Heuchlerin!

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Heuchlerin!

Jade wusste nicht, was geschehen war. Wusste nicht, warum Jon sein Verhalten so plötzlich geändert hatte. Aber sie schluckte es herunter, war sie sich doch im Klaren darüber gewesen, dass sie jeden Tag damit hatte rechnen müssen. Er hatte sie also von der Bettkante gestoßen, fein. Aber das bedeutete für sie nicht, dass sie keine Freunde mehr sein konnten. Sie würde ihre Gefühle für ihn in den Griff kriegen müssen, doch sie wollte Jon nicht als Freund verlieren.

Jon meldete sich in der folgenden Woche nicht und auch Jade hatte beschlossen, ihn fürs Erste in Ruhe zu lassen, auch wenn es ihr den Schlaf raubte, weil sie nicht wusste, was sie falsch gemacht hatte. Doch man konnte nicht einfach zu einem Jonathan Good hingehen und ihn danach fragen. Er würde sie für einen treudoofen Hund halten, der seinem Herrchen hinterher rennt und um Aufmerksamkeit bettelt. Also schob sie ihre Gedanken an und über Jon so gut es ging in die hinterste Schublade ihres Hirns und konzentrierte sich auf ihre Arbeit. Außerdem nahm sie in der Woche eine Kino- und eine Essenseinladung von Josh an, und fuhr am Wochenende mit ihm raus in die Wüste.

Jade genoss seine Gesellschaft. Josh war so herrlich unkompliziert. Keine Launen. Sie konnten über alles reden und miteinander lachen. Und schweigen.

Sie saßen auf der Ladefläche des gemieteten Geländewagens, mitten in der Wüste und sahen sich den Sonnenuntergang an.

„Darf ich dich etwas fragen, Jade?"

Sie wandte Josh den Kopf zu und lächelte. „Sicher. Alles."

„Läuft da was zwischen dir und Jon?"

Sie schluckte. Mit dieser Frage hatte sie nun nicht gerechnet. Seit dem SummerSlam Wochenende waren mittlerweile fast zwei Wochen vergangen und sie hatte Jon weder gesehen, noch von ihm gehört. Auch Zoe und Cassidy hatten ihr nichts Neues zu berichten. Jon schien sich über Jade auszuschweigen.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein, zwischen Jon und mir läuft nichts." Wir sind nur Freunde, wollte sie mal wieder hinzufügen, doch im Moment war sie sich nicht sicher, inwiefern das noch zutraf.

„Das heißt, wenn ich dich jetzt küssen würde, müsste ich nicht befürchten, dass er mir den Schädel einschlägt?"

Jade musste lachen. „Nein, Josh, müsstest du nicht."

Sie sahen sich einen Augenblick an, ehe er sich vorbeugte und sie vorsichtig auf den Mund küsste. Die Schmetterlinge, die Jade bei Jons Küssen im Bauch gehabt hatte, blieben aus, aber sie schmeckten nach mehr. Küssend sanken sie auf die Decke, die Josh auf der Ladefläche ausgebreitet hatte.

„Das wollte ich schon so lange tun", sagte er, als sie atemlos ihre Knutscherei unterbrachen und streichelte ihr übers Haar.

„Ich bin froh, dass du es getan hast", erwiderte sie leise.

Sie war sich sicher, dass Josh der richtige Mann war, um Jon aus ihrem Kopf zu bekommen. Und die Schmetterlinge würden sich schon noch entpuppen, da war sie sich auch sicher. Alles brauchte seine Zeit. Das Wichtigste war, dass sie sich in seiner Gegenwart wohlfühlte. Ihm vertraute. Liebe musste sich entwickeln. Ihre Gefühle für Jon, die Verliebtheit, die sie für ihn empfand, würden schneller vergehen als das, was sie sich mit einem Mann wie Josh würde aufbauen können.

„Also muss ich mir keine Ausreden mehr einfallen lassen, um dich in der Praxis aufzusuchen?"

Jade lachte und schlang ihre Arme um Joshs Nacken. „Nein."

Er streichelte ihr liebevoll über die linke Wange. „Ich darf also einfach so vorbeikommen, nur um das hier zu tun?" Josh neigte den Kopf und küsste sie auf den Mund.

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