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Der Wind strich durch mein Haar. Ich war alleine. Ganze alleine. Es roch nach verbranntem Holz, was möglicherweise daran lag, dass es in den letzten Tagen zu schweren Waldbränden gekommen war. Alles war zerstört. Mein Blick schweifte über die Ruinen. Ich saß im nassen Gras und genoss diesen Moment. Wenigstens musste ich gerade nicht fliehen oder Angst haben, dass jemand starb, denn es waren alle tot, die ich gekannt hatte. Ich wusste nicht wer noch lebte, traute mich nicht mehr in die Stadt, aus Angst jemandem zu begegnen der mich töten würde. Ich hatte Hoffnung gehabt, dass alles besser werden würde, nach dem Krieg. Jetzt war etwas anders. Etwas in meinem Leben hatte sich verändert. Ich wusste nur nicht was. Vielleicht lag es daran, dass meine Freunde, meine Familie und alle anderen die ich kannte tot waren oder ich nichts mehr hatte woran ich mich hätte festhalten können. Vielleicht lag es aber auch daran das ich nicht wusste wie es weitergehen sollte. Wenn niemand mehr lebte, würde dann die Menschheit ausrotten? Würde unser System dann zusammenbrechen? Wäre es so wie vor ein paar tausend Jahren, als nichts war? Ich hatte keine Ahnung. Ich hatte nicht mal Ahnung, wie ich überleben sollte. Ich blickte in die Ferne. Am Horizont ging gerade die Sonne unter und der Himmel war nur von einzelnen Wolken bedeckt. Unsere Stadt "Tiny Town" lag am Meer. Das Wasser war in tiefrot getaucht. Früher als kleines Mädchen, hatte ich mir immer vorgestellt wie ich und Alex, mein damaliger Schwarm hier zusammen sitzen würden und aufs Meer schauen würden. Wie er mir seine Liebe gestehen würde und wir uns küssen würden. Doch jetzt war alles anders. Ich wusste nicht, ob er noch lebte, ich hatte ihn seit zwei Monaten nicht mehr gesehen und die Wahrscheinlichkeit, dass er noch lebte war nicht groß. Mein inneres Ich hatte alle möglichen Leute bereits schon tot erklärt, denn ohne die Technik kann heutzutage niemand mehr überleben. Unser ganzes System war zusammengefallen und ich wollte es nicht einmal glauben. Wie naiv ich war.
Ich hatte immer den Webeanzeigen für den Krieg geglaubt. "Nach dem Krieg wird alles wieder gut!" . Immernoch leuchteten die Werbeanzeigen in bunten Buchstaben aus der Ferne auf. Wahrscheinlich lebte niemand mehr, der in der Lage war sie auszuschalten.
Langsam wurde es dunkel und ich kletterte von meinem Beobachtungsposten runter und ging einen Feldweg herab. Es war sicherer in den Ruinen zu übernachten, da hier niemand einen noch lebenden Menschen vermutete. Von meinem Beobachtungsposten auf einem Hügel konnte mich nämlich jeder sehen. Der Boden unter mir knirschte. Es war Herbst und es lagen schon einige Blätter in vielen bunten Farben auf dem Boden. Ich liebte den Herbst.
Als ich an unserem Haus, was noch ziemlich okay von außen aussah, angekommen war schritt ich die Treppen hoch, zur Eingangstür. Alles war voller Asche und schwarz vom Ruß. Vorsichtig drückte ich die Tür auf und ging herein. Der Korridor war völlig ausgebrannt und alles war schwarz. In Gedanken stellte ich mir die Möbel vor, die einmal waren und ging die Treppe zum ersten Stock hoch. Wir hatten ein modernes Haus, vielleicht konnte man es sogar Villa nennen. Meine Eltern hatten immer sehr gut bezahlte Jobs, bis der Krieg ausbrach. Ich stieß die Tür zu meinem Zimmer auf und traute meinen Augen nicht. Alles war verwüstet. Sie waren hier gewesen. Die Männer der Regierung waren hier gewesen und hatte alles kostbare und alles was ich besessen hatte mitgenommen. Ich schluckte. Jetzt hatte ich nichts mehr. 'Meggy, gib's zu das wusstest du auch schon vorher...' . Ich verließ mein Zimmer und ging mit langsamen Schritten ins Badezimmer, was wahrscheinlich auch mal eins gewesen war. Bei jedem eigentlich bekannten Knarren der Dachbalken blieb ich stehen, weil ich Angst hatte sie könnten zusammenfallen. Oder vielleicht war auch jemand im Haus. Ich drehte mich um und schaute die Treppe runter. Niemand. Wie konnte ich auch nur so blöd sein und mir das einbilden? Unser Badezimmer war noch da. Es war zwar leer, als hätte man alles renoviert, aber es war noch da. Ich drehte den Wasserhahn auf. Klares Wasser plätscherte ins Waschbecken. Ich beugte mich unter den Wasserhahn und trank etwas davon. Dann drehte ich den Wasserhahn wieder zu. Ich schaute mich im Spiegel an. Der Spiegel hatte zwar einen Riss, aber das störte mich nicht. Ich schaute mich die ganze Zeit durchdringend an. War das wirklich ich? Hatte ich wirklich braune, schulterlange Haare und eisblaue Augen? Wahrscheinlich.
Meggy. 18. Braune, schulterlange Haare und eisblaue Augen. Ungefähr 1,70 groß. Das würde vermutlich in meiner Vermisstenanzeige stehen, wenn wer noch lebte und mich suchte.
Ich löste mich vom Spiegel und ging weiter ins nächste Zimmer. Es war das Zimmer meiner Eltern. Erstaunlicherweise war hier auch nichts zerstört.
Ich öffnete einige Schubladen und Schränke. In den Schränken waren frisch gewaschene Klamotten meiner Eltern, sie rochdn noch nach unserem Waschmittel. In den Schubladen lag unützes Zeug, alte Zeitschrifte und Briefe. Ich holte eine Schachtel mit dem Briefen hervor. Ich liebte Briefe. Meine Mutter ebenfalls. Deshalb hob sie alle alten Briefe auf, die sie mal bekommen hatte. Briefe gab es seit ein paar Jahren nicht mehr. Alles war hochmodernisiert und niemand verschickte mehr Pakete, geschweigedenn Briefe. Alles verlief nur über E-Mails oder SAM-Programme auf unsern Handys. Damit kommte man sogar ganze Paket verschicken und sie mit einem 3D-Drucker ausdrucken. Sie waren dann wie neu, und als wären sie gerade geliefert worden. Ich fand es schrecklich. Vielleicht kann man jetht verstehen warum ich und meine Mutter ein Faible für Briefe hatten. Ich ging die alten Briefe meiner Mum durch. Ich kannte sie alle auswendig. Früher hatte ich tagelang hier gesessen und sie durchgelesen, so sehr hattem sie mich fasziniert. Dann hatte ich einen weißen Umschlag ohne Adresse in der Hand. Ich kannte ihn noch noch nicht. Vorsichtig riss ich ihn auf. 'Liebe Meggy, 'stand da. Als ich genauer hinschaute kommte ich erkennen, dass das die Schrift meiner Mutter war.
Ich traute meinen Augen kaum, als ich as was da stand.
Es gab noch Hoffnung....

Fall 2588 [#freshstart #justwriteit]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt