Aufgeregt schloss Ria ihren Koffer. Sie konnte es kaum erwarten, endlich aufzubrechen. Gestern hatte ihr Mann ihr eröffnet, dass sie durch das Land reisen würden. Eigentlich hatte er gesagt, er müsse auf Reisen gehen und Ria hatte darauf bestanden, ihn zu begleiten. Wenn schon ihre geplante Rundreise durchs Land geplatzt war, wollte sie sich wenigstens das nicht entgehen lassen.
„Wir haben noch zwei Tage Zeit." Belustigt zog Eleasar seine Frau an sich. „Warum hast du es denn so eilig?"
Ria lehnte sich entspannt an ihn. „Na, weil du es dir sonst vielleicht noch anders überlegst und einfach abhaust."
Resignierend legte er seinen Kopf auf ihrem ab. „Du würdest einfach hinterher kommen." Es war ein hoffnungsloses Unterfangen zu erwarten, dass sie Vernunft annehmen und in Sicherheit bleiben würde. Wenn etwas nach Gefahr schrie, war seine Frau die erste, die sich in dieses neue Abenteuer stürzte.
„Was für eine vernünftige und realistische Einschätzung", lobte sie ihn neckend.
„Und ich kann dich wirklich nicht dazu überreden, hier zu bleiben? Du kennst die Stadt noch gar nicht richtig. Warum erkundest du die nicht, während ich weg bin?", versuchte er ein weiteres Mal, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.
Ungläubiges Schnauben. „Man sollte meinen, du hättest die Absurdität deines Versuches bereits erkannt. Ich bleibe hier doch nicht mutterseelenallein zurück! Die verstehen mich doch alle gar nicht."
Seufzend zog er sie aus dem Schlafzimmer. „Du sprichst die hiesige Sprache nahezu perfekt. Ich wüsste nicht, wo das Problem liegt." Durch Zufall hatte er herausgefunden, dass sie mehr verstand, als sie anfangs zugegeben hatte. Unbeabsichtigt hatte er sie in Landessprache angesprochen und sie hatte ihm geantwortet. Zwar in einem selten gebrauchten Akzent, aber das war zweitrangig.
Wieder schnaubte sie ungläubig. Sie war erst seit zwei Wochen hier in Anderswelt. Der Welt der Wesen, die neben der Menschenwelt existierte. Durch Portale konnte man zwischen den Welten hin und her reisen oder, wenn man so hoch in der Nahrungskette stand wie ihr Mann, sich einfach selbst einen Übergang erschaffen, der sich nach Benutzung sofort wieder schloss. „Solange Aussprache und Schrift übereinstimmen, ist das ja kein Problem, aber wenn das Wort sieben Buchstaben hat und nur vier ausgesprochen werden, stoße ich an meine Grenzen." Sie wusste, dass sie maßlos übertrieb. Sie sprach die Landessprache tatsächlich schon recht gut. Jedoch änderte es nichts daran, dass sie nicht alleine zurückgelassen werden wollte.
Eleasar ließ sie sich beschweren. Er wusste, dass sie sich sehr darum bemühte und bemerkte die täglichen Fortschritte, die sie machte. Selbst die, die ihr gar nicht bewusst waren.
Unten im Flur hielt sie plötzlich inne. „Wo bringst du mich hin?" Dabei beäugte sie ihn skeptisch.
Geheimnisvoll lächelnd ging er einfach weiter. Ria versuchte schmollend darauf zu warten, dass er es ihr sagte, musste sich jedoch schnell geschlagen geben. Neugierig lief sie neben ihm her. Es dauerte nicht lange, da konnte sie wenigstens ihr Ziel erraten. „Der Garten?"
Er spannte sie noch ein wenig weiter auf die Folter. Als sie auf der Gartenterrasse standen, zog er sich in einer lässigen Bewegung sein Hemd aus. Der Garten war eigentlich ein kleiner Wald, der an eine überschaubare Rasenfläche grenzte, die ihrerseits von der nach Süden ausgerichteten Terrasse weg führte. In den vielen kleinen Beeten wuchsen allerlei abenteuerlich aussehende Pflanzen in allen erdenklichen Farben und Formen. Sie verliehen dem Garten etwas Faszinierendes, als entspränge er einem Märchenbuch.
Ratlos starrte seine Gemahlin ihn an. „Was soll das werden?" Nicht, dass sein nackter Oberkörper kein Leckerbissen war, aber es verwirrte sie, dass er sie aus dem Schlafzimmer in den Garten schleppte, nur um zu strippen.
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Grau wie der Sturm [Schattenseelen 3]
FantasyDer dritte Teil der Schattenseelen-Reihe Nachdem Ria an der Seite ihres Mannes nach Anderswelt zurückgekehrt ist, steht sie vor bislang ungekannten Problemen. Nun muss sie sich, allen Widrigkeiten zum Trotz, in einer neuen Welt zurechtfinden. Dass s...