Kapitel 27

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Am nächsten Morgen war ich überpünktlich fertig, was normalerweise gar nicht zu mir passte. Doch ich war aufgeregt und freute mich gleichzeitig, endlich etwas tun zu können. Vor allem, wenn es verboten und auch noch gegen das Kapitol war.

Ich lief eine Weile auf und ab, aß ein Brötchen und trank Kaffee und schaffte es dann auf die Sekunde genau, Blight ganz zufällig vor der Tür zu treffen.

„Hallo Johanna. Schon so früh wach?", fragte er und blickte kurz auf mein schwarzes Outfit. Ich hatte sogar an Handschuhe gedacht, doch die steckten noch in meiner Jackentasche.

„Ja, ich will zum Bäcker und dann in den Wald. Ein wenig laufen.", behauptete ich.

„In die Richtung will ich auch. Gehen wir ein Stück zusammen?", spielte er seine Rolle weiter und ich zögerte, zuckte anschließend mit den Schultern und antwortete erst dann, so wie ich es an jedem anderen Tag auch machen würde.

„Meinetwegen.", sagte ich und anschließend gingen wir auch schon los.

Während wir unterwegs waren, redete Blight über einige belanglose Themen, was mich unglaublich nervte. Ein stiller Spaziergang hätte auch gereicht, doch vielleicht versuchte er so seine Nervosität zu überspielen. Zumindest redete ich mir das ein, damit ich ihn nicht im nächsten Moment anschrie oder doch alleine ging.

Als das Haus des Bürgermeisters in Sicht kam, schlug mein Herz ein wenig schneller. Natürlich huschten gleichzeitig auch wieder die Gedanken in meinen Kopf die mir aufzählten, was alles schief gehen konnte. Doch ich schaffte es, sie erfolgreich zu verdrängen. Auch, weil ich jetzt nicht mehr umkehren würde und es deshalb sowieso zu spät war.

„So, hier trennen sich leider unsere Wege. Muss kurz zum Bürgermeister. Bis dann.", meinte Blight und ich nickte, woraufhin ich eine andere Straße nahm wie er. Gleichzeitig zog ich meine Handschuhe aus der Tasche und streifte sie über, ehe ich einen letzten Blick über meine Schulter warf und mich dem Haus von einer anderen Richtung näherte. Im Grunde bedeutete das, ich nahm die Abkürzung zwischen die Bäume und durch den Garten.

Ich fand das richtige Fenster ziemlich schnell und es war wirklich gekippt. In diesem Punkt behielt Blight also schon einmal Recht. Langsam schlich ich näher und späte hinein. Ich konnte den Bürgermeister sehen, der gerade mit einem Zimmermädchen sprach. Großartig, wie sollte ich der bitte aus dem Weg gehen? Doch im nächsten Moment nickte sie und erhielt Geld von ihm, woraufhin sie sich entfernte und scheinbar Richtung Haustür ging. Diese konnte sie gleich für Blight öffnen, der genau in diesem Moment klingelte, was ich durch das Fenster hören konnte. Auch der Bürgermeister setzte sich daraufhin in Bewegung, weshalb ich keine Zeit mehr verlor.

Ich blickte mich ein letztes Mal um, danach zog ich mich am Fenster hoch und drückte anschließend meinen Arm durch den Spalt. Ich versuchte den Griff des Fensters zu erreichen, um ihn herumdrehen zu können, was gar nicht so einfach war. Eine gefühlte Ewigkeit verstrich, bis ich ihn endlich erwischte und auch drehen konnte, woraufhin das Fenster aufsprang. Schnell öffnete ich es noch weiter und verschwand im nächsten Moment auch schon im Haus.

Okay, dieser Teil hatte also schon einmal geklappt. Jetzt musste ich nur noch das Arbeitszimmer des Bürgermeisters finden.

Ich späte durch die, wie sich herausstellte, Küchentür in den Gang, doch die Luft war rein. Dafür sorgte Blight, dessen aufgebrachte Stimme ich hören konnte. Ich blickte mich um und sah eine Treppe, die in das nächste Stockwerk führte. Wenn es hier ein Arbeitszimmer gab, dann doch sicher im ersten Stock, oder? Zumindest blieb ich bei diesem Gedanken und huschte deshalb kurz darauf die Treppe nach oben.

Hier befanden sich etliche Zimmer, weshalb mir nichts anderes übrig blieb, als jede Tür zu öffnen, bis ich die richtige fand. Genau das tat ich auch, jedoch nicht ohne vorher kurz mein Ohr an die Tür zu legen um zu lauschen, ob nicht doch jemand am anderen Ende war. Das erste Zimmer war das Badezimmer. Das zweite ein Schlafzimmer. Das dritte, war wieder ein Schlafzimmer doch das vierte, war zu meiner Freude endlich das Arbeitszimmer. Zumindest glaubte ich das, da sich ein riesen Schreibtisch, mehrere Regale und ein großer Fernseher darin befanden. Dieser lief auch gerade, zeigte jedoch nichts Interessantes. Deshalb widmete ich mich auch den Papieren, die auf dem Schreibtisch verteilt lagen. Ich versuchte kein Chaos zu veranstalten, was jedoch gar nicht so einfach war, wenn ich so schnell wie möglich alles durchsehen wollte.

Das meiste waren Rechnungen, Preislisten oder andere langweilige Dinge, doch dann fiel mir ein Umschlag in die Hände, in den hastig ein Brief zurückgesteckt worden war. Natürlich zog ich ihn sofort wieder heraus und las mögliche Sanktionen, die weitere Unruhen mit sich bringen konnten. Weitere Friedenswächter, öffentliche Auspeitschungen und Hinrichtungen. Leider stand nirgends, ob es in anderen Distrikten ähnlich war, weswegen ich ihn frustriert wieder zurück steckte. Langsam musste ich etwas finden, da mir die Zeit davon lief. Wer wusste, wie lange Blight den Bürgermeister noch ablenken konnte oder wann das Zimmermädchen zurückkam? Doch das würde schneller sein als mir lieb war, wie sich im nächsten Moment herausstellte. Der Fernseher begann plötzlich wie wild zu piepen, ehe Aufnahmen aus einem anderen Distrikt eingeblendet wurden. Distrikt 8, wie eine Schrift verkündete, der gerade von Randalen und Unruhen heimgesucht wurde. Jedoch nicht von der Sorte, wie wir sie hier hatten, sondern von einem anderen Ausmaß.

Rebellion, schoss es mir sofort in den Kopf, bis ich wieder vom Piepen abgelenkt wurde und im nächsten Moment die Stimme des Bürgermeisters hörte.

„Tut mir leid, aber ich habe jetzt keine Zeit mehr für Sie. Ich muss arbeiten. Wenn Sie entschuldigen.", sagte er und kurz darauf waren Schritte auf der Treppe zu hören.

Ich fluchte innerlich wie wild und überlegte, wo ich mich verstecken konnte. Leider gab es hier keinen Platz und für die Flucht in ein anderes Zimmer blieb mir keine Zeit, weswegen ich dem ersten Gedanken nachging, der mir in den Sinn kam. Ich öffnete das Fenster, kletterte auf das Dach und drückte es dann so gut es ging wieder zu.

Wieso zum Teufel hatte ich mich gleich wieder auf diese Schnapsidee eingelassen?

Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Die 74. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt