(Level 2; London)
Die Menge johlte, als Will seinem Gegner den letzten Schlag verpasste. Der Kiefer verrutschte kurz und der Typ lag auf dem Boden. Will war schnell. Mit seinem Fuß stand er auf dem Magen seines Gegners. Wenn dieser versuchen würde aufzustehen, würde Will drücken. Das würde eklig werden, wenn sich der andere dort oben übergibt. Zum Glück ließ er es.
Will hatte uns den ersten Punkt geholt.
Er sprang von der Bühne. Ich ließ von Victorya ab und ging zu Will, während sie sich mit Dad unterhielt. Nils kletterte als nächster auf die Bühne. Sichtlich weniger geschickt als wir anderen. Sein Gegner war sichtlich schlank, sah dürr und knochig aus und hatte eine Afro-Frisur. Sie begannen zu kämpfen, doch ich konnte nicht lange hinsehen. Nils hatte dem Kerl zwar den ersten Schlag direkt in den Magen gegeben, aber kurz darauf selbst einen eingefangen. Jetzt konnte man nur noch hoffen, dass der Kampf ein schnelles Ende nehmen würde.
Ich wendete meinen Blick ab. Will starrte hoch und versuchte ihm zu helfen. Er schrie ihm zu, doch es brachte nicht viel. Victorya kaute auf ihrer Unterlippe und blickte entschuldigend hoch zu ihm. Als gäbe sie sich die Schuld an seiner Niederlage.
Ben Wale lächelte, doch hinter seinem Gesicht verbarg sich ein dunkler Schatten von Trauer. Diese Trauer galt nicht Nils, wie ich zuerst annahm. Sie galt mir. Das sah ich in seinen Augen, als er mich ansah. Der dunkle Schatten hinter seinen leuchtenden Augen. Ich ertrug den Blick nicht lange. Ich sah auf den Boden. Graue Betonplatten. Sie glänzten Es warf meinen Schatten. Man sah den Umriss meines Gesichts. Meiner Haare. Die Locken, die wild abtsanden. Mit der Hand strich ich sie glatt. Ich starrte einfach nur auf den Boden. Scham. Wie ein Kind in der Ecke.
Ich blickte erst wieder auf, als ich Nils von der Bühne taumeln hörte. Nach kurzen Überlegen lief ich zu ihm und half ihm herunter. Er hatte ein Hämatom am Kinn und an der Stirn, die Nase blutete, doch es hätte schlimmer sein können. Er humpelte und wankte bei jedem Schritt. Ich packte seinen Arm und legte ihn um Wills Schulter. Erst wollte ich die beiden alleine lassen, doch das wollte ich weder Will, noch Nils antun. Also legte ich seinen zweiten Arm um meine Schulter. Victorya kam mit einem Taschentuch und tupfte das Blut ab, während James wieder auf die Bühne ging. Der nächste Kampf begann.
Mühevoll redete Nils auf uns ein.
„Es tut mir leid, ich war noch nie so gut im Boxen.", erklärte er.
„Es ist okay.", meinte Will. „James wird diesen Kampf gewinnen, dann funktioniert das Ganze schon irgendwie."
„Im Notfall glauben Rebecca und so eben, dass wir irgendwelche Dramaqueens sind.", sagte ich locker, auch wenn ich das ziemlich übel gefunden hätte.
„Das war sowieso mit einberechnet.", erzählte Victorya schulterzuckend.
„Was?!", meckerte Nils. „Du hast mir nicht einmal eine Chance gelassen?!"
„Doch. Habe ich. Doch deine Niederlage war eben vorhersehbar! Ich habe mir angesehen, wer gewinnen muss und wer verlieren, damit wir am Ende mehr Punkte haben!", erklärte sie. Sie gab ihm das Taschentuch voller Blut und holte ein neues heraus.
„Na toll.", seufzte Nils.
„Du hast wirklich alles geplant?", fragte Will erstaunt. Sie sah ihn lächelnd an.
„Naja. Fast alles. Seine Niederlage nicht." Mit dem Finger zeigte sie auf mich.
„Das war keine Niederlage!", bestand ich.
„Ach nein? Doch, war es.", sagte sie.
„Unentschieden.", beharrte ich.
„Ein Punkt, den wir gebraucht hätten. Jetzt wird es eben knapp, aber das wird schon."
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Level 3
Science-FictionLondon. Auf einer alten, morschen Bank spielten zwei alte Männer Schach. Ich blickte auf meine neue, silberne Armbanduhr. Es war Viertel vor Drei. Meine Schritte verlangsamten sich und ich blieb stehen. Ich hatte jede Menge Zeit. Die Blätter tanzt...