Kapitel 29 ~ Nebel

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Mina

Es war als hätten meine Vampirsinne alle schlagartig beschlossen mir nicht mehr zu gehorchen und mich auf diesem verdammten, nebligen Feld allein zurückzulassen. Ich war so aufgeregt, dass ich vergaß richtig aufmerksam zu sein. Der Nebel legte sich dick und feucht um meinen Körper und immer wieder nahm ich Bewegungen wahr, die aus einer anderen Richtung zu kommen schienen. William umkreiste mich, so viel war klar. Doch ich wusste weder wo er sich gerade befand, noch wo er Lana gelassen hatte.

„William! Lass die Spielchen!" , rief ich ihm zu und konzentrierte mich darauf, meine Stimme zu festigen. Es gelang. Doch William reagierte bloß mit einem schaurigen Lachen. Sofort wandte ich mich nach links, wo ich ihn vermutete, doch da war nichts als weißer Dunst.

„Lana!" , rief ich weiter, doch diesmal blieb jede Reaktion aus. Hätte ich einen Herzschlag gehabt, hätte wohl auch dieser jetzt ausgesetzt.

Mein Mut sank, doch ich wollte nicht kampflos aufgeben. Ich ging weiter, in die Mitte des großen Feldes. Die Bewegungen um mich herum, die Hie und Da wahrzunehmen waren, versuchte ich zu ignorieren.

„Lana?" , rief ich noch einmal, als ich die Mitte des Feldes etwa erreicht haben musste und stehen blieb. Wieder nichts. Es war absolut still geworden

Plötzlich hörte ich etwas, ich wirbelte herum, doch es war bloß ein Rabe, der über dem Nebel davonflog und uns zurückließ.

„Angst, Mina?" , zischte es endlich aus der Dunkelheit. Fast war ich froh, dass etwas passierte und die Stille aufhob.

„Nicht vor dir." , zischte ich zurück.

„Nun, das ist schade. Deine kleine Freundin hatte Angst. So viel Angst ..." , die letzten Worte sprach er leise, wie ein Echo, welches sich langsam in dem Dunst verlor.

Wütend ballte ich meine Fäuste zusammen. Wenn Lana etwas ernstes passieren würde ... konnte ich mir das nicht verzeihen. Es war meine Schuld!

„Lass sie gehen, William. Was hast du denn davon?"

Wieder keine Antwort, doch meine Sinne waren endlich wieder geschärft und ich nahm ganz deutlich seine schweren Schritte auf dem matschigen Boden wahr. Er war zu meiner Rechten. Etwa 20 Meter von mir entfernt.

„Och. Was habe ich wohl von einem solch netten, menschlichen Mädchen?" , überlegte er beinahe freudig und ich konnte sein abartiges Grinsen fast vor mir sehen.

Immer weiter nährte er sich mir sehr langsam. Wie erstarrt blieb ich stehen und wartete auf den Mann, der mein altes Leben zerstört hatte. Nun wollte er wohl auch mein neues zu einem Scherbenhaufen zertreten.

„Mina." , säuselte er aus dem wabernden, dunklen Nebel und endlich konnte ich ihn schemenhaft erkennen. Zu meinem Entsetzten ließ er, gerade als ich hinsah, einen leblosen Körper auf den Boden gleiten. Lana!

„Du bist einfach nur widerlich!" , knurrte ich und jegliche Kontrolle meiner Menschlichkeit entglitt mir.

„Danke für die Blumen." , lachte er und setzte mit einem Sprung auf mich zu.

Im letzten Moment wirbelte ich herum, sodass William an mir vorbei sprang und mich nicht packen konnte. Fauchend und knurrend sah ich ihn an. Meine Zunge leckte über meine Fangzähne und wie ein Raubtier setzte auch ich zum Sprung an, um meinem Feind die Kehle durchzubeißen.

„Du hast keine Chance gegen mich." , lachte William. „Vegetarier wie ihr, sind schwach."

Natürlich hatte er Recht damit, dass es uns stärkte, wenn wir menschliches, frischen Blut tranken, doch ich wollte so nicht sein, also hatten Vlad und ich uns für Tierblut entschieden. Jetzt sollten wir die Quittung bekommen ...

„Das werden wir sehen." , keifte ich mit eine unnatürlich dunklen Stimme in der so viel Hass lag, wie ich aufbringen konnte.

Noch einmal setzte ich auf ihn zu, diesmal erwischte ich seinen Arm, da er nicht schnell genug zur Seite sprang. Durch den Nebel war alles verschwommen, doch ich sah seine hässliche Fratze, die mich lachend ansah.

„Keine Chance." , flüsterte er noch einmal und riss sich einfach von mir los, als wäre es nichts. Noch in der selben Sekunde drehte er sich so schnell, dass ich es kaum erkennen konnte und schlug mir mit der anderen Faust direkt ins Gesicht. Taumelnd wich ich zurück. Blut sickerte aus meiner Nase auf den schlammigen Boden, doch das würde gleich wieder heilen. Blind sprang ich nach vorn und erntete erneut ein höhnisches Lachen. Er spielte noch immer und ich hatte es satt!

Keuchend vor Schmerz drehte ich mich um mich selbst, um zu sehen wo er war, doch er hatte sich wieder im Nebel verkrochen. Dieses feige Stück!

„Komm raus!" , schrie ich und ging ein paar Schritte. Nichts.

Adrenalin schoss durch meinen Körper. Eines der wenigen, erhaltenen menschlichen Dinge. Ich spürte die nackte Angst in mir aufkommen. William war hier ganz klar im Vorteil. Er spielte mit mir, das war der einzige Grund weswegen ich noch am Leben war. Wahrscheinlich war auch Lana längst tot.

„Mina, Mina, Mina. Ich bin wahrlich enttäuscht von seinem Kampfgeist. Ich hatte mehr erwartet." , zischelte es zu meiner Linken.

Gerade als ich mich umwandte um dem nahenden Tod ins Augen zu sehen, packte mich etwas von hinten, riss mich von den Füßen und zerrte mich ein Stück mit. Vor Schreck schrie ich, doch das es nichts bringen würde war mir gleich klar. William musste noch jemanden mitgebracht haben. Verstärkung. Ich wehrte mich mit aller übriggebliebenen Kräften, doch es brachte nichts. Der Kerl warf mich zu Boden und meine Hände versanken im Schlamm.

Irgendwo, weiter entfernt aus der Richtung, aus der wir gekommen waren, lachte William.

„Ich wusste, du würdest kommen." , sagte er sehr leise, doch seine Stimme drang ohne weiteres zu den Nebel. Der Mann hatte sich mittlerweile vor mich gestellt. Gleich war es zu Ende.

„Natürlich komme ich!" , zischte er und es war als würde sich der Nebel für mich lichten. Vor mir stand keine Verstärkung für William, sondern für mich. Vlad!

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