Stegi's Sicht:
Der nächste Morgen lief fast schon routiniert ab. Tim machte wieder Frühstück, obwohl er immer noch nicht der beste Koch war. Ich deckte den Tisch und räumte danach wieder alles in die Spülmaschine. Ich war froh darüber, dass er bei mir war. Den restlichen Tag lagen wir zusammen faul im Bett rum und immer mal wieder fragte mich Tim noch mal meinen Lernstoff ab, welchen ich in den ganzen Büchern die ich auf dem Bett verstreut hatte noch einmal überflogen hatte. Er war wirklich zuckersüß. Er hätte seinen Sonntag garantiert auch schöner gestalten können, stattdessen unterstützte er mich.
"Du bist ein Schatz. Danke." , sagte ich nachdem er noch mal eines der Themen mit mir durchgegangen war und ich, wohlgemerkt, endlich alle Fragen richtig beantworten konnte.
Ich drückte ihm einen Kuss auf die Stirn und wuschelte ihm durch seine Haare, woraufhin er mit einem genervt aufstönte und lachte."Nicht meine Haare!"
Mahnend erhob er den Zeigefinger, was mich zum Lachen brachte. Dann wuschelte er mir ebenfalls durch die Haare und meinte, dass es doch selbstverständlich wäre und er die Zeit mit mir genießen würde, egal ob wir zusammen lernten oder nun etwas aufregenderes machten."Wir sollten mal zusammen verreisen. Einfach ein Auto mieten und wegfahren."
Ich war sichtlich überrascht. Ich wusste ja von Tims Spontanität, aber einfach so aus dem Alltag auszubrechen hätte ich selbst ihm nicht zugetraut. Trotzdem hatte ich unglaublich große Lust darauf. Allein die Vorstellung mit ihm zusammen von hier zu verschwinden machte mich glücklich und brachte mich dazu zu grinsen wie ein Vollidiot. Leider war mir ebenso bewusst, dass sich dies nicht verwirklichen lassen würde. Ich hatte inzwischen oft genug bei wichtigen Vorlesungen in der Uni gefehlt.
"Das wäre wundervoll, aber du weißt doch, dass ich hier nicht weg kann."
"Naja, also du kannst ja prinzipiell schon."
Er hatte Recht. Keiner konnte mich zwingen hier zu bleiben und unglücklich zu sein. Hatte ich es nicht auch endlich verdient mein Leben zu leben? Seit ich denken konnte lebte ich das Leben das andere von mir erwarteten. Ich hatte genug davon immer nach den Regeln anderer zu leben. Das war ja schließlich auch einer der Gründe warum ich auszog und meine Familie hinter mir ließ.
"Ich werd' es mir überlegen, ja?"
Vorsichtig strich ich mit meinem Handrücken über Tims Wangen und gab ihm anschließend einen leichten Kuss auf den Vorderkopf. Er würde es wert sein die Uni zu schwänzen.Am späten Abend richtete ich meine Tasche für die Uni am nächsten Tag und legte schon mal frische Klamotten heraus. Dann bot ich Tim noch ein Shirt von mir an, weil er bei mir übernachten wollte. Er lehnte dankend ab, er wollte mich wohl lieber wieder mit dem Anblick seines nackten Oberkörpers verrückt machen. Ich schmunzelte.
Er wollte unbedingt bei mir bleiben und mich morgen zur Uni begleiten um mich vor den Typen, die es auf mich abgesehen hatten, zu beschützen. Natürlich war das aufmerksam von ihm und ich liebte es ja wirklich Zeit mit ihm zu verbringen, dennoch hielt ich das für eine schlechte Idee. Er würde mich nur die ganze Zeit ablenken und ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken einen persönlichen Bodyguard um mich zu haben, der mich bei jedem meiner Schritte genaustens beobachtete. Ich konnte ihn dazu überreden mich zur Uni zu bringen und anschließend wieder abzuholen, da sich auf dem Unigelände ja sowieso keiner trauen würde jemanden zusammenzuschlagen oder zu bedrohen.
Gesagt - Getan. Tim fuhr am nächsten Morgen mit mir mit der Bahn zur Universität und anschließend in die Stadt um ein paar 'Besorgungen' zu erledigen.
Als ich dann nach den ganzen Vorlesungen wieder in Richtung Bahnhof laufen wollte, wartete Tim schon vor dem Uni-Gebäude auf mich. Wir umarmten uns kurz, mehr wie beste Freunde es taten, um kein Aufsehen zu erregen und machten uns dann gemeinsam auf den Weg zum Gleis auf dem in 17 Minuten unser Zug einfahren würde.
Unterwegs fragte er mich wie mein Tag gewesen sei und ob etwas vorgefallen wäre, worauf ich mit einem Kopfschütteln antwortete. Kurz vor unserem Gleis stellte sich uns dann jemand in den Weg. Tims Augen funkelten ihn jetzt schon, ohne überhaupt zu wissen was er von uns wollte, böse an.
"Hat der kleine Stegi wieder seinen Bodyguard dabei? Hat er Angst? Braucht er Hilfe, weil er so ein Schwächling ist?"
"Verpiss dich einfach, okay?" , fauchte Tim ihn an und legte seinen Arm schützend um meine Hüfte.
"Ih, gay oder so?"
Ich merkte wie Tims Hand an meiner Hüfte anfing zu schwitzen und er sich anspannte. Er musste eine unfassbare Wut in sich haben und langsam bekam ich Angst er könnte in eine Schlägerei geraten - wegen mir.
"Tim, lass uns einfach gehen, okay? Der isses doch nicht wert."
"Ja Tim, lass uns gehen." , äffte mich der gegenüber nach um weiter zu provozieren.Ich nahm Tim an der Hand und versuchte ihn weg zu zerren, jedoch bewegte sich dieser keinen Milimeter, ich war zu schwach.
"Ihr seid ja wirklich zwei Schwuchteln. Is' ja widerwärtig. Geht verrecken, alle beide."
Tims Geduldsfaden riss und ich sah wie er mit der einen Hand bereits eine Faust ballte. Den Typ gegenüber schien das relativ wenig zu beeindrucken, zumindest überspielte er seine Angst gut und er hatte wirklich mordsmäßiges Glück. Als noch zwei weitere Typen, vermutlich Kumpels von ihm, auftauchten, sah Tim ein, dass eine Schlägerei unangebracht war und ließ sich von mir zum Gehen überreden.
"Stegi-Schwuchtel, wir haben dich im Auge." , rief uns einer der Dreien hinterher. Ich konnte mich nur vage erinnern, doch ich meinte er wäre schon öfter dabei gewesen als sie mich zusammenschlugen oder bedrohten.
"Nimm die einfach nicht ernst. Würde ich die jedes Mal ernst nehmen wär' ich schon lange depressiv, wenn nicht schlimmer." , versuchte ich Tim wieder zu beruhigen und drückte vorsichtig seine Hand, welche immer noch in meiner lag. Ich spürte wie seine Anspannung verflog und sich seine Brust wieder in regelmäßigen Abständen hob und senkte. Ich war stolz auf ihn.
"Weißt du was, Timmi?"
"Hm?" , brachte dieser nur hervor.
"Diese Woche noch, dann verschwinden wir. Wir mieten uns, wie du's gesagt hast, ein Auto und fahren irgendwo hin. Einfach weg von hier, nur wir beide. Für ein oder zwei Wochen kann ich die Uni schon mal ausfallen lassen. Ich schreibe eh nur noch diese Woche Klausuren. Wir könnten ja dann direkt dieses Wochenede losfahren."
Tims Augen, sein Lächeln, sein gesamtes Gesicht strahlten mich an. Erst jetzt bemerkte ich die kleine Plastiktüte die er scheinbar schon die ganze Zeit mit sich schleppte. Er drückte sie mir in die Hand und ich zog einen Umschlag und ein kleines Prospekt aus ihr. Auf dem Flyer war Werbung für ein kleines Ferienhäuschen, abgelegen, in einem Wald c.a eine Stunde von hier und im Umschlag befand sich nichts weiteres als die Reservierungsbestätigung für die ganze nächste Woche.
Er wusste von Anfang an, dass ich ja sagen würde.
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"Willst du..?" - #Stexpert FanFiction
FanfictionStegi, 20, homosexuell und absolut unerfahren. Immer wieder erwischt er sich dabei wie er vor sich selbst davonläuft und versucht sich zu verstecken. Zu groß ist die Angst vor Misserfolgen, zu schmerzhaft wären die Enttäuschungen. Damit möchte der U...