Kapitel 12

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Elly schluckte. Am liebsten würde sie sich unter ihrem Bett verkriechen und darauf hoffen, dass die Wölfe sie nicht bemerkten, aber das war lächerlich. Lykaner hatten einen stark ausgeprägten Geruchssinn und würden sie schon von weitem riechen.

Hastig wickelte sie sich einen Stofffetzen um ihr Handgelenk, schnappte sich ihre Kleidung und zog sie an. Als Elly auf eine einzelne schwarze Schuppe an ihrem Oberschenkel aufmerksam wurde, stolperte sie vor Schreck zwei Schritte rückwärts und stieß sich den Kopf an einem Schrank. "Was zum Teufel geht hier vor sich" fluchte sie und rieb über die Verletzung.

Blut klebte an Ellys Fingern und ihr wurde bewusst, dass es jetzt noch schwieriger werden würde den Wölfen zu entkommen. Ihr Blut zog sie sicher an wie das Licht die Motten. Zwischen dem Grollen des Himmels und dem prasselnden Regen erklangen nun die Glocken der nahstehenden Kirche, um die Bewohner von Arvening vor der drohenden Gefahr zu warnen. Elly drängte alle Gedanken zurück, zog sich rasch eine Hose an und öffnete dann leise die Tür, um in den Flur zu spähen.

Nichts, keine Menschenseele war zu sehen. Sie setzte langsam einen Fuß vor den anderen, während das Holz unter ihr verdächtig knarrte. Nervös ging sie die Treppe hinunter ins Erdgeschoss, doch auch hier war Niemand zu sehen.

Die Tür, die nach draußen ins Unwetter führte war nur angelehnt und wurde vom Wind automatisch auf und zu geschlagen. Kalter Schweiß bildete sich auf ihrer Haut doch sie nahm all ihren Mut zusammen, riss die Tür auf und rannte durch den Regen. Elly wusste nicht genau wohin sie fliehen sollte, also folgte sie dem Glockengeläut. Sicher würde die Kirche als Zufluchtsort dienen.

Am anderen Ende der Straße konnte sie ihr Ziel ausmachen. Das Gebäude war riesig und besaß ein spitz zulaufendes Dach das von einem Gotteskreuz gekrönt wurde. Irgendwie beschlich sie ein ungutes Gefühl, als sie die Straße entlang auf die Kirche zu rannte.

Drei weitere Menschen liefen ebenfalls in die Richtung, doch sie waren ihrem Ziel schon um einiges näher. Elly wischte sich den Regen aus dem Gesicht und biss sich auf die Lippe als sie bemerkte, dass ein Mann gerade dabei war die Eingangstür der Kirche zu schließen. Ihr blieb nichtmehr viel Zeit. Sie beschleunigte ihr Tempo und wurde immer schneller.

Als sie den Schrei einer jungen Frau wahrnahm, schaute sie über ihre Schulter nach hinten und bereute es sogleich. Drei riesige Werwölfe mit braunem Fell und scharfen Krallen rissen die Schwarzhaarige zu Boden und beendeten ihr Leben sofort. Sie kam nicht einmal dazu ein weiteres mal zu schreien.

Ein Blitz erhellte den dunklen Ort und Elly sah, wie die Zähne der Kreaturen aufblitzten und Geifer aus ihren gierigen Mäulern tropfte, ehe sie sich auf ihr bereits totes Opfer stürzten. Zwei weitere Lykaner richteten ihre gelben Augen auf Elly und nahmen die Verfolgung auf. "Lauf nur weg, es wird uns große Freude bereiten dich zu jagen, ehe wir dich zerfetzen" sagte einer der beiden mit grausamen Unterton.

"Hmm, sie sieht ziemlich gut aus für einen Menschen, vielleicht sollten wir uns vorher noch ein wenig mit ihr vergnügen" warf der andere lachend ein. Ellys Lunge brannte vor Anstrengung und ihre Beine schmerzten. Das Einzige was sie dazu Antrieb weiter zu laufen war die absolute Horrorvorstellung, von diesen Monstern erwischt zu werden.

Sie konzentrierte sich auf den Eingang der immer näher rückte, aber schon fast geschlossen war. "Bitte lasst mich rein" schrie sie völlig ausser Atem. Simons Stimme drang vom Inneren des Gebäudes an ihre Ohren "Verzeih mir Elly, aber wir müssen die Tür jetzt schließen. Wir können kein Risiko eingehen, es tut mir leid."

"Ist das dein Ernst, es tut dir leid?" schrie sie Simon an, doch die Tür schloss sich direkt vor ihr und wurde verriegelt. Verzweifelt hämmerte sie gegen das Holz. "Wie könnt ihr mir das nur antun" sie bekam keine Antwort. Die Bestien standen bereits hinter ihr und kosteten den Moment voll aus, schließlich drehte Elly sich zu den beiden Werwölfen um. "Du weißt was du tun musst um zu Leben.." hörte sie ihre innere Stimme sagen.

Weitere Lykaner näherten sich. Einer von ihnen stach besonders aus der Masse hervor, er war größer als die anderen und sah sogar noch gefährlicher aus. Elly war sofort klar, dass es sich bei ihm um Morr'ag handeln musste. "Ruf ihn einfach..." sagte die Stimme erneut, diesmal lauter, doch Elly weigerte sich.

Morr'ag musterte sie, während die beiden Wölfe vor ihr die Zähne fletschten und sich auf sie stürzten.

Gefährtin des Schwarzdrachen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt