Erleichtert atmete ich die angenehme Nachtluft ein. Die Sonne war untergegangen. Der Himmel verfärbte sich langsam in ein tiefes Schwarz. Ein paar Sterne glitzerten in der Nacht.
Mit einem Lächeln schaute ich nach oben. Es war so viel schöner hier draußen. Das komplette Gegenteil zu dem Menschengetümmel im Inneren. Kein Vergleich zu der stickigen Luft. Dem Geruch nach Schweiß und Alkohol. Dem ganzen Lärm. Dem Gekreische der Mädels, die Jungs auf sich aufmerksam machen wollten.
Tief sog ich die lauwarme Luft ein. Der Sommer war schon fast zu Ende. Aber noch war es angenehm warm hier draußen. Warum also sollte ich meine Zeit drinnen verschwenden? In dem stickigen Zimmer? Wenn es doch hier draußen so viel schöner war. Wenn ich mich doch so viel wohler hier fühlte als unter der Menschenmasse.
Ich ging ein paar Schritte nach vorne. Weg von der Glasfront hinter mir, durch die ich die tanzenden Leute beobachten konnte. Nur ein paar Vorhänge waren zugezogen.
Vor mir lag eine kleine Rasenfläche. Eine Sitzecke stand dort. Im Hintergrund eine hohe Hecke. Zwei schwach scheinende Bodenlampen spendeten sparsames Licht. Trennten die gepflasterte Fläche von dem Rasen.
Es war schön hier draußen. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier auf dieser Party einen Ort geben könnte, bei dem ich mich wirklich wohlfühlen würde. Bei dem ich das Gefühl hatte, ich selbst sein zu können. Er strahlte Ruhe aus.
Draußen. In der Natur. Da gehörte ich hin. Nicht auf irgendwelche Partys, die nur den Sinn hatten, sich abzuschießen und am Ende der Nacht so dicht wie möglich zu sein. Am besten noch so, dass man sich am nächsten Morgen nicht mehr daran erinnern konnte, was passiert war.
„Ach, da bist du hin", ertönte eine Stimme hinter mir. Für einen kurzen Moment dröhnte der Lärm von innen nach draußen.
Ich drehte mich nicht um. Seine Stimme hatte ich erkannt. Nicht der schon wieder. Dabei hatte ich schon gehofft, ihm so entkommen zu sein. Doch ich musste zugeben, dass der Ort mich hier ruhiger machte. Weniger abgeneigt dem Typen gegenüber. Zumindest weniger unfreundlich.
Er stellte sich neben mich. Die Hände in den Hosentaschen vergraben, wie ich vermutete. Sein Ellbogen streifte kurz meinen. Dann bewegte er sich nicht mehr. Stand still neben mir. Schaute ebenfalls auf die kleine Rasenfläche, die in dem schwachen Licht der Lampen einen beinahe magischen Schein hatte.
„Es ist schön hier", sagte ich nach einer Weile leise. So war er mir viel sympathischer. Wenn er einfach dastand und die Klappe hielt.
Noch sympathischer wäre er natürlich, wenn er sich in Sebastian Kienle verwandeln würde, aber naja. Das war jetzt eher unwahrscheinlich. Und im Moment war der Kerl neben mir gar nicht so schlimm wie drinnen.
„Mhm. Nur ein wenig frisch vielleicht."
„Ach was, stell dich nicht so an." Ich schüttelte den Kopf. Es war alles, aber nicht frisch. Angenehm kühl traf es eher. Erst recht nach der stickigen Luft drinnen.
„Du meinst, ich bin eine Memme?" Er klang ein wenig belustigt. Und ein kleines bisschen beleidigt.
Ich zuckte mit den Schultern. Konnte mir ein Grinsen aber dennoch nicht verkneifen. „Schon möglich." Meinen Blick hielt ich noch immer auf das Gras vor mir gerichtet. Spürte aber ganz genau, wie er mich anschaute. Mein Profil musterte. Andere genossen so etwas vielleicht. Von einem jungen Mann so ganz genau angeschaut zu werden. Ich fand es unangenehm.
Unruhig zupfte ich mir das Ende meines Zopfes über die Schulter. Schaute ihn dann doch an.
Er grinste ein wenig. Hatte einen ganz komischen Ausdruck in den Augen, den ich nicht deuten konnte.

DU LIEST GERADE
Und Wenn Die Nacht Endet (Erik Durm)
Fanfic„Ich bin nur wegen meinem Bruder hier. Er hat mich hierher gebracht.“ „Und wieso bist du dann noch hier, wenn es dir nicht gefällt?“ Ich lächelte nur. „Ist das nicht offensichtlich?“ Eine Party. Eine Begegnung. Eine gemeinsame Nacht.