Siana Avari, die Königin der Elfen schritt anmutig durch den wundervollen Garten vor ihrem Zuhause, ein Paradies aus Blumen und anderen Pflanzen. Der Mond leuchtete hell und die kühle Nachtluft sorgte dafür, dass sie einen klaren Kopf bekam. Immer wenn Siana nicht schlafen konnte kam sie hierher, dieser Ort beruhigte sie. Hier fühlte sie sich geborgen.
Ihr weißes Kleid flatterte im Wind und ohne darüber nachzudenken, strich sie mit den Fingern über ihren goldenen Stirnreif, als sie den Blick schweifen ließ. Zwischen einigen Bäumen flogen winzige Geschöpfe durch die Luft und spielten miteinander. Ihre zierlichen Flügel hinterließen dabei feinen glitzernden Staub.
Siana mochte die Feen schon immer, sie strahlten Unbeschwertheit und reine Lebensfreude aus. Als sie einen Torbogen durchquerte und einen kleinen, mit Kies ausgelegten Platz erreichte musste sie lächeln.
Der imposante Brunnen in der Mitte wurde aus weißen Steinen angefertigt, der Wasserspeier hatte die Form eines Fischkopfs und versorgte das Becken mit frischem Wasser. Viele Feen hatten sich hier versammelt und veranstalteten eine Wasserschlacht, während sie laut kicherten. Ihre Schönheit war atemberaubend, sie leuchteten in den verschiedensten Farben. Einige von ihnen schwirrten wie Glühwürmchen durch die Gegend und erhellten die Nacht. Für einen Moment wünschte Siana sich ebenfalls zu ihnen zu gehören und ihre Sorgen um die Zukunft von Aerrion vergessen zu können, doch das ging nicht. Die Angst, dass Silas die Prophezeiung womöglich erfüllen würde, ließ sie einfach nicht los. Hinter ihr knirschte der Kies.
"Mylady?"
Siana drehte sich um und blickte in Nevions dunkelgrüne Augen. Er galt als Legende unter den Elfen und war einer der geschicktesten Kämpfer ihrer Art. Seine langen braunen Haare wehten im Wind und er lächelte sie freundlich an. Siana erwiderte Nevions Lächeln und ließ sich von seiner schweren Rüstung nicht stören. "Es gibt Neuigkeiten, was die Suche nach der Auserwählten anbelangt"
"Sprecht" sagte Siana rasch und Nevion fuhr fort "Nalani und die anderen Sucher konnten ihren Aufenthaltsort bestimmen und sind nun auf dem Weg zu ihr. Es wird nichtmehr lange dauern, bis sie die Frau gefunden haben."
Sianas Herz schlug bei den Neuigkeiten schneller. "Ich bin mir sicher, dass sie Hilfe benötigen. Silas wird uns seine Auserwählte sicher nicht freiwillig aushändigen" antwortete sie und bahnte sich mit eiligen Schritten einen Weg durch den Garten, auf ein wunderschönes Gebäude zu. Nevion folgte ihr.
Die Heimatstätte der Elfen war riesig, ein mit Pflanzen und Blumen überwucherter Palast, der von kräftigen Baumstämmen getragen wurde und mehrere Meter über dem Boden aufragte. Sie blieben auf einem großen Blatt stehen und ließen sich von der Pflanze zum Eingang tragen. "Das ist mir bewusst. Ich habe die Magier angewiesen, ein Portal vorzubereiten damit meine Männer und ich zu ihnen stoßen können."
Siana nickte knapp und folgte einem langen Gang. Die dunklen Holzwände wurden von feinen goldenen Linien durchzogen und zeigten die Bilder einiger ihrer Verwandten und Familienangehörigen. Die meisten von ihnen waren bereits tot, gefallen im gnadenlosen Krieg gegen das Böse.
Als ihre hellbraunen Augen an einem Portrait von ihrem Bruder Azriel hängen blieben, erfüllte große Trauer ihr Herz. Er war ein ehrenwerter Mann gewesen, der bis zu seinem plötzlichen verschwinden tapfer gegen die Untoten vor den Toren Starrigens gekämpft hatte.
Viele sagen, dass er dem Feind in die Hände gefallen war und verhört wurde bevor er qualvoll starb. Andere wiederrum behaupteten, er hätte seine Waffen niedergelegt und sich zurückgezogen um ein Leben frei von Gewalt zu führen. Was wirklich verletzend war.
Azriel würde die Bewohner von Aerrion niemals freiwillig im Stich lassen, dessen war sich Siana sicher auch wenn niemand mit Gewissheit sagen konnte, was genau geschehen war. Ein kleiner Teil von ihr glaubte noch immer daran, dass er lebte. Die Hoffnung, ihn eines Tages wiederzusehen gab ihr neuen Mut und schenkte ihr Kraft.
Sie bogen um die Ecke in einen weiteren Flur und gingen zielsicher auf eine kunstvoll geschnitzte Holztür zu. "Ich werde alles in meiner Macht stehende tun um die Frau in Sicherheit zu bringen, verlasst euch darauf." Nevion war zuversichtlich, doch Siana kam nichtmehr zum antworten denn ihr wurde mit einem mal so schwindelig, dass sie auf die Knie fiel.
"Mylady, was ist mit ihnen?!" Nevion wirkte mehr als besorgt und wollte ihr auf die Beine helfen, doch der Boden schien sie zu verschlucken. Alles drehte sich. "Wachen!" hörte sie ihn rufen, seine Stimme klang weit entfernt. Einen Augenblick lang wurde Siana schwarz vor Augen, schließlich schossen hunderte von Bilder durch ihren Kopf, grausame und verstörende Bilder. Sie versuchte einige von ihnen genauer zu erfassen, um herauszufinden was sie ihr zeigen wollten. Letztendlich gelang es ihr.
Schwarze Magie die gewirkt wurde - Schattendolche die über eine Wiese auf ein Nachtlager zuflogen - Eine Gruppe von Menschen die aus dem Schlaf schreckten und gleich darauf von den Waffen erstochen wurden - Ein Schwarzhaariger Mann der sich zur Seite rollte und im zick zack über die Wiese rannte um vor den Waffen zu fliehen - Ein blonder Magier, der sich vor ihm materalisierte und einen Zauber wirkte, sodass die Füße des Schwarzhaarigen am Boden festklebten - Das zischende Geräusch der sich nähernden Schattendolche - zwecklose Versuche sich zu befreien, ziehen, zerren, reißen - Todesangst, ein Blick auf die Gestalt des Magiers der seelenruhig abwartete - Weit aufgerissene Augen - die Dolche die ihr Ziel erreichten und sich tief in den Rücken des schwarzhaarigen bohrten - sein lebloser Körper der mit dem Kopf voran ins Gras fiel - Der Blonde -ein Lächeln - eisige blaue Augen -Ziegenbart - dunkles Gewand.
Am liebsten hätte Siana sich übergeben, doch der Horror war noch nicht vorbei. Die nächsten Bilder erschütterten sie bis ins Mark.
Verhexte Wurzeln - Nalani die zerquetscht wurde - eine rothaarige Frau die über ihre Leiche hinweg stieg und in einem Busch verschwand.
Die Auserwählte, die eine blutige Waffe in der Hand hielt und immer wieder auf einen Mann einstach - schwarze Schuppen die sich auf ihrer Haut ausbreiteten, bis ihr Körper fast vollständig mit ihnen bedeckt war - Silas, der das Geschehen aus der Dunkelheit heraus beobachtet hatte und siegessicher aus den Schatten auf sie zu trat - Elfen die sich ihm in den Weg stellten - zwei von ihnen, die die Frau von der Leiche wegziehen wollten.
Siana hatte Tränen in den Augen und schrie so laut sie konnte, als sie sich auf dem Holzboden wiederfand. Nevion hielt sie im Arm und strich ihre langen braunen Haare hinters Ohr, während einige Elfen den Flur entlang eilte und auf sie zukamen.
"Tut was ich sage und stellt keine Fragen. Weckt den Waldgeist und bittet ihn um Hilfe im Kampf gegen das Böse, wenn wir die heutige Schlacht verlieren ist Aerrion dem Untergang geweiht." Siana erkannte ihre eigene Stimme kaum wieder "Aber Mylady wir..."
"Uns bleibt keine Zeit mehr. Silas ist kurz davor sein Ziel zu erreichen" unterbrach Siana ihn ernst. Nevion erstarrte als sie ihm ihren wertvollsten Besitz übergab. Ein uraltes elfisches Relikt, das sie stets bei sich trug.
Es handelte sich dabei um einen rubinroten Edelstein, der unglaubliche magische Kräfte besaß. Nevion wusste, dass sie den Kristall nur einsetzte wenn es keine andere Möglichkeit gab denn seine Zauber hatten ihren Preis und kosteten einen Teil von Sianas Lebenskraft.
Sie schaute ihm in die Augen und legte den Stein in seine Hände. "Nutze die Magie um das Portal direkt zu öffnen und unseren Suchern zu helfen. Bittet den Waldgeist um Hilfe und bringt die Auserwählte nach Taleth. Ich werde in der zwischenzeit eine Möglichkeit finden, wie wir der Frau helfen und die Finsternis aus ihrem Körper vertreiben können."
Einen Augenblick lang schwiegen sie, doch schließlich schloss er seine Hand fest um den Kristall und nickte entschlossen. "Ich werde euch nicht enttäuschen, meine Königin." Mit diesen Worten verschwand er und Siana ließ sich von den Elfen auf die Beine ziehen.
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Gefährtin des Schwarzdrachen
FantasyDer Frieden auf dem Planeten Aerrion gehört der Vergangenheit an, es herrscht Chaos und brennende Städte sind längst keine Seltenheit mehr. Grund dafür ist Silas, der Herrscher der Finsternis. Als er das erste Mal auf Elly, eine junge Menschenfrau t...