.:08:. Reiseverbot

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Raphael war überrascht, Ria im Empfangsraum auf ihn warten zu sehen. Sie stand am Fenster und starrte in eine Ferne, die nichts mit der sich vor ihr ausbreitenden Landschaft zu tun hatte. Er hatte nicht erwartet, sie wirklich hier anzutreffen. Freudig breitete er die Hände zum Gruß aus. „Was führt dich denn her?"

Langsam drehte sie sich zu ihm um. Sie sah fürchterlich aus. Tiefe Ringe unter ihren Augen und eine unnatürliche Blässe verliehen ihr ein gespenstisches Aussehen. Ohne Umschweife kam sie zum Punkt. „Ich möchte in die Menschenwelt."

Nun, das erklärte immerhin ihre eigenartige Kleidung. „Warum fragst du nicht deinen Angetrauten?" Offenes Interesse zeigte sich auf seinem Gesicht, obwohl er die Antwort schon kannte. Zumindest aus der einen Perspektive. Direkt nachdem sie verschwunden war, hatte sein möglicher Nachfolger ihn bereits vorgewarnt.

Unverwandt starrte sie ihn an. Ihre einzigartigen orangefarbenen Augen funkelten eigenartig. „Der ist nicht da."

Nachdenklich musterte der Kaiser sie. Es war schwer zu sagen, ob sie einfach nur entschlossen war, oder sich bemühte, ihre Gefühle unter Verschluss zu halten - eine ihrer Eigenheiten, die ihm gegen den Strich gingen. Im Angesicht der Öffentlichkeit mochte das ja eine hilfreiche Fähigkeit sein, doch jetzt war sie privat unterwegs. „In der Tat", bemerkte er gedehnt. Natürlich wusste er, wo Eleasar war. Schließlich hatte er ihn dorthin geschickt. „Er hat mir einen Brief zukommen lassen. Mit der Bitte, dir eine Weltenreise zu verwehren."

„Auch gut." Abrupt wandte Ria sich ab. Sie hatte hier nichts mehr zu suchen. Wenn Raphael ihr ihre Bitte abschlug, musste sie eben einen neuen Weg finden. „Danke für das Treffen." Direkt vor ihrer Nase fiel die Tür ins Schloss. Selbst durch Rütteln wollte sie nicht aufgehen. Gereizt fuhr sie herum. Das war ein wirklich schlechter Scherz. „Es wäre wirklich schade, diese schöne Tür eintreten zu müssen."

„Das wäre es", bestätigte der Herrscher unbeeindruckt und deutete auf einen freien, reich verzierten Stuhl. „Bitte, setz dich."

„Ich bin nicht hier, um zu plaudern." Mit verschränkten Armen stand sie da und funkelte den sympathischen Mann böse an. Eleasar hatte sich schon eingemischt und ihn dazu überredet, für ihn Partei zu ergreifen. Da musste sie sich nicht auch noch unnötig lange in seiner Gegenwart aufhalten. Nicht, dass er noch versuchte, sie dazu zu überreden, sich wieder mit ihrem Mann zu vertragen. Mit dem Mann, den sie nie wieder sehen wollte.

„Das ist mir durchaus bewusst. Ich möchte mit dir reden." Trotz ihres störrischen Verhaltens blieb er freundlich. Das musste sie ihm hoch anrechnen.

Kurzerhand setzte sie sich an Ort und Stelle auf den Boden. „Bitte, reden Sie."

Der Kaiser lächelte leicht und nahm ebenfalls Platz. Ihr direkt gegenüber. Was für ein temperamentvolles Gemüt. „Vermutlich willst du es gar nicht hören, aber Eleasar will dir nichts Schlimmes."

Genervt verdrehte sie die Augen. Nicht schon wieder. „Tja, das hätte er sich überlegen müssen, bevor er mir gedroht hat, mich die nächsten Jahre im Haus einzusperren."

Raphael sah sie eindringlich an. Es war wichtig, dass sie ihre Situation verstand. „Du kannst ihm vielleicht den Ring zurückgeben, der den Unwissenden zeigt, dass du Teil meiner Familie bist, aber du kannst das Band zwischen euch beiden nicht durchtrennen."

„Aber wenigstens eine Weile ignorieren. Er hat selbst gesagt, dass ich zu jung bin, um die Dinge aus einem angemessenen Blickwinkel zu betrachten." Die Verachtung in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Sie machte keinen Hehl daraus, wie sehr dieser Umstand sie aufregte. Würde Raphael es nicht besser wissen, würde er behaupten, sie wäre zutiefst gekränkt. „Ich möchte nichts anderes, als Zeit in meiner Welt zu verbringen." Entschlossen sah sie ihm in die Augen. Für nichts auf der Welt würde sie sich noch einmal diesem arroganten Prinzen ausliefern.

Grau wie der Sturm [Schattenseelen 3]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt