Kapitel 29

13.6K 778 95
                                    

Ellys Laune war im Keller. Nevion schleifte sie nun schon seit einer gefühlten halben Stunde durch die unterirdischen Tunnel, die fast alle gleich aussahen. Als sich vor ihr eine dicke Spinne von der Decke abseilte, zuckte sie vor Schreck zurück und spürte sogleich die Spitze von Nevions Waffe im Rücken. Jetzt reichte es ihr eindeutig.

Sie drehte sich zu ihm um, ignorierte seine Warnung und fuhr ihn an.
"Wie wäre es, wenn du aufhören würdest mir in den Rücken zu stechen. Ob du es glaubst oder nicht, das tut weh"

"Dreh dich wieder um und hör auf zu meckern, ich habe gerade wirklich keine Lust mit dir zu reden" antwortete er genervt und trieb sie weiter an einigen Fässern vorbei. Um die Spinne machte sie einen großen Bogen. "Ich weiß nicht wo du mich hinbringen willst, aber was für ein Ort es auch sein mag, ich werde mich erneut befreien" versicherte sie ihm und stapfte frustriert weiter.

Als sie um eine Ecke bogen und ein durchdringender Frauenschrei direkt über ihnen hörbar wurde, hielt er inne und befahl ihr ebenfalls stehen zu bleiben. "Verdammt das war Siana" sagte er zu sich selbst und steckte die Waffe zurück an seinen Gürtel. Elly stellte fest, dass er neben dem Dolch noch ein Schwert bei sich trug, ehe sie von ihm gegen eine Steinwand gedrückt wurde. "Du bleibst hier, ich möchte keinen Ton von dir hören und wage es bloß nicht zu fliehen. Du weißt, dass ich schnell bin und dich ohnehin wieder einfangen werde" Nevion klang beunruhigt und wartete keine Antwort ab. Nervös kramte er in seinem Beutel und zog den Rubinstein heraus.

Elly beobachtete ihn und musste schmunzeln, als sie seinen verstörten Gesichtsausdruck wahrnahm. Der Kristall hatte sich verändert und funkelte nur noch selten hell auf, er wurde immer dunkler und von dem strahlenden Rot war nichtmehr viel zu sehen. "Das kann nicht sein" sagte Nevion kaum hörbar und nuschelte etwas unverständliches. Er konzentrierte sich und nutzte die Magie des Rubins.

Gerade als Elly die Flucht ergreifen wollte, wurde der gesamte Gang in grelles Licht getaucht. Sie kniff die Augen fest zusammen und wartete ab bis es wieder dunkler wurde. Als sie die Lider aufschlug, stand nur wenige Meter von ihnen entfernt ein hochgewachsener Mann in schwarzer Rüstung. Sie hatte ihn schonmal gesehen und erinnerte sich wage an ein Bild in Nevions Zimmer. "Azriel" schoss es ihr durch den Kopf.

Mit seiner linken Hand hielt er den Hals einer schwer verletzten braunhaarigen umklammert, die sich kaum bewegte und stark blutete. "Siana!" schrie Nevion, als Azriel die Frau zu Boden gleiten ließ und grinste.

Elly wusste sofort, was geschehen war. Nevion musste den Stein benutzt haben um Siana hierher zu bringen, doch da sie im Augenblick der Teleportation körperlichen Kontakt zu Azriel gehabt hatte, konnte er ihr folgen. Das erklärte zumindest sein plötzliches auftauchen. Der weißhaarige Elf blickte an Nevion vorbei und starrte Elly an, als hätte er endlich gefunden was er schon eine ganze Zeit lang suchte.

Sie war vollkommen verwirrt. Wenn die Namen auf dem Portrait in Nevions Zimmer der Wahrheit entsprachen, hatte Azriel mit Siana ein Familienmitglied und gleichzeitig seine Königin angegriffen doch aus welchem Grund?

Einige Schatten lösten sich von seinem Körper und huschten blitzschnell den Tunnel entlang in beide Richtungen, vermutlich um die Gegend auszukundschaften. Sie blickte einem von ihnen hinterher und wunderte sich. Noch nie zuvor hatte sie von einem Spitzohr gehört, der als Wirt für Schattendämonen diente. Das konnte nur bedeuten, dass...

"Hier steckt ihr also, Silas sucht bereits die ganze Festung nach euch ab" Azriels Worte waren an Elly gerichtet. Ihr Herz schlug vor Freude schneller, als sie Silas Namen hörte und sie zerbrach sich nicht weiter den Kopf über den Elf. "Bring mich zu ihm" antwortete sie wie von selbst und ging auf Azriel zu, als er nickte. "Du gehst nirgendwo hin Elly" mischte Nevion sich ein und versperrte ihr den Weg mit seinem Schwert, dabei ließ er den Weißhaarigen nicht aus den Augen. "Wie konntest du uns nur so verraten, wir haben dir vertraut" wandte er sich nun an Azriel und sah ihn verächtlich an.

"Verschwende nicht meine Zeit und geh mir aus dem Weg, sonst endest du wie deine geliebte Königin" er deutete auf Siana vor seinen Füßen unter der sich eine Blutlache ausbreitete. Als Azriel bemerkte, dass sie noch immer lebte holte er mit seinem Schwert aus um ihr den Todesstoß zu versetzen. "Nein!" schrie Nevion, preschte auf ihn zu und hinderte ihn mit seiner Waffe daran, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Während die beiden erbarmungslos miteinander kämpften suchte Elly nach einem spitzen Gegenstand um Nevion auszuschalten. "Folge mir" ertönte eine unheimliche Stimme in der Nähe und sie sah sich um, wer war das?

"Komm mit Elly" sagte ein Schattendämon, der an einer Wand entlang kroch. Er sah sie mit gelben Augen an und zeigte nach rechts in Richtung des schmalen Gangs, der ins Unbekannte führte. Elly atmete tief durch und folgte der Kreatur.

Obwohl die Beben mittlerweile aufgehört hatten, fühlte sie sich trotzdem nicht sonderlich sicher. Irgendwie war das ganze ziemlich gruselig. Der Dämon gab kratzende Geräusche von sich, während er die Steinwände entlang kroch und sie durch ein Labyrinth aus alten Tunneln führte.

War es eine gute Idee gewesen ihm zu folgen? Was würde geschehen wenn der Dämon garnicht zu Silas Dienern gehörte, wenn er sie nur von Nevion und Azriel weglockte um sie in Ruhe verspeisen zu können? Elly malte sich verschiedene Horrorszenarien aus und ihr Unbehagen wuchs mit jeder weiteren Sekunde die verging.

Letztendlich entschied sie sich dafür wieder umzukehren, bevor sie sich noch rettungslos in den Gängen verirrte, falls es dafür nicht schon zu spät war. Sie wollte gerade umdrehen, als der Schatten erneut zu ihr sprach. "Warte hier" krächzte er und verschwand fast augenblicklich. Sie kam nicht dazu in Panik auszubrechen und sich Gedanken darüber zu machen, was der Dämon nun vor hatte denn er kehrte rasch zu ihr zurück. Ein Mann materalisierte sich neben ihm und Elly riss die Augen weit auf. "Targun!"

Er nickte ihr kurz zu und grinste sie an. "Schön euch zu sehen, ich hoffe ihr seid wohlauf?"

"Kann man so sagen aber Miwa ist..."

"Ihr braucht euch keine Sorgen um sie zu machen, der Kleinen geht es gut" unterbrach er sie und streckte ihr seine Hand entgegen. "Wie sieht es aus, soll ich euch zu Silas bringen?"

Elly lächelte nur. Sie nahm Targuns Hand und ließ sich von ihm teleportieren.








Gefährtin des Schwarzdrachen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt