Hier stand ich also und schaute von weit oben in den Rhein. Ich hätte nie gedacht, einmal so tief sinken zu können. Nie hätte ich gedacht einmal auf der anderen Seite des Geländers zu stehen. Und nie hätte ich gedacht jemals darüber nachzudenken, dieses Geländer, das mich vor dem Abgrund schützen soll, los zu lassen, aber ich tat es. In diesem Moment tat ich es. Ich wollte nie, dass es so weit kommt. Nie, dass alles so außer Kontrolle gerät. Aber es ist geschehen und es ist alles außer Kontrolle geraten. Sonst würde ich auch nicht hier stehen und darüber nachdenken, mich endlich aus diesem Scheiß Leben zu befreien. Was mich noch davon abhielt? Eigentlich nichts. Aber irgendetwas tief in mir drin sagte mir, dass ich noch etwas warten solle. Ich versuchte es zu ignorieren, aber wie man sieht funktioniert es nicht wirklich.
Also stand ich jetzt schon eine Stunde dort, und wartete. Auf was genau? Das wusste ich nicht. Wahrscheinlich einfach darauf, dass ich entweder den Mut dazu hatte endlich allem ein Ende zu bereiten, oder das der, wegen dem ich hier eigentlich stehe, kommt und mich aus den Qualen erlöst die ich erleide. Und ja, ich leide schon seit längerer Zeit. Vielleicht keine Körperlichen, aber Seelische und die sind mindestens genauso schlimm, wenn nicht noch schlimmer. Qualen, die ich Monate lang versucht hatte zu ignorieren oder eher zu verdrängen. Aber geschafft hatte ich das nie wirklich. Ich hatte es aber geschafft sie für mich zu behalten, zumindest bis heute Mittag. Jetzt wusste er es. Jetzt war es Abend und ich stand immer noch hier und wartete. Ich wollte springen, doch in meinem Unterbewusstsein hatte sich ein immer größer werdender Wunsch entwickelt, auf ihn zu warten. Obwohl ich doch eigentlich wusste, dass er nicht kommen würde. Nicht zu mir, nicht wegen mir.
Trotzdem wartete ich. Wie das alles so passiert ist, weiß ich gar nicht mehr so genau. Ich weiß nur, dass ich mich in ihn verliebt habe, es ihm aber nicht sagen wollte, weil ich eigentlich schon wusste, dass er mich nicht liebt und nie lieben wird. Was also hatte mich dazu getrieben, es ihm heute Morgen doch zu sagen? Ich weiß es nicht. Es war wie jeder andere Tag, nur das es mir aus welchem Grund auch immer schlecht ging. Und er das natürlich bemerkte. Zuerst wollte ich es ihm nicht sagen, aber am Ende war ich so sauer und sagte: „Verdammt du willst also wirklich wissen, warum es mir so schlecht geht?!" er sagte nur teilnahmslos ja. Also sagte ich: „Du bist daran schuld, du bist der Grund warum es mir schlecht geht!" Er sah mich nur fragend an. Jetzt wurde ich wirklich wütend und schrie schon fast, als ich sagte: „Verdammt bist du wirklich so dumm oder tust du nur so?! Ich liebe dich verdammt nochmal! Und ich hasse es, weil es weh tut, aber ich kann nichts dagegen tun." Jetzt sah er mich schockiert an ich hatte wohl sein Interesse geweckt, dachte ich mir ironisch. Er schüttelte den Kopf und sagte leise: „Bitte sag mir das das ein Scherz ist!" Ich sagte leise aber bestimmt: „Es ist kein Scherz." Er hob den Kopf und sah mir direkt in die Augen und schrie: „Warum tust du mir das an? Warum? weißt du was? es ist mir egal was du angeblich für mich empfindest, ich brauch erst mal Zeit für mich!" Er wollte gerade in sein Zimmer gehen, als ich sagte: „Wenn ich dir wirklich so wenig bedeute, dann ist es dir wahrscheinlich auch egal, wenn ich meinem Sinnlosem Leben ein Ende bereite!"
Mit diesen Worten rannte ich zu der Haustür, machte sie auf und rannte los, ohne mich noch ein einziges Mal umzudrehen. Ich rannte ohne Ziel, einfach nur weg von ihm und meinen Gedanken, die mich Tag für Tag quälten. Als ich dann die Rheinbrücke sah, hatte ich einen Gedanken. Ich hatte schon einmal darüber nachgedacht mich umzubringen, war allerdings immer zu feige gewesen. Ich wollte schon immer so sterben, wie in dem Lied: If I die young! In diesem heißt es nämlich: "If I die young bury me in satin Lay me down on a bed of roses Sink me in the river at dawn Send me away with the words of a love song" Genau so wollte und werde ich heute sterben. Jung war ich ja. Und das mit den Rosen kann man ja an meiner Beerdigung machen, den Fluss hatte ich direkt vor mir und zum Glück hatte ich mein Handy noch schnell eingepackt um mit den Worten von If I die Young zu sterben. Also dann mal los, dachte ich mir.
So war ich hier her gekommen und stand jetzt immer noch hier und wartete. Ich hörte jetzt schon zum 100sten mal If I die Young und wenn ich es davor noch nicht auswendig konnte, hätte ich es spätestens jetzt getan.
Ich wollte springen, endlich von diesem tief im Herz sitzenden Schmerz befreit werden. Das konnte nur der Tod, oder er. Da er aber nicht hier war, war mein letzter Ausweg der Tod. In diesem Moment hatte ich ihn, den Mut ich wollte loslassen, als ich plötzlich jemand rufen hörte, Ich solle nicht springen. Ich drehte mich um und sah ihn zu mir rennen.... Ardy. Ich sagte nur: „Und warum nicht? Ich bin dir doch sowieso egal und ich kann so nicht mehr leben es tut zu weh, jeden Tag mehr statt weniger, also lebe wohl!"
Ich ließ los und erwartete den freien Fall zu spüren, es geschah nicht. Er hatte mich am Arm festgehalten. „Ich lass dich nicht los, niemals mehr, ich... tut mir so leid, Ich hätte dir die Wahrheit sagen sollen, aber ich wusste ja nicht, dass du dich gleich umbringen willst..." Ich unterbrach ihn und sagte: „Jetzt weißt du es ja, lass mich bitte los ich will nicht mehr!" Er schüttelte den Kopf und zog mich hoch.
Ich wollte gleich wieder springen doch er hielt mich fest und sah mir tief in die Augen. Diesmal konnte ich in ihnen einen Glanz sehen, den ich bei ihm noch nie zuvor gesehen habe.
Er sagte mit ruhiger Stimme: „Willst du denn gar nicht wissen, was die Wahrheit ist?" Doch entgegnete ich leise und er fing an zu lächeln. „Ich will nicht, dass du mich in Ruhe lässt, denn ich hab dich doch gerne in meiner Nähe. Du hast mich vorhin einfach überrumpelt und ich wusste nicht was ich sagen sollte, also sagte ich genau das falsche, das was ich eigentlich sagen wollte, ist, dass ich nicht der Grund dafür sein will, dass du leidest und es dir nicht gut geht. Nein, ich will der Grund dafür sein, dass du aufwachst und denkst heute ist mal wieder einer dieser „ich könnte die ganze Welt umarmen" Tag. Ich will, dass wenn du an mich denkst, an etwas Schönes denkst, dass dich zum Lachen bringt. Denn dein Lachen ist das mit Abstand schönste, das ich je gehört habe. Und deine Stimme, ihr könnte ich den ganzen Tag zuhören, denn sie ist wie Musik in meinen Ohren. Und deine Augen, die so blau sind , wie der Ozean, das Meer und der Himmel. Ich könnte das noch ewig so weiter machen, aber das, was ich dir eigentlich sagen will, ist, dass ich doch eigentlich froh war, als du mir sagtest, dass du mich liebst. Ich habe völlig falsch reagiert. Denn ich liebe dich doch auch. Ich hoffe, dass du mir irgendwann verzeihen kannst. Und wir wieder Brudis werden könnten, aber natürlich nur wenn du das auch willst!"
Er sengte den Kopf und schaute zu Boden. Ich legte eine Hand unter sein Kinn und drückte es hoch. Er musste mich also anschauen. Ich sah ihm an, dass er nervös war.
Als ich mich vorbeugte, um ihn zu küssen, dachte ich nur an ihn, in meinen Gedanken war nur er. Als wir uns aus Luftmangel trennen mussten, schauten wir uns einfach nur in die Augen. Wir liefen Hand in Hand zurück nachhause.
Auf dem Weg dahin war mein einziger Gedanke, dass das Schicksal mich anscheinend doch nicht hasst...
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Tardy Oneshots
FanfictionHier werden Tränen, Lacher und andres verurscht. Ich übernehme keine verantwortung für Herzschmerz und andre hervorgerufene Schmerzen durch das lesen meiner Oneshots XD Ich hoffe sie werden euch gefallen und noch viel spaß beim Lesen! Eure BlackAnge...