Was ist nur aus dir geworden?

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Jetzt

Caty

Dieser Junge wusste was er wollte. Zwischen uns hätte es selbst ein Windhauch eng gehabt.

Nun gut, dachte ich mir. Dann zeig mal was du hast. Ich ließ zu, dass unsere Körper gegeneinander stießen, seine Wärme durch meine Haut in mein Blut drang.

Und Joey wusste eindeutig was er da tat. Er bewegte sich im richtigen Rhythmus, passend zur Musik. Nicht viele Jungs können wirklich gut tanzen, doch er konnte es. Es machte Spaß. Ich überließ ihm die Kontrolle.

Ich merke durchaus, dass einige meiner Mitschüler uns neugierig beobachteten und es amüsierte mich. Bestimmt dachten sie wir würden uns gut kennen. Aber das war nicht so, denn alles was ich über meinen Tanzpartner herausgefunden hatte war sein Name: Johannes. Joey.

Mehr brauchte ich auch eigentlich nicht zu wissen, doch irgendwie wollte ich mehr über ihn erfahren. Warum er hier war zum Beispiel. Wo er eigentlich her kam. Was er hier machen wollte. Doch um diese Informationen zu erhalten hätte ich mit ihm reden müssen. So was wie eine gute Bekanntschaft aufbauen und das konnte ich nicht. Sicher, er war mir sympathisch und ja ich mochte sein Aussehen, Joey war attraktiv. Doch das alles waren keine Zeichen von Vertrauenswürdigkeit. Eher im Gegenteil.

Das Ende des Lieds riss mich aus meinen Gedanken, ein anderes begann sofort zu spielen, trotzdem war diese Energie irgendwie weg. Ich löste mich von dem großen Kerl und machte gleich noch einen Schritt zurück. Auch diese Wärme war mir nicht geheuer.

Zugegeben ich zögerte kurz bevor ich mich überwinden konnte nach oben zu sehen, in seine Augen. Wie ich es geahnt hatte, glitzerten sie unerträglich lebendig.

Ich sah wie Joey eine Bewegung auf mich zu machte, den Mund öffnete um irgendetwas zu sagen was ich jetzt nicht hören wollte.

„Ich geh mal schnell raus. Frische Luft schnappen." sein Mund schloss sich wieder, er hielt inne in seiner Bewegung und nickte mir verstehend zu.

Ich lächelte kurz und künstlich: „Man sieht sich ja dann bestimmt mal wieder." Ehrlicherweise hatte ich keine Ahnung ob es wahrscheinlich war das wir uns ein dritte Mal begegneten, im Moment spielte es auch keine Rolle. Joey sollte einfach nichts sagen.

Mit angemessenen Tempo drehte ich mich um und bahnte mir einen Weg durch die Menge. Hätte ich gewusst was dieser Abend für mich bereit hielt, wäre ich ziemich sicher einfach zu Hause geblieben.

Fast war ich draußen angekommen als ich von hinten angerempelt wurde. Zwei junge Mädchen, hysterisch lachend blieben erstarrt stehen, als sie erkannten wen sie da fast umgeworfen hatten.

„Oh",murmelte eine der Beiden, „Das tut uns leid. War keine Absicht."

Meine Lippen verzogen sich zu einem verächtlichen Lächeln: „Sicher war es das nicht. Trotzdem merkt euch eins, es ist überhaupt nicht attraktiv sich zu besaufen. Obwohl, wenn ich euch so anschaue ist das eh nicht von Bedeutung. Welcher Kerl mit Augen im Kopf würde schon was mit einer von euch anfangen wollen?"

Ihre geschockten Mienen waren zeichen genug, da hatte ich wohl jemanden den Abend versaut.

Mit hoch erhobenen Kopf lief ich an ihnen vorbei. Sie würden es kein zweites Mal wagen mir zu Nahe zu kommen. Niemand sollte es wagen mir zu nahe zu kommen. Niemals wieder.

Endlich erreichte ich die Tür, machte sie auf und lief einige Meter bevor ich mein Handy heraus holte und auf die Uhr schaute. 23:15. Noch konnte ich nicht gehen. Um Zwölf würde es nicht ganz so auffallen wie jetzt.

Einen Seufzer ausstoßend griff ich mir an die Strin und atmete tief ein und aus. Ich hasste mich. Genau in diesem Augenblick konnte ich mir selbst nichts anders als Hass entgegen bringen. Ich tat was ich tun musste, ich verabscheute mich selbst dafür.

Schritte weckten meine Aufmerksamkeit und als ich mich umdrehe sah ich einen zornigen Ethan auf mich zu laufen. Oh, wahrscheinlich hatte er...

„Was sollte das gerade eben da drinnen?"

...mit bekommen wie ich die zwei Mädchen nieder gemacht hatte.

Mit dem Finger zeigte er auf das Haus, die Augen waren anklagent auf mich gerichtet.

„Was meinst du?" Eis konnte nicht kälter sein als meine Stimme.

Der Zorn ließ ihn schreien: „Du weißt verdammt gut was ich meine! Ich habe keine Ahnung wer du bist. Verdammt Caty was ist los mit dir?"

Kopfschüttelnd wandte ich mich von ihm ab, er wusste es genau. Er musste es einfach wissen. Schneller als ich schauen konnte hatte  Ethan mich herum gewirbelt und umklammerte meine Oberarme.

„Lass mich gefälligst los!"fauche ich ihn an.

Tatsächlich ließ er von mir ab, doch seine blauen Augen, diese blauen Augen in die ich mich damals verliebt hatte, fixierten mich immer noch. Hielten mich an Ort und Stelle: „Was ist nur aus dir geworden Caty?" flüsterte er schon fast.

Ich lachte höhnisch auf. Was sollten all diese Fragen, er kannte die Antworten doch schon längst. Worte stiegen aus meiner Seele auf, explodierten in meinem Mund und rebellierten gegen meine Lippen. Ich ließ sie nicht los, ließ sie nicht entkommen. Die Leere hätte mich gebrochen.

Ich drehte mich um und ging.

The nice guyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt