Oh, du schrecklicher Montag

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Einige Tage später

Caty

Wie jeden Montag stand ich auch diesmal mit einer ganzen Last an Unwillen auf. Ich hatte das so satt, ich wollte nicht mehr auf diese Schule gehen, an diesem Ort wohnen, diese Freunde haben, geschweige denn diese Familie. Was ich mir wirklich wünschte, aus tiefstem Herzen ersehnte, war ein Neuanfang. Mit Leuten die mich mochten, die mich nicht verletzten. Mit einer Familie die zusammmen gehörte und nicht sofort wieder zerbrach. Ich wünschte mir das so sehr, es war unmöglich.

Seufzend schälte ich mich aus meiner Decke und stelle die nackten Füße auf den Boden. Langsam schlürfte ich ins Bad und begann mein Nicht-wollen, meine Unzufriedenheit zu verdecken. Duschen, Föhnen, Anziehen und Schminken.

In die Küche gehen, meinen schalfenden Vater ignorieren und Obst für mein Frühstück aufschneiden. Joghurt aus dem Kühlschrank holen und...

Das war aber jetzt nicht sein ernst oder?

Fast wäre ich ins Wohnzimmer gerannt und hätte meinem Vater einen Kübel eiskaltes Wasser über dem Kopf gekippt um ihn dann anzubrüllen was er Scheiß sollte. Aber vermutlich hätte ihn nicht einmal das aus seinem Komaschlaf geweckt. Er hatte doch die Frecheit besessen mir einen dummen Zettel an die Kühlschranktür zu heften und mich darum zu bitten das verdammte Auto in die Werkstatt zu bringen.

Okay, das allein wäre ja noch kein Problem, aber dann der letzte Satz: Ich habe Chris schon bescheid gesagt. Er erwartet dich gegen drei.

Was zum Teufel sollte das? Warum um himmels willen musste ich unbedingt in die Werkstatt fahren die dem Vater meines Exfreundes gehörte?

Seit meiner Trennung von Ethan hatte ich es wenn möglich vermieden seiner Familie zu begegnen und Dad schickte mich jetzt einfach direkt in die Höhle des Löwen.

Mein Tag war so was von versaut und Hunger hatte ich auch keinen mehr.

Immer noch voller Zorn schnappte ich mir meine Tasche und meine Jacke und lief nach draußen, Natalie wartete schon in ihrem hässlichen Auto auf mich und ihren grinsenden Mund erweckte in mir den Wunsch ihr ins Gesicht zu schlagen.

Zu ihrem Glück musste sie erstens uns zur Schule fahren und war zweites meine einzige Mitfahrgelegenheit. Da durfte ich es mir mit ihr nicht verscherzen. Und einen weiteren Menschen auf der Schule, der mich nicht leiden konnte war auch nicht unbedingt pratkisch.

Also ertrug ich ihre fröhliche Stimme, ihr hirnloses Geplapper und fragte mich nicht zum ersten Mal wie ich genau hier gelandet war.
Wenigstens bekamen wir immer noch einen Parkplatz obwohl wir ziemlich spät dran waren. So „beliebt" zu sein wie wir, hatte eben auch einige Vorteile.
Wie jeden Montag war Bianca schon in der Schule und erwartete uns, ihr dunkel Blick glitt abschätzend über mein Outfit. Zugegen, es war nicht ganz so provokant wie gewöhnlich aber immer noch frech. Ich trug Jeanshotpants, flache Ballerinas und ein tief augeschnittenes T-Shirt.
Nicht viele Mädchen gingen in die Schule und bezeichneten dieses Outfit als fast schon unschuldig. Bianca war eine der wenigen die genau das tat.

Ich war immer noch schlecht gelaunt, ignorierte ihre Blicke und Natalies Stimme und öffnete ungeduldig meinen Spind. Ich hatte letztes Jahr einen Spiegel angebracht und musterte mich darin. Blonde Locken, blau-grüne Augen, rote Lippen, ausruckslose Miene. Ein Gesicht unter hunderten. Bedeutungslos. Der heutige Tag konnte einfach nicht noch nerviger werden.

Naja, da hatte ich mich wohl getäuscht. In Englisch war ich im selben Leistungskurs wie Ethan. Er saß auch noch genau hinter mir, die Lehrerin hatte die Sitzpläne gemacht. Ich hatte darauf leider keinerlei Einfluss nehmen können. Deshalb saß ich auch in der zweiten Reihe und nicht ganz hinten. Das hätte ich ja noch aktzeptieren können, doch dann bekam ein Mädchen aus unserem Kurs plötzlich Nasenbluten und diese dumme Nuss von Lehrerin brachte sie zur Krankenschwester. Ehtan nutze diese Zeit um sich nach vorne zu mir zu lehnen und mit mir ein Gespräch anfangen zu wollen.

„Na Caty" ,begann er und die Vorsicht in seiner Stimme hätte mich an anderen Tagen lächeln lassen.
„Na Ethan" ,spottete ich und drehte mich halb um, um ihn ansehen zu können. Er verzog keine Miene, nur seine Augen schienen mich zu durchbohren. Bitte sollte er doch, mit diesem Blick schüchterte mich niemand ein. Ich war diejenige, die einschüchterte.„Ich habe gehört du verstehst dich gut mit meinem Cousin Joey."
Natürlich wollte er darüber reden. Bestimmt kam gleich sowas wie; er gehört zu meiner Familie also tu ihm ja nicht weh. Oder irgendein anderer scheiß.
„Weiß nicht genau. Schon möglich."
Seine Augen verengten sich, wie durchschaubar: „Der große Kerl mit dem deutschen Aktzent. Joey war beim Spiel und auf der Party danach. Ich habe auch tanzen gesehen."
Da wehte also der Wind her: „Und was willst du jetzt von mir?"
Offensichtlich hatte er mich damit überraschen wollen, tja Pech gehabt Schätzchen. Um mich zu überraschen musst du schon früher aufstehen.
„Nichts" ,meinte er etwas unbeholfen, „Ich wollte nur..."
„...dich dafür entschuldigen das du ein Arsch bist. Bitte Ethan das kannst du dir sparen."''
Gespräch erfolgreich beendet.

Ich drehte mich wieder nach vorne und diesmal hielt Ethan den Mund, für so einen selbstbewussten Jungen war er ziemlich leicht in Schach zu halten.

In der Pause ging das ganze Theater dann weiter. Ich hatte, oder besser sie hatte es bis dato immer geschafft mir erfolgreich aus dem Weg zu gehen. Doch genau heute an diesem verfluchten Montag bestand Abby darauf mir auch noch auf der Nase herum zu tanzen.

Abby, sie sah immer noch so aus wie früher, im Gegensatz zu mir. Ich war wohl eine komplett andere geworden. Sie hatte immer noch den gleichen Erdbeerblonden Bob, die gleichen braunen Augen, die gleichen Sommersprossen.
Es war bestimmt schon ein Jahr seit unserem letzten Gespräch vergangen. Ich erwartete rein gar nichts mehr von ihr.

Ich stand gerade an der Kasse an um mein Apfel und meinen Schokomuffin zu zahlen als ich es hinter mir tuscheln hörte.
„Komm schon Abs."
und: „Wenn dus ihr nicht sagen willst mache ich das."

Zweifellos war ich mit IHR gemeint. Also drehte ich mich auch zu ihnen um. Wenn sie so laut flüsterten konnten sie es auch gleich ganz lassen.
Abschätzig musterte ich die drei Mädchen. Abby und zwei andere Schnepfen. Und alle beide glauben Abby dass sie die Gute war. Ich war die Böse, damit konnte ich umgehen.
Mit spöttisch erhobener Augenbraue starrte ich in Abbys Gesicht in dem ich immer noch lesen konnte wie in einem Buch. Wir waren uns einmal sehr nahe gestanden. Sie war meine bessere Hälfte gewesen, meine Schwester, meine beste Freundin.

„Das sind also deine neuen Freunde Abby?"
Sie zuckte mit keiner Wimper, sie war sich einfach keiner Schuld bewusst.
„Genau, wo sind deine Freundin Caty?"
Sie sprach meinen Namen aus als hätte sie etwas verfaultes gegessen und würde versuchen es wieder auszuspucken.

Mein Lächeln vertiefte sich: „Keine Sorge, einen Apfel und einen Muffin kann ich mir gerade so noch alleine kaufen. Und mit dir und deinen Backgroundsängerinnen werd ich auch so fertig."
Abfällig schüttetelte sie den Kopf und betrachtete mich dann betont gleichgültig: „Warum willst du ungedingt mit mir streiten? Warum? Wir waren mal so gut befreundet. Was ist passiert?"

Fast hätte ich bewundert gelacht, sie konnte noch immer so gut lügen wie früher. Sie war noch immer so falsch. Oder sie hatte eine gestörte Selbstwahrnehmung. Aber nein, das erschien mir dann doch ziemlich unwahrscheinlich.

„Ich will hier mit gar niemanden streiten. Deine kleinen Freunde haben sich nur so laut unterhalten dass ich dachte sie meinten mich."
Die zwei werden rot, dieses Mal bin ich diejenige die keine Miene verzieht. Heute nicht und in Zukunft auch nicht.
„Sei doch nicht so fies Caty."
Ich grinste sie böse an: „Du glaubst das war fies. Arme kleine Abby, die Welt wird dir mal sehr grausam erscheinen."
Hätte ich das Gefühl in meiner Brust benennen müssen, es wäre Abscheu gewesen gemischt mit einem guten Schuß Ekel.
„Das muss ich mir doch nicht länger anhören" ,brauste Abby auf.
„Zu deinem Glück nicht", konnte ich mir nicht verkneifen, drehte mich dann um und bezahlte. Ich schnaute mich nicht um als ich ging, warum sollte ich auch? Dieses Mädchen war die Mühe nicht wert.

The nice guyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt