Sams Vater hatte mich wenig freundlich in seinem Heim begrüsst, hatte aber akzeptiert, dass ich für eineinhalb Monate hier bleiben würde. Es schien als hätte Sam in diesem Haus die Hosen an.
Die Schule war schlimm gewesen.
Schlimmer als ich es mir ausgemalt hatte.
Alsbald die Schülerinnen und Schüler kapiert hatten, dass ich Alec aus dem Weg ging und wir nirgends mehr zusammen zu sehen waren, begann die Gerüchteküche heftig zu brodeln.
Ich versuchte, dem allem zu entkommen indem ich von Unterrichtsstunde zu Stunde eilte und mich völlig auf den Stoff konzentrierte.
Cindy war die Einzige gewesen, der ich die Wahrheit noch erzählt hatte. Und sowohl sie als auch Sam liessen mich keine Sekunde alleine. Dafür war ich ihnen sehr dankbar.
Cindy hatte mir erzählt, dass Felix mit ihr bei der kommenden Party bei Marco zuhause reden wollte. Das freute mich für sie. Ich hoffte wirklich, dass sich die beiden wieder vertrugen.
Der Tag floss so dahin und ich wusste, dass irgendwann der unausweichliche Moment da war.
Und da kam er auch.
Alec. Den Gang hinunter, flankiert von den anderen Footballspielern, einige hielten noch ihre Helme in den Händen.
Und ich ging direkt auf ihn zu. Ich musste es tun. Um stark zu wirken und nicht wie das Häufchen Elend, das ich eigentlich war.
Ich steuerte ihn geradewegs an.
Als er mich entdeckte spannten sich seine Muskeln unter dem Trikot an.
Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, als hätte er nicht geschlafen. Und einen Riss an der Lippe, der stammte wahrscheinlich von Rick. Und trotzdem sah er noch so verdammt gut aus.
Ich beschloss, es so schnell zu machen wie es ging. Denn ich wusste, dass mich gerade alle anstarrten. Niemand wollte verpassen, was zwischen Alec und mir geschah. Aber ich würde sie enttäuschen denn da würde rein gar nichts mehr passieren.
Ich hob das Kinn in die Höhe und erwiederte Alecs brennenden Blick.
Ich hielt direkt vor ihm an und schlug ihm einen ordentlich gefaltenen Brief an die Brust.
Er runzelte die Stirn und sah nach unten, dann nahm er ihn aus meiner Hand. Unsere Finger streiften sich und ich schluckte.
„Was ist das?"
Seine Stimme klang rau.
„Das ist die Kündigung. Für die Wohnung. Du kannst dir wen anderen suchen. Meine Sachen lasse ich im Verlauf der nächsten Woche abholen."
Meinte ich kalt und sachlich. Er sollte nicht sehen, wie weh mir das tat.
Kurz wanderten seine Augen suchend über mein Gesicht, als wollte er dort die Liebe für ihn entdecken, die ich tief weggeschlossen hatte.
Dann nickte er nur langsam und blickte wieder auf den Brief hinunter, sodass ich den Ausdruck in seinen Augen nicht sehen konnte. Einige Strähnen seiner frisch gewaschenen Haare fielen ihm in die Stirn. Ich durfte sie nicht weg streichen. Damit war es auch vorbei.
„Okay."
Sagte er dann und sah mir wieder in die Augen. So schöne Augen.
Ich atmete tief ein und nickte ebenfalls.
„Fein."
Dann drehte ich mich auf dem Absatz um und lief so schnell ich konnte wieder zu Sam und Cindy die mich so gut es ging vor der gaffenden Menge verbargen. Alec hatte nichts mehr gesagt. Was gab es da auch noch zu sagen. Ich hatte es gerade auf dem offiziellsten Weg der möglich war beendet. Vor der ganzen Schule.
„Gehts?"
Fragte Sam leise und ich versteckte mich halb in meinem geöffneten Spind und versuchte die Tränen zu unterdrücken.
„Ja, es geht."Ich sass bei Sam zuhause. Die Woche war vergangen wie im Flug. Felix und einige andere nette Helfer hatten meine Sachen vorübergehend zu Sam gezügelt. Sie hatte genug freie Zimmer, um sie dort zu lagern bis ich mit dem Studium begann. Für dieses hatte ich mich auch beworben. Eine gute Uni, an der man studieren konnte, was ich wollte. Psychologie. Sie war nicht so überragend wie die Brown oder Camebridge. Aber sie war gut. Und ich hoffte wirklich auf eine Zusage.
Ansonsten hatte ich mich sehr aufs Lernen konzentriert. Jede Freie Sekunde hatte ich für die anstehenden Klausuren des letzten Schulsemesters gelernt. Das hatte mich super abgelenkt. Und in der Schule hatte ich mich mittlerweile an die Blicke gewöhnt, die mir zugeworfen wurden.
Gerade jetzt sass ich also auf Sams Bett. Cindy war auch da. Die zwei bereiteten sich auf die anstehende Party an. Die letzte vor den Klausuren.
Ich starrte auf meine Hände.
„Gehts?"
Meinte Sam und legte besorgt eine Hand auf meinen Arm. Ich schluckte. Jetzt einfach nicht wieder anfangen zu heulen Paige. Das wäre sowas von erbärmlich.
„Ja, geht schon."
Murmelte ich und kuschelte mich etwas mehr in den Hoodie, den ich trug. Er war von Cindy.
Diese stand gerade vor Sams Kleiderschrank und warf ein Kleid nach dem anderen hinter sich. Sie sah aus wie ein Hund, der ein Loch in die Erde grub. Nur anstatt der Erde waren es Kleider, die herum flogen.
Ich sass auf dem grossen Doppelbett, dass ich mir die letzten Tage mit ihr teilte und Sam gesellte sich gerade zu mir.
„Du musst endlich aufhören, den ganzen Tag nur darüber nachzudenken. Das wird nicht einfach besser."
Kommentierte Cindy, während sie sich ein glitzerndes Oberteil vor dem Spiegel an den Körper hielt.
„Das ist einfacher gesagt als getan. Wenn man so hintergangen worden ist, ist es normal, das man Zeit braucht, um es zu verarbeiten." meinte Sam tröstend und ich versuchte ein schwaches Lächeln. Alles in mir tat weh. Und ich wäre am liebsten in Selbstmitleid ertrunken.
„Ich weiss nur nicht, wie mit das passieren konnte. Ich war so vorsichtig und ich bin einfach auf ihn reingefallen."
Meine Stimme klang brüchig, gleich war es wieder soweit. Ich würde heulen.
„Und ich dachte wirklich, dass er mich lieben würde."
Cindy seufzte.
„Das ist unser Schicksal. Wir Frauen haben ein Händchen dafür, uns die falschen Männer auszusuchen."
Ich beobachtete sie, wie sie ihre perfekte Figur in ein oranges Kleid mit schwarzem Muster zwängte.
Ich konnte ihr ja nicht sagen, das Felix heute Abend alles mit ihr klären wollte. Hatte er mir zumindest versprochen. Vielleicht war sie danach ja wieder glücklich. Ich wünschte es ihr.
„Nicht alle Männer sind schlecht, es gibt noch Hoffnung."
Lächelte Sam und Cindy schnaubte.
„Ja klar, dein geheimnisvoller Lover ist natürlich die Ausnahme."
„Ist er."
Ich sah Sam fragend an und sie warf mir einen vielsagenden Blick zu. Cindy wusste also nicht Bescheid über sie und ihren Therapeuten.
„Jaja, klar."
Cindy drehte sich schwungvoll zu uns um.
„Locken oder geglättet?"
Ich blinzelte die Träne aus dem Augenwinkel.
„Lockig."
Cindy legte den Finger an die Wange.
„Aber glatt wirkt heisser, nicht?"
Sam und ich sahen uns nur hilflos an.
„Denke schon."
„Gut. Ich liebe Marcos Partys, da läuft immer was. Und es ist die perfekte Ablenkung von den anstehenden Prüfungen und von...anderen Problemen."
Ich seufzte, weil ich genau wusste, worauf es nun wieder hinaus laufen würde.
„Nein."
„Bist du dir sicher?"
Fragte Cindy mit Hundeblick.
„Zu dritt wäre es so viel cooler! Komm schon."
Ich schüttelte abwehrend den Kopf.
„Wisst ihr nicht mehr, was an der letzten Party passiert ist, an der wir waren?"
Cindy zuckte die Schultern.
„Natürlich weiss ich das. Aber Alec geht auch hin, das weiss ich von Marco."
Ich presste die Lippen zusammen.
„Man, du sollst doch seinen Namen nicht sagen", zischte Sam vorwurfsvoll und legte den Arm um mich, als wäre ich eine psychisch instabile Gestörte.
„Tschuldige", nuschelte Cindy schuldbewusst und setzte sich ans Fussende des grossen Bettes.
„Wenn er dort ist, ist es ein Grund mehr, mich dieser Party nicht zu nähern."
Ich zog ein Kissen vor meinen Bauch und stützte das Kinn darauf ab. Es tat einfach so weh. Überhaupt der Gedanke daran, an ihn. Sein Gesicht, seine Augen, die Liebe darin. Seine Küsse. Ich konnte einfach nicht glauben, dass das alles gespielt war. Ich war überzeugt gewesen, dass ich endlich den Mann gefunden hatte, der zu mir passte.
Scheisse, es tat so weh. Ich schloss die Augen um mich zusammenzureissen.
„Doch, genau weil Alec auch dort ist, solltest du hingehen."
Sagte Cindy. Sam musste irgendeine Geste gemacht haben, denn kurz darauf sagte sie: „Was? Nein, ich finde nicht dass sie sich hier elendig verkriechen soll, während dieser Arsch die nächste aufreissen geht."
Ich öffnete die Augen und schniefte einmal. Eine Träne rann meine Wange hinunter.
„Hey, wir sind für dich da Süsse. Aber ich finde, du musst ihm beweisen, dass es dir gut geht und dass er keine Träne wert ist."
Ich sah Cindy an. Sie war eine ziemlich starke Frau, ob sie das wusste? Ich bewunderte sie dafür.
„Aber das ist doch kein Niveau, wenn ich das abziehe."
Meinte ich kleinlaut und Sam schnaubte. Sie erhob sich wieder vom Bett, worauf ich nach hinten ins Kissen kippte.
„Das was er mit dir abgezogen hat, war ja wohl auch kein Niveau."
Merkte sie an. Ich blinzelte und rieb mir die Augen.
Vielleicht hatten sie ja recht. Vielleicht musste ich versuchen; weiterzuleben. Und vielleicht, so kindisch es auch war, tat es mir ja gut, Alec auch eins auszuwischen.
„Ihr habt recht."
Meinte ich und Cindys Blick hellte sich auf.
„Natürlich habe ich das! Du wirst es geniessen und Alec einfach mal für eine Nacht vergessen."
Sam gluckste amüsiert.
„Und wenn er dir irgendwie zu nahe kommt, dann töte ich ihn. Ganz einfach."
Ich lächelte leicht.
„Danke...ich wüsste nicht was ich ohne euch tun würde."
Cindy sprintete zu ihrem Kleiderschrank.
„Ohja. Und jetzt schüttest du dir erstmals Augentropfen rein, damit ich dich anständig schminken kann."
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Take me to the stars
Romance•"Ich meine es ernst, Alec. Ich gehöre Niemandem." Er drückte mich an die Wand und seine Lippen auf meinen Hals. Dann sah er mich zufrieden an. "Jetzt schon."• Seit Paige die Newton High besucht, hat sie die Legenden über den beliebtesten, heisseste...