22. Dezember - Trennung und Vergebung

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Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern. (Aristoteles, Philosoph)


,,Lindsey, ich mag dich wirklich gerne und du behandelst mich auch richtig nett und nicht wie alle anderen Menschen. Mir tut es leid, wenn das unsere Freundschaft zerstört, aber ich mag dich wirklich gerne und will dich deswegen fragen, ob wir auch befreundet bleiben wollen, wenn du in Deutschland bist."
Ich war geschockt. So geschockt, dass ich nicht antworten konnte. Was meinte er mit befreundet bleiben? Meinte er Freundschaft plus? Davon hatte ich schon öfter gehört. Oder meinte er nur Freundschaft und nicht mehr?
Aber ich mochte ihn auch sehr gerne!

,,Jake?" Er sah mich wieder an. ,,Ich mag dich auch sehr gerne. Ich würde gerne deine Freundin bleiben!"
Seine Augen fingen an wie die eines Kindes zu strahlen und er kam langsam auf mich zu, sowie ich auf ihn. Gerade als uns umarmt hätten, klingelte mein Handy. Erst wollten wir es ignorieren, aber als das Klingeln nach Ewigkeiten noch immer nicht aufhörte, ging ich genervt an den Apparat.
,,Guten Tag, Lindsey. Es tut mir leid, Ihnen sagen zu müssen, dass Sie leider nicht an der Victoria's Secret Show teilnehmen können. Danke für Ihre Vorstellung."
Die Person legte auf. Das war ja schnell gegangen. Aber das bedeutete für mich, dass ich wieder nach München zurückmusste. Ich ließ mit unterschiedlichsten Gefühle mein Handy fallen. Jake kam sofort auf mich zu. ,,Was ist passiert?", fragte er sofort.
,,Ich muss New York verlassen."
Er nahm mich in den Arm, um mich zu beruhigen, aber ich wusste, dass er traurig war.
In der nächsten Stunde verbrachten wir unsere Zeit zusammen auf der Lichtung. Ich hatte Jake versprochen, dass ich wiederkommen würde und er hatte mir seine Adresse gegeben, damit ich im Notfall direkt zu ihm kommen könnte.
Vier Stunden später saß ich schon im Flugzeug und flog nach Hause. Eigentlich sollte ich mich auf meine Freundinnen und Margarete freuen, aber ich hätte meine Zeit lieber mit Jake verbracht.

Am nächsten Tag landete ich erschöpft in München. Wegen der Zeitumstellung war ich komplett übermüdet und wollte eigentlich nur noch schlafen, aber Margarete schimpfte mich nur, weil ich eh schon so viel Schulstoff verpasst hatte. Also ging ich zur Schule. Und das Unvermeidliche passierte. Ich traf nach fast einem Monat wieder auf Jenny und Vicky. Auf letztere freute ich mich am meisten. Die Ironie sei hierbei nicht zu überhören.
Ich kam gerade noch rechtzeitig, wieder mit mehreren Tassen Kaffee, in mein Klassenzimmer. Alle starrten mich komisch an. Wahrscheinlich sah ich aus wie ein Alkoholabhängiger, der nach einem Monat Entzug völlig entkräftet und übermüdet in die Schule ging. Ich wollte mich auf meinen Platz setzen, als ich sah, dass Vicky jetzt dort saß.
Da ich mich nicht streiten wollte, setzte ich mich auf ihren ehemaligen Platz.

Aber natürlich wollte mein Schicksal nur das Beste für mich. Meine Mathelehrerin, auch Albina genannt, betrat das Klassenzimmer mit einem Exenkoffer. Ich wollte schon genervt aufstöhnen, als ich merkte, dass der Rest der Klasse nicht im Geringsten überrascht schien.

Lauren klärte mich auf. ,,Wir schreiben doch heute Schulaufgabe, Lindsey. Hast du das etwa nicht mitbekommen?" Sie blickte mich hämisch an. Super. Mein Tag hätte nicht besser werden können.

Nach der Schule kamen Vicky und Jenny zu mir und umarmten mich. Ich wollte Vicky schon fragen, weshalb sie sich wieder mit mir 'abgab', als sie mich unterbrach. ,,Lindsey, es tut mir leid, dass ich dich so angezickt habe. Das ist völlig unberechtigt gewesen. Können wir kurz reden?" Ich nickte verwirrt. Sie zog mich an meinem Arm aus dem Schulgebäude und auf einen verlassenen Weg.

,,Und wie läuft es so mit Jake?", fragte sie mich. Dass sie seinen Namen noch wusste, verwunderte mich stark. ,,Wir sind nur Freunde", erklärte ich ihr und konnte nicht verhindern, dass meine Stimmlage sich veränderte. Vicky versuchte, auszusehen, als würde sie mich bemitleiden, aber es misslang ihr fürchterlich. ,,Sag mir doch einfach, weshalb du ein Problem mit ihm hast", versuchte ich es auf die freundliche Art. Sie zuckte leicht zusammen und erklärte mir, weshalb sie sich so komisch verhalten hatte: ,,Ich weiß schon länger, dass ich in eine bestimmte Person verliebt bin und das bist", sie zögerte kurz, entschied sich aber dann, mir die Wahrheit zu sagen, ,,du. Ich liebe Mädchen und Jenny hat mir immer gesagt, ich soll es dir sagen, aber ich konnte nicht. Erst dachte ich, du würdest vielleicht auch lesbisch sein, weil du nie über Jungs geschwärmt hast, aber als du mich dann aus New York angerufen hast, war ich richtig eifersüchtig. Es tut mir leid."

Ich war geschockt. Ich fand es nicht schlimm, dass sie auf Mädchen stand, aber sie tat mir ziemlich leid, weil ich ihre Gefühle nicht erwidern konnte. Da ich nicht wusste, was ich sagen sollte, umarmte ich sie einfach. ,,Vicky, du bist meine beste Freundin und es tut mir wirklich leid, dass ich deine Gefühle nicht erwidere."

Sie sah überrascht aus. ,,Du findest es nicht schlimm, dass ich lesbisch bin?", fragte sie mich verwundert. ,,Nein! Was denkst du denn von mir?", entgegnete ich entrüstet.

Jetzt umarmte sie auch mich. ,,Ich hab dich lieb."



Just a model / #LightAward17 Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt