17.Kapitel

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Sebastian

Sie schlief. Ich lächelte bei ihrem Anblick. Wie sie in meinem Bett lag, eng zusammengerollt, ihren Mund leicht geöffnet, diesen friedlichen Gesichtsausdruck, regelmäßiger Atem...
Wie eine Göttin.
Ich achtete darauf, so vorsichtig wie möglich aus dem Bett zu steigen, so dass sich die Matratze nicht bewegte und sie womöglich aufwachte.
Leise zog ich mir meine Schuhe an, doch bevor ich mich aus dem Zimmer schlich, fiel mein Blick wieder auf sie. Heute war so vieles passiert.

Sie hatte mich geküsst.

Jetzt noch, Stunden später, konnte ich ihre Hände spüren, die über meine Haut gelitten waren, sie gestreichelt hatte.
Genauso wie ihre Lippen, so sanft, aber sie hatten mich trotzdem ihr unterworfen.
Sie war die Königin, ich ihr schmutziger und armer Untertan, der die Ehre ihrer Liebe genoss.
Ich lächelte noch einmal und ging diesmal endgültig aus dem Zimmer.
Sobald ich den Gang draußen betrat, begann ich zu laufen. Dabei musste ich daran denken, wie sie mich immer bewundernd ansah, wenn ich mal wieder einen Endsprint gewonnen hatte. Das spornte mich noch mehr an. Schließlich flog ich durch die Gänge, folgte nur noch meinem Unterbewusstsein, während sich mein Bewusstsein damit beschäftigte, so schnell wie möglich zu ihr zurück zu kommen. Ich hatte es ihr versprochen.

Ohne Anzuklopfen marschierte ich in das Büro von Jake und Max.
Beide waren gute Freunde von mir, aber das hatte ich Sal nicht erzählt. Sie reagierte sehr empfindlich auf die beiden, was ich auch nachvollziehen konnte. Sie wusste nicht, dass ich mich eigentlich jeden Abend mit ihnen traf. Ich hatte ihr viel negatives über die SOW erzählt, trotzdem waren die beiden meine besten Kumpel. Alles was ich ihr anvertraut hatte, hatte ich auch Jake und Max offen ins Gesicht gesagt. Die beiden wussten natürlich, dass ich Kampfsport trainierte, aber sie hatten mich auch nicht gezwungen, bei ihnen mitzumachen, was ich ihnen hoch anrechnete. Wir hatten uns darauf geeinigt, dass sie mir Unterschlupf gewährten und ich ihnen dafür in der Küche half. Das war für mich auch total in Ordnung gewesen, da ich meine Vergangenheit so weit weg wie möglich lassen wollte. Schnell verdrängte ich den Gedanken aus meinem Gedächtnis und konzentrierte mich auf Jake und Max, die mich erwartungsvoll anblickten.

„Und? Hast du ein Auto?”, fragte Max.
Schnell schüttelte ich den Kopf und erklärte ihnen ausführlich, wie unser Vorhaben kläglich gescheitert war, da ein Ordner zufällig in der Nähe gewesen war.

„Was?”, fragte Jake misstrauisch.
„Ich habe dir doch genau gezeigt, welcher Parkplatz der geeignetste ist. Das kann nicht sein. Er war über einen Kilometer von dem Hauptparkplatz entfernt. Und selbst dort stehen nur sehr wenige Autos. Das ist unmöglich!”
„Aber es war so!”, rief ich empört. „Glaubst du, dass ich dir Lügenmärchen auftische?
Es war so. Saliah hat fast einen Herzinfarkt bekommen und ich auch, ehrlich gesagt! Auf einmal stand da dieser Typ und hat Saliah angestarrt. Dann sind wir weggelaufen. Was hättest du denn gemacht?”
Ich sah, wie Jake das Gesicht verzog, als ich Sal erwähnte. Aber er verkniff sich einen Kommentar, da ich ihm in einem heftigen Streit vor einem Monat klar gesagt hatte, dass ich es einfach unter der Gürtellinie fand, wie er immer über Saliah lästerte, obwohl er sie doch hat nicht kannte. Darauf warf er mir vor, dass ich in sie verliebt sei, was ja auch stimmte. Gerade extra hatte ich das bejaht und hinzugefügt, dass sie echt nett und erfrischend sei. Wir hatten noch ein wenig weiter gestritten, aber ich gewann. Bei so etwas gewann ich immer. Irgendwann hatte ich die Leute so weit eingeschüchtert, dass sie gar nichts mehr zu sagen wussten. Und dabei hatte ich alle Konflikte diplomatisch gelöst und gewonnen.

Seit diesem großem Krach sagte Jake lieber nichts mehr, wenn der Name 'Saliah' fiel.
„Also, ich muss jetzt wieder gehen”, flüsterte ich.
„Ich habe ihr nämlich etwas versprochen.”
Mit diesen Worten drehte ich mich auf dem Absatz um und marschierte aus dem Zimmer.
Auf dem Gang fing ich wieder an zu laufen, einerseits um schnell wieder bei ihr zu sein, andererseits, um so schnell wie möglich von Jake und Max wegzukommen, meinen besten Kumpel, mit denen ich mich ununterbrochen stritt.
♦♦♦♦♦
Leise öffnete ich die Tür zu unserem Zimmer. Sie schlief immer noch friedlich, für ihre Verhältnisse. Denn sie zappelte beim Schlafen immer so herum, dass ich schon ein paar mal ihr Bein in meinen  Magen gestoßen bekommen hatte.

Sie hatte die Decke auf den Boden geworfen, sodass ich ihre nackten Beine sehen konnte. Sie war so perfekt.
Ich hob die Decke wieder auf und legte sie behutsam über ihren Körper. Dann schlüpfte ich auch in das Bett.
Ich sog den Duft ihrer Haare ein und dachte noch einmal darüber nach, was sie heute zu mir gesagt hatte.

Ich habe keine Angst vor der Zukunft. Ich habe Angst vor der Gegenwart.

Mein Kopf war mal wieder voller Gedanken, als ich einschlief. Über die Zukunft, die Gegenwart und die Vergangenheit.

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