2.49 Uhr

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„Es ist doch irgendwie schade, findest du nicht?"

„Inwiefern schade?" Ich legte den Kopf schief. Betrachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen. Wusste nicht genau, auf was er hinauswollte. Was sollte schade an meiner Einstellung sein?

„Dass du lieber alleine sein willst. Das Leben ist doch viel schöner, wenn man es teilen kann. Warum willst du es nicht ausprobieren?"

„Inwiefern ausprobieren?"

„Indem du dich anderen Menschen gegenüber öffnest."

„Tu ich doch. Sonst würde ich nicht hier sitzen und dir meine halbe Lebensgeschichte erzählen." Ich begann zu lächeln. Er erwiderte es nicht.

„Aber es ist nur ein Moment."

„Ja. Aber einer, in dem ich dich nicht loshaben will." Meine Beine zog ich noch näher an meinen Körper. Der nächste Windstoß war gekommen. Ließ mich frösteln. Trotz des dicken Pullis.

„Oh, das war jetzt aber lieb von dir", lachte er.

„Ich kann auch anders." Wieder lächelte ich. Ein ehrliches Lächeln, das er dieses Mal auch erwiderte.

„Du frierst."

„Ja, aber so bleibe ich wach."

„Müde siehst du jetzt nicht unbedingt aus." Er musterte mich. Wieder einmal. Als würde er nur nach einer Ausrede suchen, mich immer wieder aufs Neue so genau anzuschauen. Langsam war es mir nicht mehr so unangenehm.

„Ich fühle mich auch nicht müde. Aber wenn es jetzt warm und kuschelig wäre... So mitten in der Nacht würde mich das sehr an mein Bett erinnern", lachte ich.

„Stimmt, es ist aber auch echt spät."

„Ja, ich bin mal gespannt, wie lange mein Bruder noch bleiben will", seufzte ich. Kuschelte mich enger in meine eigene Umarmung. Der Wind wollte nicht enden. Er war schon ungewöhnlich kühl für die Jahreszeit. Vor ein paar Tagen noch war es viel wärmer gewesen. Da hatte es auch nachts nicht so stark abgekühlt wie jetzt. Und wenn es nach mir ginge, hätte das ruhig noch eine Weile so weitergehen können.

„Ich geh mal schnell nach drinnen. In der Hoffnung, dass dein Bruder noch nicht gehen will." Er lachte. Stand auf. Streckte sich ausgiebig.

„Warum? Was willst du tun?" Erschrocken schaute ich zu ihm auf. Wollte er mich jetzt alleine hier lassen?

„Nichts Schlimmes, keine Sorge. Aber ich denke, dass eine Decke nicht schaden würde." Er zwinkerte mir zu. „Ich finde es auch nicht so warm hier draußen."

„Ach echt? Jetzt auf einmal?"

„Soll vorkommen, ja", lachte er. „Kann ich dich solange alleine hier draußen lassen? Ohne dass du Angst hast?"

„Haha, sehr witzig. Die paar Minuten komm ich auch ohne dich klar", erwiderte ich trocken. Zu dumm, dass er sich ausgerechnet das gemerkt hatte.

„Sehr gut. Ich bin gleich wieder da."

Zielstrebig ging er auf das Haus zu. Öffnete die Tür zu dem Haus. Nicht, ohne sich zuvor noch einmal zu mir umzudrehen. Nur kurz, aber ich hatte es ganz genau gesehen.

In dem Gewimmel in dem Haus verlor ich ihn schnell aus den Augen. Hatte aber noch immer den Anblick von seinem Hintern im Kopf. Wobei ich alleine schon bei dem Gedanken daran rot wurde. Warum sollte ich ihm denn auch auf den Arsch glotzen?

Ich schüttelte den Kopf, um den Gedanken loszuwerden. Das lag bestimmt an der Uhrzeit. Und dass ich schon so lange wach war. Und dass ich heute Morgen noch im Training gewesen war. Jetzt war ich einfach so fertig, dass ich komische Gedanken bekam. Allein das war der Grund. Bestimmt. Was sollte es anderes sein?

Und Wenn Die Nacht Endet (Erik Durm)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt