(Level 3; Gefängnis)
Eine Ärztin legte mir einen feuchten Lappen in den Nacken und flößte mir etwas ein.
„Damit im Pankreas keine Agglutination der Erythrozyten entsteht.", meinte sie mit ihrer zarten Stimme und steckte mir einen Löffel voller glibberigen Schleim in meinen Mund.
„Danke", sagte Nigel. Mein Gesicht war wieder sauber, nur die fünf Schnitte waren noch da. Sie hatte sie zugeklebt.
„Alles in Ordnung, William?", fragte Nigel, der neben mir stand und auf mich herab sah.
„Wie bitte? Sie wollen mich frei lassen?", entgegnete ich.
„Du bist in jeder Situation ein Arsch, William. Victorya hat dir das Gesicht zerschnitten und du tust so, als wäre es dir egal. Kann es sein ...", überlegte er laut.
„Wir schalten unsere Gefühle ab.", sagte ich. Er sah mich überrascht an. „Irgendwie schaffen wir es, das Zwischenhirn zu umgehen. Wenn wir wissen, dass etwas physisch oder psychisch Belastendes vor uns haben, schalten wir sie automatisch ab.
Wir haben darauf keinen Einfluss.", erzählte ich. Ich fühlte mich auf einmal so schwach. „Aber eines will ich noch klar stellen: Wenn ich mich wie ein Arsch benehme, dann aus freien Stücken. Ich spiegle Leute gerne so, wie sie mir erscheinen."
„Sie sind auf einmal sehr gesprächig, William Flynn.", stellte Nigel fest.
„Jetzt ist auch die Levelhüpferin weg."
„Sie steht hinterm Fenster."
„Da muss ich wenigstens ihr abscheuliches Affengesicht nicht mehr sehen!", rief ich zur Scheibe.
„Wissen Sie, was es mit dem Zeichen auf ihrer Hand auf sich hat?"
„Nein. Es ist einfach da und somit können wir switchen. Ich weiß nicht, wie das funktioniert."
„Wie alt sind Sie, William? Wir finden nirgends ein Geburtsdatum von Ihnen verzeichnet.", stellte er fest und sah sich meine Akte an.
„Keine Ahnung."
„Erklären Sie."
„Ich habe keine Eltern. Ich wuchs im Heim auf, wo ich aber erst im späteren Alter hingebracht wurde."
„Kriminelle Laufbahn?"Ich beugte mich vor und flüsterte: „Und ich bin stolz drauf."
„Ja, aber warum? Sie scheinen ein sehr schlauer Kerl zu sein."
Nigel blätterte meine Akte durch.
„Weil ich es kann." Ich grinste frech.
Er nickte.
„Vielleicht sind Sie und Ihre Freunde ja einer der größten Verbrecherbanden unserer Zeit, jedoch nicht so schlau um ihr Wissen sinnvoll zu nutzen." Nigel stand auf und ging. „Denken Sie darüber nach. Guten Tag.", waren seine Worte, als er die Tür schloss und hinaus trat.
Das Licht ging aus. Es wurde dunkel. Ich saß da und wartete. Es passierte nichts. Ich balancierte Nigels Schlüssel, den ich während der Ausfrage mit meinen Füßen von ihm geklaut hatte, auf meinem Fuß. Er wackelte. Ich zitterte. Dann fiel er.
Genau in diesem Augenblick kam Nigel herein.
Mein Herz raste. Wurde ich erwischt? Hat er es gesehen? Meine Muskeln waren angespannt. Ich spürte die ersten Tropfen des Adrenalins in meiner Blutbahn. Mein Atmen wurde unkontrollierter. Ich hoffte, es fiel ihm nicht auf.
Hoffen. Alles basierte auf Hoffen.
Dann begann er zu reden.
„Kann es sein, dass ich meinen Schlüssel hier vergessen habe?", fragte er.
Mir fiel ein Stein vom Herzen.
„Liegt auf dem Boden."; stöhnte ich gleichgültig.
„Oh ... Danke."
Plötzlich knallte die Tür auf. Schockmoment. Ich zuckte und riss meinen Körper zurück. Meine Hände blieben festgeschnallt. Bruce.
Er legte mir einen neuen, silbernen Halbhandschuh an. Er bedeckte die halbe Hand. Ein hübsches Muster verlief in die Finger. Der harte, kalte Stoff schien sich mit der darunterliegenden Haut zu verbinden. Ich biss die Zähne zusammen, als sich die einzelnen Fäden in meine Haut einnähten.
Der plötzliche Beginn verursachte ein ebenso plötzliches Ende.
Er schnallte meine Hände vom Tisch. Ich zog meine Hände blitzschnell zu mir. Ich stand da. Mein Blick fiel zur Tür.
„Wirklich sehr vertrauenswürdig.", meinte Bruce und verließ den Raum. Nigel seufzte.
Dann verließen beide wieder den Raum. Das Licht ging dieses Mal nicht aus. Dennoch wurde es dunkler.
Ich setzte mich wieder seufzend auf den Stuhl. Die Tür war verschlossen. Natürlich hatte ich die kleinen Sensoren auf der Unterseite des Halbhandschuhs bemerkt. Sicherlich verhinderten sie das Durchtreten der Tür und achten mich aufspürbar. Schlechte Karten für mich.
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Level 3
Science FictionLondon. Auf einer alten, morschen Bank spielten zwei alte Männer Schach. Ich blickte auf meine neue, silberne Armbanduhr. Es war Viertel vor Drei. Meine Schritte verlangsamten sich und ich blieb stehen. Ich hatte jede Menge Zeit. Die Blätter tanzt...