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Niro

...Es ist nicht bekannt, ob Silber ihnen wirklich schadet. Da Werwölfe sich bei Vollmond verwandeln, gab es zu wenige Gelegenheiten diese These zu überprüfen.

Werwölfe sind absolute Einzelgänger und unterscheiden sich nicht wirklich von dummen Tieren. Ihre Instinkte übernehmen fast immer die Überhand, deshalb töten sie meistens wahllos. Man sollte Werwölfe also besser nicht reizen und allgemein eher meiden.

In ihrer menschlichen Form besitzen sie Intelligenz, die den Menschen und anderen humanoiden Wesen ähnelt. Jedoch werden sie nach wie vor stark von ihren niederen Instinkten beherrscht.

Seufzend legte Niro das Buch weg und rieb sich die Schläfen.
Seit dem Überfall suchte er nach Hinweisen zu dem Wolfsreiter.
Zuerst hatte er sich über Werwölfe schlau gemacht.
Blöd nur, dass in jedem Fachbuch etwas anderes stand.
Bis auf die Tatsache, dass alle etwas mit Wölfen gemeinsam hatten und, warum auch immer, Einzelgänger waren.

Deshalb war es äußerst unwahrscheinlich, das der Wolfsreiter ein Werwolf war. Vor allem gab es Werwölfe ja nicht einmal, jedenfalls kannte er keinen, der jemals einen gesehen hätte.

Bis auf ein paar verrückte ältere Spinner, natürlich.

Seine Mundwinkel hoben sich leicht. Was für eine Ironie, ich gehöre schließlich seit kurzem auch zu den Spinnern.

Es klopfte laut an seiner Tür. Entnervt stand Niro auf. Er bekam für seinen Geschmack in letzter Zeit schon wieder zu viel Besuch. Die sollten sich alle fernhalten von ihm. Insbesondere, da alle glaubten er wäre verrückt. Da mussten sie ihm ja nicht noch ständig unter die Nase reiben, dass er normalerweise von allen gemieden wurde.

Er riss die Tür auf, schon mit einer wütenden Begrüßung auf seiner Zunge, als er sich gerade noch rechtzeitig stoppte.
Er seufzte.
"Was wollt ihr denn schon wieder hier?"

Die beiden Dämonen, die ihn vor zwei Tagen schon einmal aufgesucht hatten, standen vor ihm.
Der vordere, der Dämon mit den braunen Haaren und dem dunkelroten Augen, lächelte ihn freundlich an.

Und ich dachte immer, Dämonen sind unhöflich. Weit gefehlt!

"Dürften wir vielleicht reinkommen?"

Jep, definitiv höflich bis zum abwinken. Ist ja zum Kotzen.

Niro verschränkte die Arme vor der Brust.
"Nein. Ich habe keinerlei Bedürfnis, euch hereinkommen zu lassen,-ähm"

Verdammt. Wie hießen die beiden noch mal?

"Rem. Das hier ist mein Begleiter, Andras" sagte der Dämon namens Rem und deutete auf den zweiten Dämon mit den hellbraunen Haaren und orangenen Augen, der bis jetzt noch kein einziges Wort gesagt hatte und Niro nur abschätzig musterte.

Fast auf Anhieb fand er ihn unsympathisch.

Und Rem ging ihm mit seiner dämlichen Höflichkeit verdammt auf die Nerven.

"Okay, dann hör mir mal zu, Rem.Ich habe schon letztes Mal alles gesagt, was es zu sagen gibt und wenn ihr mir nicht glaubt und denkt, ich sei wahnsinnig, dann von mir aus. Nur nervt mich nicht und labert mich nicht voll und vor allem lasst mich in RUHE. Ich möchte weder mit Dämonen mich über mein Leben unterhalten, noch möchte ich-"

"Oh, verzeih das Missverständnis. Wir wollten eigentlich nicht wirklich mit dir reden, wir wollten dich um etwas bitten" unterbrach ihn Rem.

"Was?"
Misstrauisch beobachtete er die beiden Dämonen. Eine Bitte? Dabei konnte ja nichts gutes herauskommen!

"In Bezug mit dem Wolfsreiter....wir wollten in die umliegenden Dörfer und Nachforschungen betreiben"
Rem sah ihn erwartungsvoll an.
"Und du sollst mitkommen"

Für einen Moment konnte Niro den Dämon nur anstarren.
War er verrückt? Oder hatte die Kälte sämtliche Gehirnzellen vernichtet?
"Nein" antwortete er kurz angebunden und ging wieder zurpck ins Haus.
Das hieß, er wollte zurück ins Haus gehen.

Binnen einer Sekunde stand Rem direkt vor ihm, Niro wäre beinahe in ihn hereingelaufen.
"Ah, aber der König wünscht ausdrücklich, dass du uns begleitest. Und wir auch"
Niro konnte den Dämon nur anstarren. Seine Worte waren höflich wie eh und je, nur.....passten die jetzt leicht glühenden Augen nicht ganz so recht dazu. Augen, die Niro ewige Höllenqualen zu versprechen schienen.

Mit einem Mal wurde Niro schlagartig bewusst, dass er es mit Dämonen zu tun hatte.
Normalerweise waren Dämonen nicht freundlich.
Nur hatte er welche erwischt, die es waren.
Mehr oder weniger.
Oder sie hatten einfach einen längeren Geduldsfaden.
Niro hatte einfach verdrängt, dass mit Dämonen nicht wirklich zu Spaßen war.

Hatte er ernsthaft geglaubt nach allem, was passiert war, konnte ihn nichts mehr erschrecken?
Was für ein Narr er doch war.
Und jetzt hatte er einen Dämon vor sich stehen und einen hinter sich.
Er war förmlich umzingelt.
Na großartig.

"Ähm....wenn ich mir es recht überlege....hört sich doch alles ganz spaßig an. Wann soll es losgehen?"

"Morgen früh. Bereite deine Abreise vor. Und..."
Rem beugte sich leicht vor und sagte leise "...denk nicht daran, zu fliehen. Wir würden dich finden. Und dann könnte es äußerst....unangenehm für dich werden"
Niro hätte sich am liebsten umgedreht und Fersengeld gegeben.

Als hätte man plötzlich einen Schalter umgedreht lächelte Rem strahlend, klopfte ihm auf die Schulter und ging an ihm vorbei.

Niro hörte wie er und der andere Dämon sich entfernten, drehte sich aber nicht um. Stattdessen lief er in sein Haus und verriegelte seine Tür. Mit klopfendem Herzen lehnte er sich dagegen. Er fuhr sich mit einer fahrigen Bewegung durch die Haare, seine Hand zitterte leicht.

Es hatte seine Gründe, warum jedem kleinen Kind schon immer eingetrichtert wurde: Leg dich nicht mit Dämonen an.
Oder du wirst sterben.

Na großartig. Morgen gehe ich mit zwei Dämonen auf die Suche nach ebenso gefährlichen Riesenwölfen. Ich habe in letzter Zeit auch kein Glück mehr.

Wolfsblut *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt