Kapitel 8

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Hat gepasst.

Das war die Standartantwort meiner Schützlinge, wenn ich sie danach fragte, wie das Training gelaufen war. Mehr konnten oder wollten sie nicht sagen, weshalb ich jedes Mal nachbohren musste. Dann gesellte sich zu dem „hat gepasst" noch ein „war ganz okay" und manchmal sogar ein „heute ging es mit der Axt besonders gut" hinzu. Letzteres kam jedoch hauptsächlich von Sam, Leigha war kein Mädchen für die Axt. Sie war, so war ich mir ziemlich sicher, ein Mädchen für überhaupt keine Waffe.

Zusammengefasst konnte man aber sagen, dass mich meine Tribute unglaublich frustrierten. Sam behauptete zwar, er wurde von Tag zu Tag besser mit der Axt, doch das konnte er genauso gut nur sagen, damit ich aufhörte ihn mit dem Blick zu durchbohren. Ich war ja schließlich nicht dabei, auch nicht beim Einzeltraining, dem sie sich jetzt stellen mussten.

„Willst du bis nach der Punktevergabe warten oder jetzt schon mal deinen Favoriten nennen? Weil langsam sollten wir uns Gedanken darüber machen, für wen wir uns entscheiden, auch wenn ich es hasse.", begann Jason und ließ mich damit von meinem Magazin hochschauen. Ich liebte diese Magazine da sie so schön zeigten, wie dämlich die Menschen hier waren.

„Ich habe mich schon längst entschieden und du dich doch auch .Du tust nur immer so, als würdest du bis zum Ende warten, damit jeder eine Chance erhält sich doch noch zu beweisen, doch im Grunde verlässt du dich wie ich auf dein Bauchgefühl. Und das sagt, dass Leigha überhaupt keine Chance hat. Sam eine ganz kleine. Also setzten wir auf Sam.", antwortete ich, was Jason seufzen und die Augen verdrehen ließ.

„Du bist ungmöglich."

„Ich weiß.", erwiderte ich nur und zuckte mit den Schultern, ehe ich mich wieder auf die neusten Hautfärbetechniken konzentrierte. Ich hatte jedoch noch nicht einmal den ersten Satz zu Ende gelesen, da wurde ich erneut unterbrochen. Dieses Mal von Finnick, der einfach in unser Appartement gekommen war, sich neben mich auf das Sofa warf und die Füße über meinen Schoß schwang, sodass die Zeitschrift halb unter ihm zerquetscht wurde.

Ich hatte mich bereits am nächsten Tag wieder mit ihm vertragen, da er meine Lieblingsmuffins in mein Zimmer hat liefern lassen. Kurz darauf kam er mit seiner rosa Schlafhose, was wohl das noch größere Friedensangebot war. Jetzt gerade aber bereute ich es, ihm so schnell vergeben zu haben.

„Pass doch auf du Fischkopf, meine Zeitschrift!", schrie ich und versuchte seine Beine weg zu schieben, doch er lachte nur.

„Sie verwenden mehr von diesem Leuchtezeug, damit die Farben strahlender werden. Mehr ist es eigentlich nicht.", meinte er und lehnte sich zurück.

„Idiot.", murmelte ich, ehe ich zu Jason blickte, der Finnick hoffentlich sagen würde, dass man sich nicht so auf ein fremdes Sofa legte. Doch natürlich tadelte er ihn nicht, sondern hebte sich das wieder für mich auf.

„Du wolltest ihn unbedingt haben, jetzt leb damit. Ich hab ihn nie hier rein gelassen.", meinte mein ehemaliger Mentor nur und stand dann auf, ließ mich also auch noch mit diesem Quälgeist allein.

„Was willst du hier Finnick? Wir wollten uns erst später treffen, nachdem wir unsere Tribute nach dem Einzeltraining empfangen haben.", brummte ich.

„Meine waren gerade hier, also müssten deine in ungefähr einer Stunde kommen. Wir empfangen sie einfach gemeinsam."

„Leigha bringt kein Wort raus, wenn sie dich hier liegen sieht.", murmelte ich. Sie schwärmte leicht für ihn, glaubte ich. Zumindest bekam sie jedes Mal große Augen, wenn er hier kurz vorbeischaute.

„Hör auf nach Gegenargumenten zu suchen. Ich bin jetzt schon hier und gehe doch eh nicht mehr, das weißt du so gut wie ich. Also blättere mal auf Seite 42, soweit war ich noch nicht."

Ich verdrehte die Augen und schüttelte den Kopf, blätterte dann aber wirklich zu der genannten Seite. Er hatte Recht, er würde nicht wieder gehen und ich war einfach zu faul um ihn vom Sofa zu schubsen. Also warteten wir zusammen auf meine Tribute, die dann kaum etwas berichteten und gleich duschen gehen wollten.

„Und für die steh ich früh auf.", murmelte ich ein wenig schmollend, nachdem sie beide verschwunden waren.

„Du stehst doch nicht früh auf du Lügnerin.", lachte Finnick sofort.

„Wenn ich jemanden haben will, der meine Aussagen auf Klugscheißerart kommentiert, dann bleibe ich bei Jason.", brummte ich und stieß ihn mit dem Ellenbogen. Daraufhin lachte er nur noch mehr, weshalb ich ihn doch noch vom Sofa schubste. Hielt ihn jedoch nicht davon ab trotzdem bis kurz vor der Puntkevergabe zu bleiben, aber vermutlich lief das unter besten Freunden einfach so. Man ärgerte und neckte sich, warf sich vom Sofa und blätterte in albernen Magazinen, wobei man leicht zu diskutieren anfing. Ich hatte nur eben wenig Erfahrung darin, es lag zu lange zurück und es gab keine Vergleichsmöglichkeiten.

Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich immer noch auf dem Sofa und hatte es nur kurz für das Abendessen verlassen. Wie gesagt, ich hatte einen faulen Tag.

„Und, wie schätzt ihr euch selber ein?", fragte Camilla um nach ihrer Ansicht nach die Stimmung aufzulockern, bevor Caeser mit der Vergabe begann.

„Keine Ahnung. Hat schon gepasst.", antwortete Sam und ich biss mir auf die Zunge um ihn nicht anzuschreien.

Leigha zuckte nur mit den Schultern.

„Lass sie Camilla, sie sind aufgeregt.", nahm Jason sie ihn Schutz. Ich hielt mich dagegen ausnahmsweise heraus, auch weil Caeser endlich mit dem eigentlichen Teil der Sendung begann.

Wie gewohnt kassierten die Tribute aus den Karrieredistrikten die höchste Punktzahl. Bis auf der Junge aus Distrikt 4, aber das war keine Überraschung. Der Rest erhielt eine eher durchschnittliche Bewertung, bis unser Distrikt an die Reihe kam. Der war jedoch mit einer 5 für Leigha und einer 7 für Sam auch nur in diesem Bereich. Besser hatte es nur der Junge aus Distrikt 11 gemacht, der eine 10 erhielt, was eine sehr hohe Punktzahl für jemanden war, der nicht aus Distrikt 1, 2 oder 4 kam. Auch der Junge aus Distrikt 12 war mit einer 8 nicht schlecht dran.

Trotzdem wurden sie alle übertroffen, und zwar von Katniss Everdeen. Das Mädchen, das sich für ihre Schwester gemeldet hatte und das in Flammen stand. Sie hatte eine 11 und löste unter uns eine regelrechte Diskussion aus.

Dieses Mal beteiligte ich mich auch daran, da ich mich fragte wie so ein einfaches, nicht unbedingt starkes Mädchen eine so hohe Punktzahl erhalten konnte.

Was war nur so besonders an ihr?


Johanna Mason - Geschichte einer Siegerin: Die 74. HungerspieleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt