.:37:. Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?

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Da die Entspannung für die restlichen Tage dahin war, kehrten sie früher als geplant in den Palast zurück. Ria wirkte aufgekratzt, Eleasar angespannt. Raphael genügte ein Blick auf die beiden um zu wissen, dass es dieses Mal Eleasar war, dem etwas umtrieb. Rias Unruhe war nur ein Nebeneffekt der seinen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie für ihn agierte. Was ihn überraschte war Rias Bitte, die Ahnenhalle besuchen zu dürfen. Er antwortete ihr, dass diese Hallen jederzeit geöffnet waren, woraufhin sie Eleasar verwirrt ansah. Der klärte den Kaiser nur zögerlich über Marjans Verdacht auf, woraufhin Ria ihrem Mann einen bösen Blick zuwarf. Sie war nicht im Geringsten an wirklicher Ahnenforschung interessiert.

Der Verdacht des Vampirkönigs hatte wiederum ihn neugierig gemacht und so beschloss Raphael, die Halle für einen Tag nur ihnen zugänglich zu machen und begleitete das junge Paar.

Ein wenig enttäuscht musterte Ria die rauen Felsen vor sich. Sie hatte sich eine Ahnenhalle irgendwie anders vorgestellt. Imposanter, nicht so ... prähistorisch.

„Die Hallen an sich sind eine große Höhle", erklärte Eleasar ihr, während er ihr die groben Stufen hoch half. „Einer der früheren Kaiser hat den Nebel, den du gleich sehen wirst, entdeckt. In diesem Land ist er der einzige seiner Art."

„Nebel?" Skeptisch schaute sie in Richtung Höhle. „Was hat das denn bitte mit Ahnen zu tun? Langsam glaube ich, ihr wollt mich auf den Arm nehmen."

Raphael lachte vergnügt in sich hinein. „Mit Vergangenheit. Der Nebel kann deine Vergangenheit beleuchten. Dieser ist so beschaffen, dass er dir deinen Stammbaum vorstellt. In einem benachbarten Reich gibt es einen, der verloren geglaubte Erinnerungen wieder hervorholt."

Skeptisch musterte sie die leicht feuchte Höhle. „Und ihr seid euch sicher, dass ihr mich nicht einfach auf den Arm nehmt?"

„Nein." Eleasar zog sie zu sich heran und küsste sie leidenschaftlich. „Nicht in dieser Sache."

Beruhigt wandte sie sich wieder dem schwach erleuchteten Gang zu, der um eine Kurve bog, die alles Licht zu verschlucken schien. Unsicher hielt sie an. Ihre Sinne spielten verrückt, was sie daran zweifeln ließ, ob dieser Besuch hier wirklich eine so gute Idee war, wie sie zuvor noch geglaubt hatte. Sie spürte, dass ihr Gemahl hinter ihr stand und ihr Kraft gab. Wenn es wirklich gefährlich wäre, hätte ihr Mann sie niemals gehen lassen. Mit dieser Gewissheit machte sie den letzten Schritt um die Kurve. Kleine Lichter zuckten durch ihr Blickfeld und ließen sie erneut anhalten. Anscheinend musste sie sich erst an ihre neue Umgebung gewöhnen. Nach mehrfachem Blinzeln war ihr klar, dass sie sich die blassen lilafarbenen Blitze nicht bloß einbildete.

„Geh weiter", raunte Elea ihr zuversichtlich ins Ohr.

Zögernd tastete sie sich vorwärts. Mit jedem Schritt wurde das schwache Licht stärker. Auf einmal war es, als hätte jemand den Lichtschalter umgelegt. Kleine Sternchen leuchteten in Regenbogenfarben um sie herum auf. Noch nie hatte sie so etwas atemberaubend Schönes gesehen. Das Licht begann langsam zu verblassen, während sich vor ihr zwei Schatten formten, deren Konturen sekündlich schärfer wurden. Der restliche Nebel hatte sich verzogen, übrig blieb ein schummriges Licht, das ausreichte, um die anwesenden Personen zu erkennen.

„Mama, Papa." Fassungslos streckte sie ihre Hand nach den beiden aus.

Mei Shaw lächelte ihre Tochter glücklich an. „Mein Baby. Gott, du bist so groß geworden." Der weibliche Geist schloss ihre Tochter mit glasigen Augen in ihre Arme. Es fühlte sich merkwürdig an. Als würde sie von Wasserdampf umarmt werden. „Es tut mir so leid, Ria. Es tut uns leid."

Liam trat neben seine Frau und seine Tochter und fuhr sich durch die kurzen roten Haare. „Oh Baby, du hättest das nicht durchmachen sollen. Irgendwann krall ich mir Blake."

Grau wie der Sturm [Schattenseelen 3]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt