Kapitel 5 (überarbeitet)

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Silas sprach einige Worte in einer für Elly unbekannten, dunklen Sprache, woraufhin die gesamte Wiese in eine Art schwarze Kuppel gehüllt wurde. Es wurde von Sekunde zu Sekunde immer düsterer. Elly sah sich ängstlich um, sie hatte keine Ahnung, was nun auf sie zukommen würde. Mit schwarzer Magie hatte sie bisher noch nie etwas zutun gehabt.

Die Pferde gerieten in Panik und flüchteten, während sich die Ritter nervös umblickten.

Ohne jede Vorwarnung fegte ein orkanartiger Windstoß über den gesamten Ort hinweg. Die hohen Grashalme und einige wenige Bäume, die vereinzelt auf der Wiese standen, bogen sich im Wind. Elly wurde fast von den Beinen gerissen und auch die anderen hatten sichtlich Probleme, aufrecht stehen zu bleiben.

Der Greif gab irritierende Laute von sich, als sich die Kuppel um ihn herum schloss und die gesamte Wiese in völlige Finsternis tauchte. Es war stockduster. Rote Blitze zuckten durch die Dunkelheit, lautes Donnergrollen war zu hören. Silas rotglühende Augen funkelten lauernd in der Finsternis. Er erinnerte sie in diesem Moment an ein gefährliches Raubtier, das nur darauf wartete, seine Beute im richtigen Moment verschlingen zu können. Ein tiefes Knurren drang aus seiner Kehle, das sich wie ein dunkles Lachen anhörte.

Elly versuchte ihre Angst hinunter zu schlucken, doch ihr steckte ein Kloß im Hals. Nur im roten Licht der Blitze konnte sie erkennen, wie Silas seine furchteinflößende Drachengestalt annahm. Seine Knochen knackten, er wurde immer größer, streckte seine gewaltigen Schwingen aus.

"Männer, haltet die Stellung!" Befahl einer der Ritter, vermutlich war er der Anführer der Truppe. Silas beendete seine Transformation mit einem markerschütternden Schrei und baute sich einschüchternd vor seinen Feinden auf. Obwohl der Hauptmann sichtlich nervös war, blieb er ein Vorbild für seine Männer und richtete seine Waffe weiterhin auf Silas. Die anderen taten es ihm gleich, keiner von ihnen wich zurück.

Im nächsten Moment bebte die Erde, als Silas auf die Truppe zustürmte. Er ignorierte die Waffenhiebe der Männer und packte einen von ihnen mit seiner Klaue, zermalmte ihn mit seinen scharfen Zähnen. Sein Opfer schrie vor Schmerzen auf, als seine Knochen brachen.

Die grauenhaften Geräusche gingen ihr durch Mark und Bein. Nicht einmal seine Rüstung konnte ihn retten. Was hatte sie nur getan? Es war ihre Entscheidung gewesen, die Ritter gegen Silas aufzuhetzen. Waren sie nun alle dem Tod geweiht?

Blut tropfte aus Silas gewaltigem Maul, seine Augen funkelten vor Blutgier. Er sah aus wie ein wahrgewordener Albtraum, der selbst den hartgesottesten Krieger vor Furcht erzittern ließ.

Elly hätte sich beinahe übergeben. Sie hatte diesen Drachen geküsst, hatte sich ihm hingegeben und ihm Lust verschafft. Illunara, die Göttin des Lichts, möge ihrer Seele gnädig sein.

Silas schleuderte die Leiche achtlos zu Boden und wandte sich bereits den nächsten Feinden zu. Er knurrte wütend, als ihm eine Schnittwunde zugefügt wurde. Schwarzes Blut quoll aus der Verletzung hervor, doch die Wunde war nicht sonderlich tief. Im nächsten Moment fegte Silas gleich zwei Männer mit seiner Klaue von den Beinen. Er zerfleischte seine Angreifer, schlachtete sie erbarmungslos ab. Silas schien regelrecht in einen Blutrausch zu verfallen.

Plötzlich stieß er einen schmerzhaften Laut aus und schüttelte sich, als er von einem Feuerball des Magiers getroffen wurde. Der magische Angriff machte ihn nur noch aggressiver.

Gänsehaut breitete sich auf Ellys Körper aus, als ein kalter Luftzug an ihrem Nacken vorbei wehte. Instinktiv wusste sie, dass dies nicht der Wind war. Irgendetwas war da hinter ihr. Etwas lebendiges. Sie wagte es nicht, sich umzudrehen.

Als die roten Blitze erneut die Umgebung erhellten, wurde sie auf einige schattenhafte Kreaturen aufmerksam, die sich in der Dunkelheit materialisierten. Sie verschmolzen mit der Finsternis, ehe sie wie aus dem Nichts zuschlugen und die überraschten Männer angriffen. Sicher waren sie Silas Werk. Er hatte die dunklen Mächte beschworen und seine schwarze Magie hatte einen Preis, forderte menschliche Seelen.

Die scharfen Klauen der Schattenwesen bohrten sich in die Ritter, schlitzten sie auf, gruben sich in ihr Fleisch. Schmerzensschreie erfüllten die Luft und übertönten selbst das Donnergrollen. Elly gefror das Blut in den Adern.

Als der Greif vom oberen Teil der Kuppel auf Silas hinabstürzte, wusste Elly, dass dies ihre Gelegenheit war, um zu fliehen. Sie nahm all ihren Mut zusammen, drehte sich um und rannte los. Sie war überglücklich, dass es keines der Schattenwesen auf sie abgesehen hatte.

Hitze breitete sich in der gesamten Kuppel aus, als Silas einen gewaltigen Feuersturm entfesselte, der alles auf seinem Weg in Schutt und Asche legte.

Kurz glaubte sie, dass das Feuer auch sie verschlingen würde, doch sie war außer Reichweite.

Kampfgeräusche waren zu hören und das Zischen von Pfeilen. Die Männer hatten Angst und sie alleine war dafür verantwortlich, dass sie nun um ihre Leben kämpfen mussten. Elly biss sich auf die Unterlippe und versuchte ihr schlechtes Gewissen zurückzudrängen. Es war ihr ohnehin nicht möglich, den Rittern zu helfen. Was sollte sie schon gegen einen Drachen ausrichten?

Die schwarze Kuppel reichte nur noch wenige Meter weiter, bald würde sie diesen Ort endlich verlassen können. Ellys Herz hämmerte laut gegen ihre Brust, als fast der gesamte Bereich hinter ihr in Flammen aufging. Sie drehte sich jedoch nicht um und rannte entschlossen weiter.

"Elly bleib bei mir, das Feuer kann dir nichts anhaben. Dein Platz ist an meiner Seite", grollte Silas, der bemerkt haben musste, dass sie fliehen wollte. Aber seine Aufmerksamkeit schien nicht vollständig ihr zu gelten, sonst hätte er sie sicher schon eingeholt. Er war also noch immer in den Kampf verwickelt.

Mit einem Mal durchbrach sie die Barriere und stand nun außerhalb der Kuppel.

Es dauerte einige Sekunden, ehe sich Ellys Augen an die Helligkeit des Tages gewöhnt hatten und sie wusste wo sie war. Vor ihr ragten riesige Bäume in die Höhe und der dichte Kiefernwald, den sie sonst immer gerne betreten hatte, wirkte nun bedrohlich auf sie. Ein ungutes Gefühl breitete sich in ihr aus, aber sie dachte nicht lange nach und rannte so schnell sie konnte geradewegs in den Wald hinein. Im Schutz der Bäume war sie vorerst in Sicherheit. Das hoffte sie zumindest.

Gefährtin des Schwarzdrachen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt