Chapter 3-Er in meiner Wohnung

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„Was zum Teufel soll das?"
Fragte ich aufgebracht. Mist, ich hatte wirklich gerade vor aller Augen mit ihm getanzt. Und es leider auch sowas von genossen. Und das wusste dieser verdammte Mistkerl ganz genau.
„Mir kam es so vor, als hättest du es genossen."
Meinte er frech grinsend und seine perfekten Zähne zeigend. Oh doch, leider war er zu gut, mein Körper befand sich seinetwegen noch immer in Aufruhr.
„Ganz und gar nicht. Ich hätte das viel früher abbrechen sollen."
Log ich gekonnt und verschränkte die Arme. So fühlte ich mich etwas selbstbewusster. Mein Puls raste noch immer durch meinen Körper.
„Was fällt dir auch ein dich von hinten anzuschleichen."
Schnauzte ich ihn dann an, während ich hilfesuchend nach Sam ausschau hielt. Sie holte mich auch solchen Situationen normalerweise schnell raus.
Aber in Alecs Nähe funktionierten meine Gehirnzellen leider irgendwie nicht ganz so, wie sie sollten.
„Ich wiederhole, du hattest nichts dagegen."
Meinte er und legte den Kopf schief, während er locker die Hände in die Hosentaschen steckte.
Ja und genau das war auch das Problem.
„Hatte ich sehr wohl."
Zickte ich und reckte das Kinn.
„Du lügst."
Raunte er und trat näher an mich heran. Ich stand da wie angewurzelt und konnte meinen verräterischen Körper nicht bewegen.
Ich spürte seinen Atem auf meinen Lippen, was mich beinahe in den Wahnsinn trieb, als er sich zu mir runter beugte.
„G...gar nicht wahr."
Stammelte ich während seine Finger ganz unschuldig die Meinen berührten. Sofort kribbelte es. Ich versank im tiefen Grün seiner Augen und kurz schoss etwas wie Verwirrung durch seinen Blick. Dann hatte er sich aber wieder gefangen und grinste unausstehlich.
„Du hast es genossen, Paige."
Ich öffnete den Mund aber mein Gehirn hatte keine Schlaue Antwort mehr parat. Wie er meinen Namen aussprach, ich wusste gar nicht dass der sich so sexy anhören konnte.
„Siehst du."
Er machte selbstzufrieden einen Schritt zurück und schüttelte eine Strähne aus der Stirn.
Mir klappte der Unterkiefer auf. Dieses Arschloch spielte mit mir und ich war ihm voll in die Falle getappt. Aber so nicht mit mir. Da machte ich nicht mit.
Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich um und bahnte mir einen Weg durch die starrende Menge.
Auf halbem Weg zur Türe, denn ich musste hier dringend raus und an die frische Luft, kam mir Sam entgegen getorkelt.
„Wo warst du?"
Sie hickste und deutete auf das Klo hinter sich. Sie schwankte gefährlich und ich griff mir ihren Arm, um sie etwas zu stabilisieren.
„Aufm Klo. Du so?"
Lallte sie und ich hob ihren Kopf an.
Ihre Pupillen waren geweitet und ihre Augen gerötet, halb geschlossen.
„Scheisse, wie viel hast du gesoffen, Sam", wich ihrer Frage mehr oder weniger geschickt aus.
Am besten erzählte ich ihr nicht, dass ich gerade einen wahnsinnig heissen Tanz mit ihrem Angebeteten hatte.
Während sie sich wahrscheinlich auf dem Klo die Seele aus dem Leib gekotzt hatte.
„Ich will tanzen Paige, tanzt du mit mir?"
Nuschelte sie in meine Schulter, während ich mit Müh und Not versuchte, ihr Gewicht zu stämmen.
Deswegen hasste ich solche Partys. Ich war immer diejenige, die dafür sorgen musste, dass die betrunkene Sam wieder nach Hause kam.
Wie eine Nanny.
Ich schnaubte.
„Vergisst es, ich bringe uns jetzt nach Hause."
„Nein! Ich will nicht!"
Sie stampfte wie ein kleines Kind auf den Boden und ihre nackten Beine begannen zu zittern.
„Ich mag nicht mehr stehen...will mich setzen."
Stöhnte sie und ich liess sie langsam an der Wand hinunter gleiten.
Da sass sie nun, die Beine weit ausgestreckt und den Kopf seitlich weg geknickt. Sie hatte sich wirklich nicht mehr unter Kontrolle. „Shit." murmelte ich und fuhr mir durch die verschwitzten Haare und blickte mich im Raum um.
Es waren bereits deutlich weniger Menschen hier, ich hatte wohl die Zeit aus den Augen verloren.
„Paige...ich will nach Hause."
Sams Stimme war weinerlich und ich hätte sie gerade wirklich gerne hier liegen lassen.
Es hatte sie schliesslich niemand gezwungen, sich zu besaufen. Und ich war nicht dafür verantwortlich, dass sie heil nach Hause kam.
Aber sie war nunmal meine Freundin und als diese musste ich ihr einfach helfen. Ich seufzte und blickte auf mein Handy. Ein Uhr Nachts. Wow, war die Zeit schnell vergangen.
„Okay Sam, warte hier und geh nicht weg, ich hole kurz unsere Handtaschen, bin gleich zurück!"
Ich checkte kurz ob sie überhaupt noch bei Bewusstsein war, da sie aber ein schwaches Nicken zustande brachte, nahm ich an dass es okay war.
„Gut." murmelte ich und eilte wieder in die Richtung der Couch, wo Sam sich mit Alec unterhalten hatte. Dort hatte ich ihre Tasche zuletzt gesehen. Ich kam bei der abgewetzten Sitzfläche an, doch mehr als einige Alkoholflecken war dort nicht aufzufinden.
„Mist!"
Fluchte ich und rieb mir den Hals. Sam würde mich umbringen wenn sie Morgen kapieren würde, das ihr Portemonnaie und Handy weg waren. Zudem die Gucci Tasche.
„Suchst du die?"
Meinte dann eine Stimme hinter mir.
Ich drehte mich leicht gestresst um und da waren sie wieder. Diese waldgrünen, dunkeln und so verführerisch glitzernden Augen. Die wiederum zu einem unausstehlichen Kerl gehören.
„Ja. Vielen Dank."
Antwortete ich knapp und riss sie Alec aus der ausgestreckten Hand.
Er hob eine Braue und steckte die Hände in die Hosentasche.
„Nur nicht zu freundlich, du könntest ja am Ende noch sympathisch rüber kommen."
Merkte er trocken an und ich schenkte ihm einen giftigen Blick. Das konnte ich gerade nun wirklich nicht gebrauchen.
„Kannst du nicht zu deinen Freunden gehen und mich in Ruhe lassen?"
Motzte ich und suchte auf der Tanzflache nach meiner alten Clutch.
Er zuckte die Schultern.
„Würde ich ja, aber die haben alle eine abgeschleppt und ich will ja nicht stören."
Ich schnaubte herablassend.
„Na dann lass dich nicht aufhalten. Du findest bestimmt auch noch eine. Auch ein dummes Huhn findet mal einen Wurm, oder wie das heisst."
Er legte den Kopf schief und fischte meine mit Alkohol verseuchte Clutch vom Boden auf.
„Würde ich ja, aber die hat mich nach unserem Tanz abserviert."
Dieses Mal kein Lächeln auf seinem Gesicht. Mir war klar, dass es leere Worte waren. Als würde er es gar nicht ernst meinen.
Oder aber ich glaubte einfach zu sehr an das Gute im Menschen.
Er hatte es gesagt also auch so gemeint.
Ich blitzte ihn erbost an.
„Du bist ein Ekel. Für so eine Scheisse bin ich nicht zu haben. Such dir doch einfach eine andere aus, es hat ja genug."
Zischte ich und entliess ihn mit wedelnden Händen.
„Und jetzt entschuldige mich, ich muss Sam nach Hause bringen, nachdem du sie abgefüllt hast."
Er hob abwehrend die Hände.
„Nichts da, dafür kannst du mir nicht die Schuld geben. Ich kann nichts dafür dass sie mir wie eine Fliege am Arsch klebt und sie sich mit Bowle zuschüttet. Ich bin nicht ihr Vater."
Er hatte schon recht. Aber trotzdem.
„Red nicht so über sie! Sie findet dich toll und bemüht sich um Kontakt. Jemanden so von oben herab zu behandeln obwohl man weiss was er fühlt finde ich echt...scheisse von dir."
Meinte ich ernst. Mir war kein anderes Wort als scheisse eingefallen.
Er schwieg und beobachtete mich aufmerksam. Sein Gesicht war wie eine schöne Maske, was dahinter vor sich ging war kaum zu erraten.
„Du bist schon erstaunlich, Paige."
Ich hob eine Braue.
„Ahja?"
Mit spitzen Fingern hielt ich die Clutch von meinem Kleid fern.
Eigentlich hätte ich ihn längst stehen lassen sollen und wieder zu Sam zurückgehen, doch ein irrational denkender Teil von mir wollte sich wirklich gerne weiter mit ihm unterhalten.
„Ja. Als ich dich beim Tanzen beobachtete habe, schien es dir zu gefallen. Du hast die Aufmerksamkeit genossen. Und trotzdem ergreifst du jetzt Partei für eine andere, die hinter mir her ist?"
Ich lachte ironisch auf.
„Du solltest mal von deinem Egotrip runter kommen.
Mag sein das Sam auf dich steht, aber das wurd vorüber gehen. Du bist nicht gut genug für sie."
Er blickte mich nur an.
„Und bin ich gut genug für dich?"
Die Frage kam aus dem Nichts und ich zögerte, da mir keine schlaue Antwort einfiel. Dann beschloss ich, seinem Ego höchstpersönlich mal eine Lektion zu erteilen.
„Nein. Ich habe dich längst durchschaut. Solche Idioten wie dich gibt es schon genug an der Schule, mit einem mehr oder weniger komme ich auch klar. Aber wage es nicht dir einzubilden dass ich auch nur irgendwas an dir attraktiver finde als an einem Müllsack!"
Na gut, das war jetzt vielleicht etwas gemein gewesen. Und ausserdem eine Lüge.
Er schmunzelte. Die Worte schienen ihn also nicht beeindruckt zu haben. Dabei hatte ich gehofft, ihn irgendwie in seinem Stolz verletzt haben zu können.
„Ist notiert. Der Müllsack fährt euch dann mal nach Hause."
Überrascht hob ich den Kopf.
„Wirklich? Hast du ein Auto?"
Er zuckte die Schultern und wies aus dem Fenster.
„Nope, aber ich kann irgend eines kurzschliessen."
Ich verdrehte die Augen und er strich sich eine dunkle Strähne aus er Stirn.
„Kein Bedarf. Ich will da in nichts mit rein gezogen werden, ich verzichte."
Meinte ich schnippisch und drehte mich dann mit einem knappen Tschau von ihm weg.
Eilig stöckelte ich auf schmerzenden Füssen zu Sam zurück. Wer hatte nochmals beschlossen dass hohe, halsbrecherische Schuhe für Frauen eine Schönheitsnorm war?
Ich hätte doch in meinen Turnschuhen herkommen sollen.
Ich erreichte Sam und drückte ihr beide Handtaschen in die Arme.
„Halt das fest, kriegst du das hin?"
Im Halbschlaf nickte sie und mit aller Kraft hievte ich sie hoch auf ihre Beine.
Ich hatte das Gefühl, von einem Sandsack erdrückt zu werden, als wir langsam Richtung Ausgang humpelten.
Bei dem Tempo würden wir Morgen noch nicht zuhause sein. Und in sechs Stunden mussten wir bereits wieder aufstehen.
Ich stöhnte.
„Ich hasse dich Sam."
Ich zog sie weiter, die Veranda hinunter und mitten in die kühle Nachtluft hinein.
Tagsüber mochte es zwar heiss sein, jetzt aber fror ich erbärmlich in meinem kurzen, leichten Kleid.
Selber Schuld, ich hätte an eine Jacke denken sollen.
Ich schleppte sie durch den Garten während ich am liebsten diese vermaledeiten Schuhe von meinen schmerzenden Füssen gerissen hätte.
„Wieso kannst du dich nie normal verhalten, das ist echt anstrengend dich aus allem rausboxen zu müssen."
Beschwerte ich mich bei meiner halb bewusstlosen Freundin. Normale Leute hätten jetzt ein Taxi gerufen, ich war aber wirklich pleite und an Sams Geld wollte ich nicht ran.
Also würde es wohl der schwere Weg werden.
Bereits jetzt schon ausser Atem verliess ich das Grundstück und schleppte meine betrunkene Mitbewohnerin über die leere Strasse.
„Dafür schuldest du mir was, Sam."
Murrte ich und zog sie weiter hinter mir her wie einen Kartoffelsack.
Ich hatte trotzdem das Gefühl, nicht vom Fleck zu kommen. Ob sie noch bei Bewusstsein war, wusste ich schon gar nicht mehr.
Dann plötzlich löste sich ihr Gewicht in Luft auf, weshalb ich perplex hinter mich sah.
Ich stolperte, weil ich den Anblick nicht erwartet hatte.
Alecs Hand schoss vor und fing mich geschickt auf.
Sam hatte er sich einfach über die Schulter gelegt.
Was für ein Anblick.
„Was soll das werden?"
Kritisch beäugte ich den Typen, der Anstalten machte, ganz gemütlich neben mir her zu laufen.
„Als Müllsack ist es doch meine Pflicht, Jungfrauen in Nöten zu retten."
Er blickte leicht angeekelt über seine Schulter hinweg.
„Selbst wenn es sowas hier erfordert."
Fügte er dann hinzu.
Ich runzelte die Stirn aber war schlau genug um zu wissen, dass ich das Angebot nicht ablehnen sollte. Denn alleine würde ich sie nicht nach Hause schleppen können.
Also lief ich einfach schweigend neben ihm her und fror erbärmlich, während die kalte Luft über meinen verschwitzten Körper fuhr.
Er schwieg ebenfalls, es war eine ausgesprochen merkwürdige Situation.
Ich weigerte mich strikt, mit dem eingebildeten Typen zu reden.
Und er schien auch nicht vor zu haben, ein Gespräch zu beginnen.
Ich kickte eine leere Bierdose über den Gehweg, während ich versuchte, mit seinen langen Schritten mitzuhalten.
„Hier."
Meinte er nach einer Weile und hielt mir mit der freien Hand seine Lederjacke hin.
Sie sah gerade aus wie die Rettung aus der mir bevorstehenden Eiszeit des Heimweges.
Aber nein, jetzt nicht schwach werden. Er würde bloss wieder einee dumme, hochnäsige Anmerkung bringen.
„Ich brauch deine Jacke nicht, ich bin..."
„Eine starke unabhängige Frau die keinen Mann braucht. Jaja, jetzt nimm die Jacke, dein Zähneklappern nervt mich."
Meinte er bloss und wieder kitzelte er jedes bisschen Wut dass ich besass, aus mir raus. Er war wirklich verdammt gut darin.
„Du bist ein Arsch, hat dir das mal jemand gesagt?"
Schnauzte ich ihn an.
„Jeden Tag."
Er hielt sie mir immer noch hin. Schnell griff ich nach der Jacke, bevor er sich wieder um entscheiden konnte.
Wortlos legte ich sie mir über die Schultern und schlüpfte mit den Armen rein.
Sofort fühlte ich das weiche, warme Material an meinem Körper und atmete tief ein.
Wow roch das gut, eine Mischung aus Parfüm und...Jasmin.
Kurz sah mich Alec von der Seite an, dann lachte er trocken und schüttelte den Kopf.
„Was?" meinte ich grimmig und vergrub meine Nase im Kragen der Jacke.
Wieso musste er auch so anziehend riechen. Das machte es nur schwerer.
„Bist du so verbittert, dass nicht mal ein Dankeschön drin liegt?"
Meinte er und beobachtete mich von der Seite.
Okay gut, er hatte Recht. Ich war die grössere Person, ich konnte auch gut über meinen Schatten springen.
Also seufzte ich und sagte:
„Danke."
Kurz angebunden aber besser als nichts.
Er nickte kurz und wir bogen in die Strasse ab, in welcher ich wohnte.
„Wohin?"
„Gleich da vorn."
Wir tappten schweigend weiter. Trotzdem war die Stille nicht unangenehm.
„Wohnst du hier in der Nähe? Oder ist das ein grosser Umweg für dich?"
Alec blickte mich verschmitzt unter seinen Haarsträhnen an.
„Machst du dir etwa Sorgen?"
Ich schob die Unterlippe vor.
„Pff. Egocheck."
Machte ich nur, da mir nichts besseres einfiel.
Wieder mal. Schien in seiner Nähe öfters der Fall zu sein.
„Alsoo...du warst im Gefängnis, huh?"
Setzte ich dann an. Sofort verhärtete sich seine Miene und wurde wieder unlesbar. Ich hatte wohl einen Nerv getroffen.
„Du bist so etwa die dreihundertste Person, die mich das fragt. Ich kann deine komatöse Freundin auch gerne wieder fallen lassen."
Ich hob abwehrend die Hände.
„Schon gut, ich lass es."
Jetzt schwiegen wir wieder und dieses Mal war es unangenehm.
„So, hier ist es, gleich im 2. Stock."
Ich öffnete die Türe mit steifen Fingern und Alec marschierte einfach mit Sam auf der Schulter an mir vorbei.
„Kein Lift, natürlich. Der Müllsack darf also zwei Stöcke laufen."
Merkte er ironisch an. Langsam fing es mir an Leid zu tun, dass ich ihn so genannt hatte. Immerhin half er mir ja gerade. Und er schien das auch aus freien Stücken getan zu haben.
Während er sich die Treppe hoch arbeitete tappte ich mit lauten Schritten hinterher.
Und starrte sein breites, angespanntes Kreuz an.
Sams herunter hängender Kopf versperrte mir zwar grösstenteils die Sicht, aber wieso auch immer er im Knast gesessen hatte, dort musste er ganz schön trainiert haben.
„Warte, lass mich kurz vorbei."
Murmelte ich und quetschte mich an ihm gefährlich nahe auf dem engen Gang vorbei, um die Wohnungstüre zu öffnen.
„Wieso nur habe ich das Gefühl dass du meine Nähe suchst, Paige."
Grinste er und seine flaschengrünen Augen funkelten frech. Irgendwie total Anziehen. Nein! Überhaupt nicht anziehend Paige, was dachte ich da nur! Das war die späte Uhrzeit. Ich war einfach keine Nachteule.
„Dann...musst du wohl blind sein denn so ist es nicht."
Stiess ich hervor und betrat schnell die, noch immer nach Nudeln stinkende kleine Wohnung.
Dabei surrte mein ganzer Körper, weil ich damit den seinen gestreift hatte.
„Warte, bring sie hier rein dann kannst du sie aufs Bett legen."
Es war mir egal, ob er Sams Zimmer sah, ihre Privatsphäre zu brechen war gerade jetzt eine Notwendigkeit. Sie würde es mir schon nicht übel nehmen.
„Die Wohnung passt gar nicht zu ihrem Zimmer."
Merkte Alec mit gerunzelter Stirn fest, als er sie ziemlich unsanft aufs Bett plumpsen liess.
Es quietschte und sie ihr Kopf kippte zur Seite. Sie schlief wie ein Stein. Na toll.
„Also versteh mich nicht falsch, überhaupt eine Wohnung zu haben ist toll, aber bei all den Markenklamotten hier könnte sich die Trulla da doch ein ganzes Appartement leisten."
Er spielte wohl auf die überquellenden zwei Kleiderschränken an, die Sam nicht zu bändigen vermochte.
Ich hielt Sam zwei Finger unter die Nase um sicherzustellen, dass sie noch atmete.
Dann deckte ich sie zu. Alec lehnte am Türrahmen und beobachtete mich aufmerksam dabei.
„Das liegt dran dass Sams Familie reich ist. Und nenn sie nicht Trulla, kapiert?"
Erklärte ich kurz und knapp.
Dank scheuchte ich ihn aus dem Zimmer und schloss möglichst leise die Tür.
„Wieso wohnt sie dann mit dir hier?"
Ich lächelte ihn süffisant an.
„Das hört sich ja an als wäre es eine Qual, mit mir zu wohnen."
Meinte ich betupft und Alec verdrehte die Augen.
„Das ist mein Part."
Merkte ich an, ich war die, die immer die Augen verdrehte. Er musste gar nicht erst damit anfangen.
„Ich meine ja nur. Sie müsste nicht so leben, also wieso tut sie es?"
Er schlenderte wieder ins Wohnzimmer zurück und inspizierte dabei die Möbel die herum standen. Mit Ordnung hatte es Sam wirklich nicht so und ich kam nicht damit hinterher, ihr Chaos jeweils aufzuräumen. Mein Zimmer war eigentlich der aufgeräumteste Fleck in dieser Wohnung. Nicht, dass er den zu sehen bekommen würde.
„Lange Geschichte."
Es fühlte sich falsch an, Sams private Geschichte auszuplaudern.
Er schüttelte den Kopf und sein Blick wurde herablassend. Eine Emotion, erstaunlich, dass er das doch drauf hatte.
„Nein, ich kenne solche Frauen."
Ich lachte und schüttelte den Kopf.
„Natürlich tust du das. Du bist ein Frauenkenner. Dann schiess doch mal los."
Ich verschränkte die Arme und sah ihn herausfordernd an. Sollte er seine Vermutung vor sich her stammeln. Es würde mir eine Freude sein, ihn zu korrigieren.
„Sie hat offensichtlich wohlhabende Eltern. Aber mit denen hat sie ein Probelm. Ich vermute, es ist der Vater. Aus Protest will sie ihm eins auswischen und wählt einen Lebensstil, den ihm nicht gefällt. Dazu umgibt sie sich mit ebenfalls nicht wohlhabenden Freundinnen, um das Ganze komplett zu machen. Aber trotzdem lässt sie sich von Daddy aber noch durchs Leben helfen, wenn sie ihn mal braucht."
Er holte Luft und blickte mich an.
„Und, wie war ich?"
Ich war sprachlos. Woher wusste er das?
War er irgendwie ein Verhaltenspsychologe oder sowas?
„Naja...ganz ok, denke ich."
Ich kratzte mich am Hals, das war jetzt irgendwie sehr negativer rüber gekommen, als ich es bescheieben hätte.
Er nickte zufrieden.
„Sagte ich doch. Ich kenne solche Frauen."
Ich äffte ihn augenrollend nach.
„Erbärmlich."
Mein Blick schnellte wieder zu ihm.
„Was?"
Er blickte aus dem sauber geputzten Fenster, von dem aus man wieder direkt auf die Strasse und die Tramstation weiter vorne sehen konnte. Ich weiss, kein wahnsinniger Ausblick aber zum Lüften reichte es aus.
„Man sollte dazu stehen wer man ist. Offensichtlich geniesst sie ihren Reichtum, wieso also halbe Sachen machen und hier leben. Solche Menschen sind Willensschwach, sonst nichts."
Ich lachte laut auf ab seiner ernsten Miene.
„Glaub mir, Sam ist der grösste Sturkopf den es gibt! Deine Einschätzung ist leider Falsch, Herr Psychologe."
Er wandte sich vom Fenster ab und trat näher zu mir.
„Nein, war sie nicht."
Meinte er mit gesenkter Stimme und seine Arme schlossen sich hinter meinem Rücken zusammen.
Ich lehnte mich zurück um ihm nicht zu nahe zu sein.
Hauptsächlich weil ich dann nicht mehr klar denken konnte.
„Willensstark und Stur ist was anderes. Kleine Kinder und unbelehrbare Menschen sind stur.
Willensstarke Menschen geben nicht auf, egal was sie wollen, sie kriegen es irgendwann. Weil sie darauf hin arbeiten. Und sich von nichts und niemandem aufhalten lassen."
Sein Blick haftete an meinen Lippen und ich leckte mir nervös darüber. An dem Zucken, dass durch seine Mundwinkel ging zu urteilen, war das die falsche und verräterische Reaktion gewesen.
„Würdest du dich denn als Willensstark bezeichnen?"
Piepste ich leise. Meine Stimme hatte mich also auch im Stich gelassen. Vielen Dank dafür.
In seinen Augen schien wieder eine Flamme aufzulodern, und ich war der Sauerstoff der sie nährte.
Er beugte sich etwas vor.
„Ich kann es dir zeigen, wenn du willst."
Raunte er mir ins Ohr und seine Hände legten sich wieder sanft auf meine Hüfte.
Wie konnte Jemand so grosses und breit gebautes so leichte Berührungen zustande bringen?
Ich atmete stockend aus. Mein Körper schrie ein lautes Ja und mein Hirn...nunja das wollte es ebenfalls.
„O...okay."
Murmelte ich, während seine Finger langsam meine Kurven hoch fuhren.
Verdammt fühlte sich das gut an. Sowas hatte ich schon viel zu lange nicht mehr gefühlt. Ich schauderte und schloss die Augen.
Ich spürte seinen warmen Atem auf meinen Lippen.
Mein Herz raste wir verrückt.
Er war kurz davor mich zu küssen. Und ich stand nur da und wartete darauf.
War bei mir eigentlich noch alles richtig? Ich hatte noch nie jemanden geküsst, den ich gerade mal einen Tag kannte. So war ich nicht. Das war unverantwortlich. Und ich würde nichts tun, was ich danach wieder bereute. So war ich einfach nicht.
Zudem liess ich mich nicht von ihm verarschen, egal welches Spielchen er jetzt spielte.
Ich zuckte zurück und öffnete die Augen.
Er ebenfalls. Hatte er sie etwa auch geschlossen gehabt?
Wartend und schweigend blickte er mich an.
Scheisse, was sollte ich jetzt zu dem 1.90 Typen in meinem Wohnzimmer sagen, den ich gerade fast geküsst hätte?
Mein Hirn ratterte.
„Weisst du, ich habe mir überlegt, du kannst hier schlafen, wenn du willst. Auf der Couch natürlich."
Er hob grinsend eine Augenbraue.
„Wo denn sonst?"
Ich versuchte, die in meinem Kopf aufsteigenden Bilder zu ignorieren. Er sah aus als wüsste er genau, an was ich gerade dachte. Ihn und mich, verschwitzt unter einer Decke. Nein, falscher Gedanke. Weg damit.
Ich zuckte die Schultern.
„Es ist sowieso schon spät, und bis du Zuhause bist..."
Ich liess den Satz unbeendet und kramte aus dem
Schrank neben der Wohnungstür eine Decke und zwei platt gedrückte Kissen heraus.
Damit auf den Armen marschierte ich zur Couch und drapierte alles schön ordentlich.
„Als Danke für deine Hilfe. Nur deswegen."
„Natürlich."
Alec beobachtete mich dabei.
„So. tada."
Ich wies auf das notdürftige Bett und er kam wieder auf mich zu. O manno, dabei hatte ich mir grad so viel Mühe gemacht, Abstand zwischen uns zu bringen.
„Danke, Bambi."
Meinte er schief grinsend und mit so einem intensiven Blick, dass ich einfach zurück starren musste.
„Wie bitte?„
Schnauzte ich.
Er tippte mir auf die Nase.
„Bambi. Weil du mich mit grossen dunkeln und unschuldigen Augen ansiehst. Das kann einen ganz kirre machen."
Den letzten Satz murmelte er nur leise aber ich verstand ihn trotzdem. War das was gutes oder schlechtes.
„Inwiefern kirre?"
Er antwortete nicht und streckte sich gemütlich auf dem Sofa aus. Auch egal.
„Ich will aber nicht, dass du mich so nennst, verstanden?"
Meinte ich empört. Ich war kein hilfloses Reh das im Scheinwerferlicht erstarrte. Ausserdem hatte er gar nicht das Recht, mir einen Spitznamen zu verpassen. Dafür kannten wir uns nun wirklich nicht gut genug.
„Pech gehabt. Ich mag den Namen."
Ich seufzte. Es war zu spät zum diskutieren.
Aber Spitznamen waren was für Pärchen oder Freunde und das waren wir beides offensichtlich nicht. Und auch nichts anderes.
Mit verschränkten Armen beobachtete ich, wie er sich das Kissen zurecht klopfte und sich zudeckte.
Irgendwie süss.
„Was guckst du so?"
Meinte er. Mist, ich hatte zu auffällig gestarrt.
An dieser Fähigkeit musste ich echt noch etwas feilen.
„Ich habe mich nur gefragt wieso du uns geholfen hast. Einfach so."
Alec schloss die Augen und grinste vor sich hin.
„Nicht einfach so, Bambi. Sondern weil du mir jetzt was schuldig bist. Und ich werde es mit Freude einfordern. Irgendwann."

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