Kapitel 9

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Ein Sonnenstrahl fällt auf mein Gesicht. Ich drehe mein Kopf weg, ich will noch nicht aufstehen. Ich kuschele mich näher an Damien. Seine Haut ist so weich.

Was? Seine Haut ist weich. Ich fahre hoch. Ich erinnere mich. Scheiße, was soll ich jetzt machen? So tun, als ob nichts gewesen wäre? Damien bewegt sich neben mir.

„Guten Morgen, Scarlett.", seine Stimme klingt noch etwas belegt... und sexy.

Doch dann trifft es mich.

„Oh mein Gott, weshalb haben wir das gestern gemacht? Ich könnte schwanger sein."

Damien blinzelt mich leicht irritiert an.

„Was ist, wenn ich schwanger bin?", kreische ich hysterisch.

Damien setzt sich auf.

„Die Chance, dass du jetzt schwanger bist, ist doch nicht so groß, dass man so herumschreien muss. Wäre es denn so schlimm ein Kind von mir zu bekommen?" Er klingt traurig. „Ich meine das würde alles ziemlich schnell kommen und so aber wir würden das schon schaffen!"

Er versteht mich nicht. Es geht nicht um ihn. Es liegt an mir. So wie immer.

Ich atme tief durch.

„Ich kann doch keinem Baby antun, mein Kind zu sein oder das Enkelkind des Dunklen Lords."

Ich fahre das Dunkle Mal mit meinem Finger nach. Im Gegensatz zu Siennas Mal war meins nie blasser geworden.

Damiens Finger umfassen meinen Unterarm. Ich fange an zu weinen. Ich bin schwach.

„Hey, es ist alles in Ordnung. Du bist keine Totesserin mehr."

Er nimmt mich in den Arm. Er kann mich aber nicht trösten. Ich muss mit Sienna reden. Ich habe Angst vor der Zukunft. Sie ist die einzige, die mich ansatzweise verstehen könnte. Damien kann mir nicht helfen.

„Ich besuche Sienna."

Abrupt stehe ich auf. Ich sehe in Damiens Augen, dass er sich zurückgestoßen fühlt. Aber ich kann nicht anders. Ich muss hier raus.

Ich klopfe an. Sienna macht die Tür auf.

„Ist Julien da?", frage ich.

Sienna schüttelt den Kopf. „Er ist mit Sky bei seinen Eltern."

Mehr bekomme ich nicht mit, weil ich mich in ihre Arme werfe.

„Oh Gott Scarlett, was ist denn los? Komm doch erstmal herein."

Sie macht die Tür hinter mir zu und ich lasse mich auf ihr Sofa fallen. Ich versuche ihr alles zu erzählen, aber meine Tränen hintern mich daran auch nur ein vernünftiges Wort heraus zu bringen.

Irgendwann kommen keine Tränen mehr und ich erzähle ihr von meiner Angst Kinder zu bekommen.

„Ach Scarlett, du darfst dich nicht immer auf deine Vergangenheit reduzieren. Du musst im Hier und Jetzt leben. Lasse es nicht zu, dass unser Vater dir dein ganzen Leben selbst im Tod noch versaut. Und abgesehen davon, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass du schwanger bist und selbst wenn, kannst du es jetzt eh noch nicht wissen, also mache dir mal nicht so viele Gedanken."

Bei Sienna klang alles so einfach. Sie hat eine perfekte Familie und mittlerweile schreibt sogar Rita Kimmkorn nur noch positives über sie. (Okay, das lag vielleicht auch daran, dass sie uns beide immer vergleicht und ich definitiv immer die Böse war und bin, aber trotzdem...)

Ich gelte immer noch als gefährlich und obwohl ich mit einem der besten Auroren Großbritanniens zusammen wohne, sehe ich häufig Zauberer vor dem Haus stehen, die mich beobachten.

Ich will Siennas Rat annehmen, aber ich habe Angst. Ich will keine Angst haben. Ich will nicht schwach sein. Ich  muss meine Gefühle verbergen. Also wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und stehe auf.

„Danke Sienna, dass du mir geholfen hast. Ich werde jetzt gehen.", sage ich mit gleichgültiger Stimme.

Ich appariere nach Hause. Das letzte, was ich von Siennas Haus sehe, sind ihre Augen, die Angst ausstrahlen. Angst, dass ich wieder so werden könnte wie früher. Gefühlskalt und Unberechenbar. Selbst meine Schwester vertraut mir nicht. Vielleicht wäre es sogar besser für mich, wieder meine Gefühle zu verdrängen. Dann würde ich wenigstens keinen Schmerz und keine Angst mehr spüren.


A/N

Und ein weiteres Kapitel ist da! Findet ihr Scarletts Reaktion auch ein bisschen übertrieben? Oder findet ihr sie nachvollziehbar, wegen ihrer Vergangenheit?

 


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