Aus der Eingangshalle hörte er Protest. Irgendjemandem schien wohl eine Audienz verwehrt worden zu sein. Desinteressiert eilte er an der Gruppe vorbei. Er wollte zu seiner Frau. Sie den halben Tag nicht zu sehen, war schon schlimm genug gewesen. Sie war erst seit drei Tagen wieder da, da konnte niemand von ihm erwarten, sie lange alleine zu lassen.
„Eleasar." Nathan, der sich mit der Gruppe herumschlug, winkte ihn zu sich heran. „Diese reizenden Personen hier wollen zu deiner wunderschönen Gemahlin."
Verstimmt trat er zu der Gruppe Jugendlichen. Er hatte jetzt wirklich anderes im Sinn. „Aus welchem Grund?"
Die Mädchen und Jungen sahen einander aufgeregt an. Es war eine normale Reaktion auf seine Anwesenheit. Heute jedoch nervte es ihn gewaltig.
„Na, na, na. Du wirst doch wohl deine eventuell zukünftigen Untertanen nicht vergraulen, weil sie deinen eifersüchtig gehüteten Schatz treffen wollen?" Nathan schien seine helle Freude an der Situation zu haben.
„Prinz, Hoheit", stammelte einer der Jugendlichen. „Wir wüssten gerne, wie es ihr geht. Wir gehen zusammen in eine Klasse."
Die Schule. Das war ihm total entfallen. Über kurz oder lang würde er sie wohl abmelden müssen. „Sie lebt." Eine schlichte Antwort, die ihnen genügen musste.
Mit geheucheltem Mitleid mit den jungen Wesen versuchte Nathan ein wenig mehr aus ihm heraus zu kitzeln. „Ach komm schon, du kannst uns doch wenigstens verraten, warum du jetzt noch eifersüchtiger über sie wachst als vorher schon."
Desinteressiert wandte er sich ab. „Das geht euch nichts an."
Nathan vertrat ihm den Weg. „Eleasar. Du kannst diese Mädchen doch nicht enttäuschen. Sie sind so süß."
Vernichtend sah er seinen Kontrahenten an. „Ich habe kein Interesse."
„Dann hilf wenigstens mir", bat er mit einem charmanten Lächeln.
Jemand rannte mit immer lauter werdenden Schritten den oberen Gang entlang. Ria erschien am oberen Treppenabsatz und nahm mehrere Stufen gleichzeitig nach unten. Ihre Haare wehten hintere ihr her und ihre orangenen Augen strahlten ihn an. „Elea!" Sie warf sich glücklich in seine Arme. „Da bist du ja." Ungeachtet des Besuches küsste sie ihn. „Ich habe dich vermisst."
Liebevoll schloss er sie in seine Arme und erwiderte ihren Kuss. „Wie geht es dir?" Bei genauerer Betrachtung fiel ihm auf, dass sie seinen Pullover trug. Zum Glück war er ihr viel zu groß und verbarg ihre körperliche Veränderung.
Schulterzuckend beäugte sie Nathan. „Gut. Was ist denn hier für ein Auflauf? Suchst du schon wieder nach einer Freundin?"
„Und du plünderst schon wieder den Kleiderschrank deines Mannes." Belustigt deutete er auf Eleasars Pullover. „Man sollte meinen, du hättest nicht genug eigene Sachen."
„Mehr als genug", antworteten die beiden Vermählten im Chor. Kichernd hakte Ria sich bei ihrem Mann unter. „Aber Eleas Sachen sind so viel bequemer. Wenn ich im Haus bin, stört es ja auch keinen."
Hinter ihnen räusperte sich jemand. Eleasar drehte sich um, sodass Ria der Blick auf ihre Schulkamerden frei lag. „Joleen", überrascht begrüßte sie das erste Mädchen. „Was macht ihr denn hier?"
Verlegen biss die Grünhaarige sich auf die Unterlippe. „Nach dir sehen. Du bist so lange fort gewesen."
„Oh, eure Sorge ist wirklich süß." Ria umarmt sie herzlich. „Danke."
„Ehm, Prinzessin, ich will ja nichts sagen", ratlos sah Nathan sie an. „Aber bist du sonst nicht anders? Irgendwie kühler?"
„Frag bloß nicht", knurrte Eleasar. Er hatte bereits Bekanntschaft mit ihren spontanen Stimmungsumschwüngen gemacht. „Nicht, wenn dir dein Leben lieb ist."
DU LIEST GERADE
Grau wie der Sturm [Schattenseelen 3]
FantasiDer dritte Teil der Schattenseelen-Reihe Nachdem Ria an der Seite ihres Mannes nach Anderswelt zurückgekehrt ist, steht sie vor bislang ungekannten Problemen. Nun muss sie sich, allen Widrigkeiten zum Trotz, in einer neuen Welt zurechtfinden. Dass s...