Kapitel 6

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Ich ging mit schnellen Schritten den Gang entlang und das Geräusch meiner Schuhe hallte laut von den Wänden wider. Sonst herrschte vollkommene Stille, da ich keine Lust hatte mich zu unterhalten und meine Tribute es nicht wagten mich anzusprechen. Vielleicht waren sie aber auch zu sehr damit beschäftigt nicht zu stolpern, während sie ihr Papierkostüm hielten damit es nicht auseinanderfiel.

Ja Papier. Ich konnte es fast nicht glauben, als ich sie abgeholt hatte, doch sie trugen wirklich ein Paradeoutfit aus Papier. Zwar es nicht vollständig daraus gemacht, doch zum größten Teil schon. So wie meines damals, nur dass sie keinen gefalteten Vogel auf dem Kopf trugen. Trotzdem sahen sie genauso dämlich aus wie ich ausgesehen hatte. Wobei, eigentlich sahen sie sogar noch schlimmer aus.

„Da seid ihr ja!", rief Jason, als wir die große Halle erreichten, als sein Blick auf die Tribute fiel. „Was um Himmels Willen? Ich meine, gut seht ihr aus, rauf auf den Wagen mit euch. Schnell."

„Sie wissen, dass sie bescheuert aussehen. Ihr Kopfteil ist sogar noch wuchtiger als mein Vogel von damals.", schmunzelte ich, was mir sofort wieder einen bösen Blick von Jason einbrachte.

„Johanna!"

„Was? Sie sind doch nicht dumm und haben Augen im Kopf. Außerdem habe ich sie schon damit getröstet, dass es sogar noch welche gibt die dämlicher aussehen als sie. Warte nur auf die Tribute aus Distrikt 8.", sagte ich und musste grinsen. „Du solltest mich also loben und nicht wieder tadeln. Und jetzt wirklich hoch mit euch."

Sam und Leigha nickten, ehe sie Jason folgten, der jetzt übernahm und sie zum Wagen brachte.

„An wen erinnert mich dieses Outfit nur?", fragte hinter mir eine Stimme und ich brauchte mich nicht umzudrehen um zu wissen, dass er über beide Ohren grinste.

„Halt die Klappe Finnick.", brummte ich.

„Ach komm, lass mir doch den Spaß.", tat er gespielt beleidigt und stellte sich neben mich.

„Den hast du auch ohne meine Zustimmung.", erwiderte ich und blickte ihn mit schiefgelegtem Kopf an.

„Spielverderberin.", meinte er, als sein Kopf sich leicht zur Seite drehte. Sofort folgte ich seinem Blick und sah ein Mädchen zu ihrem Wagen gehen. Ich erkannte sie wieder, es war diese Katniss aus Distrikt 12.

„Ne Freiwillige aus Distrikt 12. Vielleicht bekommt Haymitch heuer ja direkt etwas zu tun.", murmelte ich.

„Falls der Alkohol nicht mehr Aufmerksamkeit verlangt.", erwiderte Finnick und blickte mich dann an. „Was hältst du von ihr?"

„Was soll ich schon von ihr halten?", fragte ich und zuckte mit den Schultern. „Sie wirkt nicht sonderlich stark. Eher im Gegenteil. Allerdings wirkt sie selbstbewusst und ihr Blick ist entschlossen. Lassen wir uns also überraschen. Jedoch hat Caius leider Recht, seine Tribute sind heuer richtig stark. Ein Riese und diese kleine mit dem irren Blick da. Aber sag ihm das ja nicht."

„Niemals, er ist schon arrogant genug in diesem Jahr.", schmunzelte nun Finnick, als sich auch schon der erste Wagen in Bewegung setzte. Die Tribute von Gloss funkelten um die Wette und ich fragte mich, wieso diese Ungerechtigkeit bestand und manche Tribute gut aussehen durften und manche nicht.

„So, ich muss dann mal los. Sehen wir uns morgen früh beim Training? Ich muss sehen wie schwächlich und aus der Form du geraten bist.", meinte Finnick, nachdem auch der Wagen meiner Tribute losgefahren war.

„Du meinst du willst sehen wie lange du durchhältst wenn ich dich jedes Mal fertig mache?", korrigierte ich ihn und grinste ebenfalls.

„Davon träumst du nachts Mason.", behauptete Finnick. Ich wollte darauf etwas erwidern, doch ich kam nicht dazu, da mein Blick auf zwei in Flammen stehende Personen fiel.

„Die brennen!", keuchte ich und deutete in die Richtung.

„Feuer!", schrie ich, als sich der Wagen in Bewegung setzte und die Halle verließ. Alle starrten mich an, doch niemand reagierte. Da fiel mir auf, dass außer mir auch niemand geschrien hatte. Weder vor Schmerzen noch um jemanden zu warnen. Und wieso standen alle zufrieden um sie herum und grinsten sogar?

Ich brauchte viel zu lange, als dass ich stolz hätte sein können, bis ich verstand was sich da abspielte. Finnick lachte in diesem Moment natürlich schon.

„Dein Gesicht! Du hättest dein Gesicht sehen müssen!", schrie er, woraufhin sich nun auch die Leute umdrehten, die es dank meines Schreies nicht sowieso schon getan hatten.

„Du brauchst dich nicht mutig auf sie zu stürzen und die Flammen ersticken, es gehört zu ihrem Kostüm.", sagte er dann, nachdem er sich wieder gefangen hatte, woraufhin einige der Mentoren, die näher bei uns standen, zu kichern begannen.

„Ach was du nicht sagst, mittlerweile habe ich das auch bemerkt.", knurrte ich und funkelte ihn an. „Und hör ja auf zu lachen, du wärst auch erschrocken, wenn du so wie ich plötzlich zwei Personen in Flammen gesehen hättest. Es sah verdammt echt aus."

„Ja das tat es wirklich.", grinste er, ehe er seinen Arm um mich legte. „Aber es ist ja wirklich gut zu wissen, dass du mich sofort retten würdest, wenn mir etwas passieren sollte."

„Glaub mir, wenn du damit nicht bald wieder aufhörst bin ich der Grund warum dir etwas passiert und vor mir rette ich dich nicht.", schmollte ich und stolzierte dann davon. So gut man eben stolzieren konnte, wenn man sich gerade ziemlich blamiert hatte und immer noch angestarrt wurde. Johanna Mason, die bei ein paar Flammen gleich zu schreien begann. Eigentlich hätte ich mich ja freuen sollen, dann wären es schon mal zwei Tribute weniger gewesen. Das würde mir sicher ewig nachhängen.

„Ach sei nicht eingeschnappt Jo! Du bist nicht die einzige, die erschrocken ist, es war nur niemand so schnell und heldenhaft wie du.", rief mir Finnick belustigt hinterher, woraufhin ich ihm in freundschaftlicher Geste einen Finger entgegen streckte. Danach ging ich mit hochrotem Kopf in Richtung der Autos.


Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Die 74. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt