Familystories

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POV: Ardy

Zuhause angekommen, lief ich ohne auf meine Ma zu achten in mein Zimmer, wo ich meinen Rucksack in eine Ecke schmiss und mich ins Bett fallen ließ. Ich könnte jetzt schon wieder schlafen. Ich fand es einfach nur schrecklich anstrengend zu leben, warum war mir selbst nicht ganz bewusst. Ich nahm mein Handy aus der Hosentasche und checkte die Nachrichten. Nichts neues, wirklich gar nichts. Ich installierte mir eine App ‚Tumblr. ' Ich hatte sie früher schon einmal. Redete einfach über meine Probleme, zitierte oder rebloggte. Tumblr. Half mir. Ich konnte einfach anonym über meinen Vater reden und darüber, wie er schon oft zugeschlagen hatte. Außerdem konnte ich von den Problemen in der Schule und meinen nicht vorhandenen Freunden erzählen. Und ich konnte ganz offen sagen, dass ich schwul war. Dort ging es vielen Bloggern ähnlich wie mir und wir teilten unsere Erfahrungen. Ich beschloss mir einen neuen Blog zu erstellen und nach einer Stunde war ich mit dem Design zufrieden. Ich suchte nach anderen Blogs und rebloggte ein bisschen. Plötzlich bekam ich eine Nachricht „Ich bin froh, dass du trotz deinen Problemen noch lebst und ich hoffe, dass du dich nicht selbst verletzt. Bleib stark. Deine Followerin A." Ich lächelte kurz. Das war irgendwie süß. Ich schaute auf die Uhr. 19:34 Uhr, zeigte diese an. Wann war es so spät geworden? Meine Mutter rief mich zum Essen, weshalb ich mein Handy neben mich aufs Bett warf und aufstand. Ich trottete lustlos in die Küche. Ich hatte keinen Hunger, als ich jedoch sah, dass mein Vater anwesend war, setzte ich ein gefälschtes Lächeln auf. „Guten Abend liebe Familie" sagte ich und versuchte es so echt wie möglich klingen zu lassen, weil ich mir Keine fangen wollte. „Guten Abend, Sohn.", gab mein Vater zurück. Ha! Er wusste ja nicht mal mehr meinen Namen. „Setz dich!", schrie er und riss mich aus meinen Gedanken. Ich setzte mich. Meine Mutter nahm seinen Teller und legte ihm ein saftiges Steak drauf, außerdem noch allerlei Beilagen. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, auch wenn ich jetzt schon wusste, dass ich keins bekommen würde. Meine Mutter stellte ihm seinen Teller wieder auf den Tisch. „Möchtest du noch etwas zu trinken, mein Schatz?" fragte meine Mutter und lächelte ihn an, doch in ihren Augen konnte man den Schmerz erkennen. Sie war es leid, das Hausmädchen für ihn zu spielen, schaffte es aber aus Angst nicht sich von diesem Ekel zu trennen. Wieso musste er mein Vater sein? Seine kratzige Stimme ertönte und er verlangte nach einem dunklen Bier. Es war kein schönes oder vielleicht erotisches Kratzen, mehr das kratzen, welches die ewige Schreierei, der Alkoholkonsum und das Rauchen mit seiner Stimme gemacht hatten. Nachdem meine Mutter ihn bedient hatte nahm sie meinen Teller und packte mir etwas Reis drauf und Ketchup. Sie wusste, dass ich es nicht gern aß, weil es so trocken war, deshalb schaute sie mich auch entschuldigend an. Als sie sich selbst ebenfalls eine Portion genommen hatte wünschte sie uns einen guten Appetit. Ich fragte mich oft, woher sie die Kraft nahm zu lächeln, auch wenn ich wusste, dass jedes ihrer Lachen oder ihr Lächeln falsch war. Früher konnte sie noch lächeln und auch in der Zeit, in der sie etwas mit einem Typen namens Kai hatte war sie glücklich, doch als mein Vater es rausgefunden hatte war es wieder verschwunden. Er hatte sie damals Krankenhausreif geprügelt und sie anschließend gezwungen den Kontakt abzubrechen. Ich begann zu essen. Irgendwann hatte mein Vater auch mal die Regel aufgestellt, dass man beim Essen nicht mehr als ein Glas Wasser trinken darf, weshalb ich Reis wohl nun noch mehr hasste und Flaschen mit Getränken unter meinem Bett bunkerte. Es war nicht so, dass es uns an Geld fehlte und wir sparen mussten, es war einfach so, dass mein Vater ein mieser Typ war und meiner Mutter und insbesondere mir nichts gönnte. Vor allem seit er mitbekommen hatte, dass ich nicht auf Mädchen stehe. Am Anfang hatte er mich deshalb täglich geschlagen und mich angeschrien, dass ich zur Vernunft kommen solle. Ja er war Homophob. Die Schläge hatte er irgendwann sein lassen, aber seit dem durfte ich kaum noch etwas essen. Wo wir grade wieder dabei waren, ich steckte mir gerade die letzte Gabel Reis in den Mund und schluckte die scheinbar immer mehr werdende, trockene Masse irgendwie runter. Dann wartete ich und beobachtete ihn wie er dieses wundervolle Steak aß. Eigentlich ernährte ich mich ja Vegetarisch, aber wenn es einmal im Jahr Steak gab, dann konnte ich nicht widerstehen... Naja jedenfalls früher. Meine Mutter und ich dürfen ja laut ihm keins mehr essen. Als meine Eltern dann auch mit essen fertig waren stand mein Vater einfach auf nahm sich seine Jacke und meinte irgendwas davon, dass er in einer halben Stunde wieder da sei und meine Mutter im Bett erwartete. Dann viel die Tür ins Schloss. Meine Mutter begann zu weinen und ich zog sie in eine Umarmung. Mein Vater zwang meine Mutter immer mit ihr zu schlafen... hinterher hatte sie immer blau-lila Flecken am ganzen Körper weil er sie auspeitschte und schlug. Ich konnte nichts dagegen tun, weil der Bastard immer die Tür abschloss, also saß ich in meinem Zimmer, hörte ihre Schreie und sein Stöhnen und weinte. Ich wusste genau, dass das niemandem half, aber was sollte ich denn machen? Nachdem dich meine Mutter ein wenig beruhigt hatte, wollte sie die Küche aufräumen. „Ma, lass mal. Ich mach das schon..." sagte ich bedrückt und begann das Geschirr in die Spüle zu räumen. Schnell war ich fertig mit dem Rest der Küche und ich ging in mein Zimmer. Ich legte mich ins Bett und steckte mir Kopfhörer in die Ohren. Mit meinem Handy machte ich mir laut Musik an. Ich hörte viel Metall mit Scream, sodass ich mir das wenigstens heute nicht mit anhören musste. Ich drehte das Volumen auf 100% und beschäftigte mich noch ein wenig mit Tumblr. , wobei ich irgendwann einschlief.

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Ich lass das jetzt einfach mal so stehen. Bye.

Timing is a Bitch - Your little Secret  | TardyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt