fenster dass den Blick auf die Straße freigab. Vor dem Fenster stand mein dunkelblauer Schreibtisch, der von meinem Laptop, beschriebenen Blättern, Büchern und Kaugummipapieren bedeckt wurde. Mein Doppelbett stand an der Wand neben einem großen Bücherregal, dass sich neben der Tür befand, und gegenüber von einem Fernseher. Der Kleiderschrank stand auf der anderen Seite vom Bett und neben dem Schreibtisch.
      Ich nahm dem Laptop vom Schreibtisch, legte ihn auf das Bett und holte mir meine Kaugummis, das Buch das ich gerade las, mein Handy und meine Kopfhörer aus der Tasche. Dann legte ich mich auch hin und begann zu lesen. Ja, genau : lesen. Die meisten glauben, wegen meines aussehens und meiner kühlen Art, nicht dass ich etwas so normales tue wie lesen. Aber lesen hatte schon immer zu meinen Hobbys gehört. Ich schob mir noch ein Streifen Kaugummi in den Mund, als ich meine Mutter rufen hörte:
>> Felicitas!<<
>> Ja?<<, rief ich zurück.
>> Komm mal bitte.<<, diesmal war es die Stimme meines Vaters.
>> Okay.<<
Als ich ins Wohnzimmer kam, erwarteten meine Eltern mich schon. Meine Mutter hatte ihre Haare zu einem strengem Dutt hochgesteckt und saß in ihren Arbeitsklamotten, enger, schwarzerRock und weiße Bluse, auf dem Sofa. Mein Vater stand neben ihr, auch in Arbeitsklamotten. Beide schauten mich ernst an, sodass ich schlucken musste. Hatte ich etwas falsch gemacht?
>> Setz dich, süße.<< sagte meine Mutter und zeigte auf den Ledersessel gegenüber vom Sofa. Als ich mich setzte fühlte ich mich wie eine Gefangene beim Verhör. Die Blicke die meine Eltern mir zu warfen waren einfach einschüchtern, wenn ich daran dachte wie sie mir das Konzert verbieten konnten. Kalt und ohne Mitleid. Meine Eltern, eben. Zumindest wenn sie etwas nicht wollten. Und dass ich auf das Konzert ging, wollten sie bestimmt nicht.
      >> Du willst doch immernoch auf dieses Konzert, oder?<< ergänzte meine Mutter dann, warf meinem Vater einen 'Sag - auch - mal - was - sie - ist - auch - deine - Tochter - Blick' zu und bestätigte somit meine Vermutung.
Sie werden es mir verbieten.
      >>Nun, Felicitas. Deine Mutter und ich<<, mein Vater räusperte sich.>>haben uns gerade darüber unterhalten, ob wir es dir erlauben sollen.<<
Sie werden es mir verbieten.
>> Wir sind zu dem Entschluss gekommen dass... dass wir... dich<<, brachte meine Mutter stockend hervor und holte tief Luft. Es schien ihr unangenehm zu sein, als hätte sie Angst vor dem was sie sagen würde. Zu recht.
Sie werden es mir verbieten.
      Ich hielt es nicht mehr aus. Das habt ihr dann halt davon!, dachte ich und sprang aufgebracht auf.
>> Warum?<< rief ich. >> Warum darf ich nicht? Das ist so-<<
>> Beruhig dich, Felicitas << rief mein Vater und packte mich an den Schultern.
>> Beruhigen? Beruhigen, soll ich mich?<<, schrie ich ihn an und schob seine Hände weg. >>Meine Beruhigung kannste dir in den Ar-<<
>> Du darfst doch hin.<<
Was? Ich durfte hin. Ich durfte wirklich hin!
>> Ja, du darfst hin Felicitas. Wir haben gesehen wie wichtig es dir war und... Ja.<< sagte meine Mutter liebevoll.>> Wir haben gerade Karten per Internet gekauft. Ganz vorne.<<
       >> Aber... Aber es war doch schon so viel ausverkauft, erst recht ganz vorne!<< stotterte ich. Das ging doch nicht!
       >> Anscheinend doch nicht. Denn wenn man bedenkt dass in derselben Halle auch ein anderes Konzert stattfinden wird, was aber schon in fünf Tagen ist, könntest du falsch geguckt haben.<< erklärte mein Vater mit seinem 'Bescheidener - Bürotyp Ton'. >> Das Konzert von diesem, diesem Enimem-<<
        >> Eminem.<< verbesserte ich ihn.
        >> Meine ich ja. Also, sein Konzert ist zwar auch fast ausverkauft, aber da du nur eine Person bist war es einfacher einen Platz vorne zu finden.<<, schloß er ab.
        >> Danke! Danke! << kreischte ich und versuchte erst garnicht meine Fröhlichkeit zu verbergen. Es machte keinen Sinn. Wenn ich glücklich war, dann war ich glücklich. Und außerdem machte ich meinen Eltern so klar, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben.

Addictet to you ( eine Eminem Fan Fiction )Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt