Murphys Vorwort

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Caroline

Ich lehnte stumm an einem Baum und hielt wache. Nebenbei blickte ich in das noch flackernde Feuer.
Murphy saß auch irgendwo.

Nach kurzer Zeit begann ich wie wild zu zittern, versuchte es aber unscheinbar zu halten. Ich durfte keine Schwäche zeigen. Die Temperaturen müssten schon längst den Gefrierpunkt erreicht haben. Ich sah noch einmal zu dem Rebellen, aber er war nicht mehr da und ich lehnte mich verzweifelt an den Stamm des Baumes. Wenigstens konnte ich bei dieser Kälte nicht einschlafen. Ein Geräusch hinter mir ließ mich zusammen zucken. Ich blickte in die strahlend grünen Augen von John. Er musterte mich in einem neutralen Gesichtsausdruck und hielt mir seine Jacke hin.
,,A-Aber dann hast du keine... Es ist kalt", sagte ich schüchtern zu ihm.
,,Entweder nimmst du sie oder du erfrierst während wir hier Nachtwache halten."
Er sagte das mit solch einer Kälte, dass ich davon allein schon eine Gänsehaut bekommen hätte, wäre es nicht so schon kalt genug gewesen. Ich nahm ihm die Jacke zögernd aus der Hand und legte sie mir um. Das Kleidungsstück birgte seinen beruhigenden Duft in sich und ich hatte das Gefühl nicht länger frieren zu müssen.
Nachdem Murphy mich gefühlte 10 Minuten angestarrt hatte, meldete er sich wieder zu Wort: ,,Kommst du mal mit?"
,,Aber wir dürfen uns nicht zu weit entfernen."
,,Jaja, scheiß doch einfach mal drauf!"
Ich folgte ihm, der Ort war ein wenig abseits vom Lager. Aber was ich dort zu sehen bekam war... es war schöner als alles andere was ich jemals in meinem gesamten Leben gesehen hatte. Ich stand mit John in einer kleinen Lichtung. An den Bäumen ragten die unterschiedlichsten blauen Kristalle heraus, die den Waldabschnitt taghell erleuchteten. Für diesen Moment waren einfach alle Sorgen vergessen. Die Erde war so wunderschön.
,,Das...das ist einfach unbeschreiblich!"
Er grinste mich mit einem breiten Lächeln an: ,,Ich weiß, ich wusste das es dir gefällt."
Wir setzten uns beide an einen solchen Baum und genossen die friedliche Stille.
,,Warum wurdest du verhaftet? ...Du musst es mir nicht sagen, wirklich. Aber wenn es dir nichts ausmacht..."
,,Schon ok. Ich war noch ein Kind, als ich damals an einer schwerwiegenden Grippe erkrankte. Mein Vater wollte Medikamente für mich stehlen, die am Ende sowieso nicht geholfen hätten. Er wurde erwischt und als Strafe wurde mein Vater vom Vorsitzenden gefloatet. Meine Mum begann daraufhin zu trinken. Es war schon nicht mehr auszuhalten mit ihr. Ihre letzten Worte, als ich sie aus ihrer eigenen Kotze zog waren: ,,Du hast deinen Vater getötet!"
Sie ist an einer Alkoholvergiftung gestorben.
Echt schön...so etwas zu hören. Jedenfalls hat das Ganze einen Kurzschluss bei mir ausgelöst und ich bin mehr oder minder durchgedreht."
Als ich nach einer Minute vor Schock immer noch nichts dazu sagen konnte, setzte er noch hinzu: ,,Aber bilde dir ja nichts darauf ein, dass ich gerade so weich geworden bin!"

Nach seiner traurigen Rede wichen seine Blicke mir aus.
,,D-Das tut mir so schrecklich leid..." , stotterte ich vor mich hin.
,,Das bringt sie mir auch nicht wieder zurück. Und außerdem ist es nicht deine Schuld, auch nicht das ich jetzt so ein Arsch bin."
,,Du bist kein Arsch Murphy! Jeder macht seine Fehler...ich auch. Aber man kann diese auch wieder einbüßen. Niemand ist perfekt, vorallem nicht wir."
Jetzt sah er mich mit einem Lächeln an und strich verträumt eine Haarsträhne aus meinem Gesicht. Er kam meinem Gesicht immer näher, in diesem Moment raschelte (dummerweise) das Gebüsch und meine Schwester und Monty zeigten sich hinter dem Strauch. Sie sahen uns fragend an.
Als ich das bemerkte stand ich wie ausgewechselt auf und entschuldigte mich bei den beiden, dass wir uns so weit vom Lager entfernt hatten. Mein Kopf war aber immer noch leicht zu John gewendet und ich war wahrscheinlich knallrot.

The 100 - Never Expected LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt