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Saria

"Was ist hier passiert?"
Ihre Stimme war nicht mehr als ein Flüstern.

Die Dämonen, Niro und sie selbst befanden sich auf den Rückweg nach Eisfall.
Niro weigerte sich partout den Dämonen zu helfen und die hatten schließlich keine andere Wahl mehr gehabt als ihn schließlich zum König höchstpersönlich zu schleppen.
Saria kam natürlich mit, sie wollte Niro so gut es ging unterstützen.

Ihr Weg nach Eisfall führte sie durch eines der etwas größeren Dörfer, die im Vergleich zu der riesigen Stadt jedoch winzig wirkten.
Saria war schon oft hier gewesen, es war eine fröhliche Gemeinschaft die trotz aller Widrigkeiten immer mit beiden Beinen fest auf dem Boden stand, sets mit einem Lächeln im Gesicht.
Doch nun.....das Dorf hatte keinerlei Gemeinsamkeiten mit all diesem mehr.

Es wurde zu einem Ort des Grauens....des Todes.

Entsetzt sah sie sich um.
Sie konnte schon fast nicht glauben was sie sah.
Die Dorfbewohner waren förmlich niedergemetzelt worden.
Der Boden war rostrot, überall lagen Leichen, die Luft stank nach dem metallischen Geruch von Blut, der in Saria Übelkeit auslöste.
Wohin sie auch blickte, schmerzverzerrte Gesichter, die Münder zu verzweifelten Schreien geöffnet.
Selbst tot sah man ihnen ihre Qual an.

Saria hielt es nicht mehr aus und wandte den Blick ab.
Niro starrte mit aschfahlen Gesicht auf das Gemetzel, nicht fähig wegzusehen.
Die Dämonen....auf den ersten Blick waren ihre Gesichter vollkommen ausdruckslos.
Als sie jedoch näher hin sah, erkannte sie die zusammengepressten Lippen von Rem und der geschockte Ausdruck in Andras' Augen.
Nicht einmal sie ließ das Geschehen kalt.

"He! Ihr da! Was habt ihr hier zu suchen?!"

Ein Mann lief auf sie zu, er trug die Uniform eines Soldaten aus der königlichen Garde in Eisfall.

Eigentlich logisch, dass der König gleich davon Wind bekommen hat. Schließlich liegt dieses Dorf in der Nähe von Eisfall.

Als der Mann die Dämonen erkannte, verneigte er sich und fuhr mit deutlich höflicherer Stimme fort
"Verzeiht meine Unhöflichkeit, aber dieses Dorf ist für unbestimme Zeit gesperrt. Ich bitte Euch zu gehen und einen kleinen Umweg in Kauf zu nehmen"

Ohne auf den Mann einzugehen fragte Rem
"Was ist hier passiert?"

Der Soldat zögerte.
"Es tut mir leid, ich darf leider nichts sagen....aber-"

"Ich würde mich ungerne wiederholen"
Saria erschauderte. Rems Stimme machte mehr als deutlich, dass er etwas anderes als eine Antwort nicht dulden würde.
Fast hatte Saria schon Mitleid mit dem Mann.
Niemand würde es riskieren einen Dämon zu verärgern.

"Ähm...nun ja..."
Hin- und hergerissen zwischen Plichtgefühl und Angst, zögerte der Mann zuerst.
"Nun ja....das wissen wir selbst noch nicht so richtig. Bis jetzt gab es noch keine Hinweise....A-aber wir bleiben natürlich wachsam. Die Frau verweigert es, mit jemandem zu reden"

"Eine Frau? Es gab Überlebende?"

"J-ja"

"Wo?"
In Andras' Stimme schwang noch viel weniger Geduld und Freundlichkeit mit als bei Rem.
Das hieß, nichts von Beidem.
Verwunderlich war es jedenfalls nicht, dass der Soldat ängslich zusammenzuckte.

"Wir haben sie in unser Lager gebracht....in eines der Zelte...sie war vollkommen verstört....es-"

Ohne dem Mann weiter Beachtung zu schenken gaben die Dämonen ihren Pferden die Sporen.
Niro und Saria folgten ihnen, wobei Saria dem Mann noch ein entschuldigendes Lächeln zuwarf.

Ihr Lächeln erstarb als sie durch das Dorf ritten.
Unnatürliche Stille herrschte, die einzigen Lebewesen außer der kleinen Gruppe waren die Soldaten, die mit finsteren Mienen hin und wieder zu sehen waren.

Saria konzentrierte sich auf die Dämonen.
Sie hatte die Dorfbewohner gekannt.
Mit jedem neuen Toten traf sie einen alten Bekannten.

Endlich kamen sie bei dem provisorischen Lager der Soldaten an und Saria entwich ein erleichterter Seufzer, gleichzeitig mit ihr atmete auch Niro auf.
Besorgt musterte sie ihn.
Niro war weder Jäger noch Soldat, sondern ein einfacher Zivilist.
Auch wenn Saria die Toten gekannt hatte, ihn musste es noch viel schlimmer treffen.
Schließlich hatte er noch nie ein derartiges Blutbad gesehen.
Langsam stieg sie von ihrem Pferd, ließ ihn dabei aber keine Sekunde aus den Augen.

Inzwischen hatte sich Andras den erstbesten Soldaten geschnappt und....höflich nach dem Weg gefragt.

Wenn das noch so weiter geht, wird es bald noch Tote wegen Herzversagen geben....aber dann übernehme ich schon mal keine Verantwortung!

Saria ging den Dämonen gemächlich hinterher.
Sie wollte zwar so schnell wie möglich zu der Überlebenden, aber Niro ging momentan vor.
So wie er nämlich aussah, würde er ihr bald umkippen.
Genau in diesem Augenblick taumelte Niro.
Schnell lief sie an seine Seite und stützte ihn.
Dankbar lächelte er sie an, woraufhin sie seltsamerweise ein komisches Kribbeln im Bauch spürte.

Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, hatten sie auch schon das Zelt erreicht.
Zwei Wachen standen mit grimmigen Gesichtern davor.
Ein einziger Blick von Andras jedoch reichte, um sie hastig beiseite treten zu lassen.
Rem und Andras verschwanden im Zelt, Niro zögerte.
Saria sah ihn fragend an
"Alles in Ordnung?"

Was für eine dumme Frage. Natürlich ist alles in Ordnung. Schließlich trifft man ja jeden Tag als Zivilist auf vestümmelte Leichen.

Niro nickte.
"Klar"

Hat ihm eigentlich schon jemand gesagt, was für ein erbärmlicher Lügner er ist?
Offensichtlich nicht.

Nach einem tiefen Atemzug betrat er das Zelt.
Saria folgte ihm.

Wolfsblut *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt