6 Tage danach

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Ein gleichmäßiges Geräusch weckte ihn aus seinem leichten Schlaf. Ein Pochen, mehr ein Schlagen von Stein auf Metall. Aiden ließ die Fensterscheibe seines Autos etwas weiter herunter. Über Nacht, war sie nur einen Spalt breit offen gewesen. Nur weit genug, damit er nicht erstickte. Jetzt lauschte er an der Scheibe. Hörte wie das Geräusch kurz verstummte und dann wieder ansetzte.

Die seltsamen Wesen waren weitergezogen, weg von der Straße. Endlich konnte er wieder aussteigen. Durchatmen. Nur das Geräusch irritierte ihn. Er sah sich um, wollte wissen woher es kam.

Erlief vorbei an den stehenden Autos. Blickte in jedes hinein und achtete gleichzeitig aufmerksam auf seine Umgebung, wie ein Tiger der sein Revier durchstreift. Doch die Autos waren alle leer. Naja nicht wirklich leer, aber Menschen befanden sich nicht darin. Nur die Unmenschen, die seelenlosen Wesen, die die rote Flüssigkeit spuckten. Und sie klopften nicht. Diese Wesen klopften nicht. Nur ein Mensch würde mit einem Geräusch auf sich aufmerksam machen wollen. Ein letzter verzweifelter Hilfeschrei, wenn man nicht anders auf sich aufmerksam machen kann.

Das Pochen wurde lauter als Aiden weiterlief. Derjenige war hartnackig, hatte noch den Willen weiterzuleben. Ein Grund weiterzumachen. Anderen helfen. Wahrscheinlich der einige Grund weiterzumachen.

Neben dem Panzer blieb er stehen. Hier war es. Da, wo die Regierung noch versucht hatte zu helfen, alles unter Kontrolle zu bringen. Wo sie gescheitert war, wo ihre Leichen zu diesen Unmenschen geworden waren. Sie hatten sich vermehrt Tag für Tag. Bis sie unaufhaltsam waren und selbst Panzer keine Chance hatte.

Trotzdem klopfte es aus dem Panzer. Da war noch jemand drinnen. Jetzt musste er vorsichtig sein, durfte dem Menschen da drinnen nicht unnötig erschrecken. Vorsichtig pochte er von außen dagegen. Gegen den Rhythmus des anderen Klopfen. Das verstummte sofort und von drinnen ertönte ein dumpfe Stimme, eindeutig männlich: „Ist da draußen jemand? Können Sie mich hören?"

„Ja ich höre Sie sehr gut", sagte Aiden, vollkomme ruhig.

„Die Luke. Die Luke ist verklemmt. Ich habe mich gestern hier drinnen vor diesen Dingern versteckt. Jetzt geht die Luke nicht mehr auf und ich kann hier nicht raus", er weinte fast. Die Pure Angst und Verzweiflung sprachen da aus ihm. Es musste dunkel sein, da drinnen.

„Ich werde mir die Luke ansehen. Haben Sie keine Angst, wir finden eine Lösung", Hoffnung in eine Stimme zu bringen war schwierig, doch Aiden konnte es. Er hatte es jahrelang geübt. Menschen manipulieren, mit ihnen spielen, ihnen helfen, dass konnte er.

„Danke. Vielen Dank", schluchzte der Mann aus dem Panzer. Aiden versuchte hochzuklettern, verfluchte dabei in Gedanken die Klamotten, die er trug seit das alles angefangen hatte. Einen Anzug, schicke Lackschuhe und eine Krawatte, die er jetzt als Hilfe zum Hochklettern benutzte.

Die Luke war furchtbar schwer und klemmte tatsächlich. Er zog bis ihm die Finger schmerzten, doch sie bewegte sich kein Stück.

„Ich werde Hilfe holen. Alleine bekomme ich die Luke nicht auf. Bleiben Sie ganz ruhig, ich bin bald zurück", meinte Aiden und lauschte auf eine Antwort des gefangenen Mannes. Der gab nur ein leises Wimmern von sich.

Durch die Lackschuhe sprang er etwas unbeholfen vom Panzer hinunter. Wie sollte er nur Hilfe finden? Seit Tagen hatte eigentlich keinen Menschen gesehen und wer würde freiwillig Kraft und Zeit opfern, um einem völlig fremden zu helfen?

Aiden beschloss sich erst einmal darum zu kümmern, jemanden zu finden. Er musste auf sich aufmerksam machen, nur wie? Etwas, das auffiel wäre geeignet. Ein Signal, wie Licht zum Beispiel. Aber Strom aufzutreiben war gar nicht mehr so einfach. Autos, es gab Autos ohne Ende, viele davon waren aufgebrochen.

Radioactive *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt