Wolfsblut *pausiert*

#49

Niro

Entsetzt beobachteten Niro und Saria, wie die Wölfe sich gegenseitig abschlachteten. Allesamt waren sie riesig, ihre gesträubten Felle ließen sie noch größer wirken.
In ihren Augen funkelte es wild, gebleckte Zähne schlugen in weiches Fleisch. Sie wirkten nicht länger wie Tiere, sondern wie tollwütige Bestien die nach Blut lechzten.
Niro fühlte sich wie betäubt, vollkommen überfordert. Gleichzeitig fühlte er sich jedoch elektrisiert, er konnte förmlich spüren wie Adrenalin durch seinen Körper strömte. Doch er wusste nicht, was er machen sollte.
Er hätte am liebsten geholfen....aber wem? Und was ging hier überhaupt vor sich? Der Kampf hatte sich mittlerweile so verlagert, dass keiner der Wölfe sich mehr um die Menschen scherte.
Es war nur noch ein einziger, erbitterter Kampf gegeneinander.

"Saria! Niro!"
Niro wendete mit Mühe seinen Blick von dem schauderhaften Spektakel ab.
Gegenüber von ihm, auf der anderen Seite des Platzes, standen Rem und Andras.
Dazwischen wimmelte es nur so von pelzigen, zuschnappenden Leibern. Rem trat unentschlossen hin und her, doch ein Durchkommen war unmöglich, zu viele Wölfe waren im Weg.
Falls Niro und Saria in Schwierigkeiten stecken würden, könnten die beiden ihnen nicht helfen.

"Passt auf!"
Ein lauter Schrei von einem der Soldaten ließ ihn herumwirbeln.
Eine neue Gruppe von fünf Wölfen kam auf sie zugelaufen, vier graue Bestien mit blutverschmierten Mäulern und wild glänzenden Raubtieraugen..
Der Anführer der Gruppe war nicht nur größer als die anderen vier Wölfe, er überragte alle. Sein Fell war so schwarz, dass es das Licht förmlich zu absorbieren schien und seine Augen hatten die Farbe von Blut.
Auf der rechten Hälfte seines Gesichts teilte eine Narbe das glänzende Fell, ließ ihn noch furchteinflößender wirken als er es ohnehin schon tat.

Der Wolf blieb stehen und schien das blutige Schauspiel vor sich zu betrachten.
Dann wanderte sein Blick weiter....und blieb ausgerechnet bei Niro und Saria hängen.
Er legte den Kopf leicht schräg.
Niro starrte ihm in das ausdrucksstarke Gesicht, die grausame Intelligenz die dort stand ließ ihm einen kalten Schauer über den Rücken laufen.
Denselben Ausdruck hat Lea auch...irgendwie wissend.

Doch dann hatte Niro keine Zeit mehr, den Wolf mit Lea zu vergleichen. Denn er kam direkt auf ihn zu. "Verdammt"murmelte Saria neben ihm.
Mit einem metallischem Schleifen zog sie ihre Dolche.
Niro schluckte und tat es ihr gleich, sich selbst verwünschend, nicht mehr trainiert zu haben. Er war schon um einiges besser geworden, schließlich hatte er abwechselnd mit den Dämonen und Saria trainiert.
Aber er bezweifelte, nein er wusste, dass es gegen diesen Gegner nicht ausreichen würde...und wahrscheinlich war nicht einmal Saria ihm gewachsen.

Der Wolf blieb stehen.
Schaute auf die Waffen, schaute sie an.
Sah wieder auf die Waffen, sah abermals zu ihnen.
Er knurrte bedrohlich und....irgendwie klang er dabei belustigt, als würde er das Ganze absolut lächerlich finden.
Niro schluckte, sein Herz fing an zu rasen.
Er wagte einen Seitenblick zu Saria. Ihr ging es offensichtlich nicht besser, sie hatte die Lippen fest zusammengepresst, Schweiß schimmerte auf ihrer Stirn.
Alles andere als beruhigend.
Und dann blieb keine Zeit mehr für Gedanken.
Der Wolf sprang los.

Niro sah ihn rennen, die enorme Geschwindigkeit hätte ihn unter anderen Umständen wahrscheinlich beeindruckt.
Aber so wurde seine Angst immer größer.
Und es war ganz und gar nicht hilfreich, dass der Wolf von nahem noch viel größer und furchteinflößender war als vorerst angenommen.
Dann ging alles ganz schnell.
Der Wolf hatte sie fast erreicht, Niro konnte schon den Luftzug spüren-und dann stieß etwas schweres Niro mit voller Wucht zu Boden.

Er kam mit dem Gesicht zuerst auf, der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Saria genauso zu Boden gerammt wurde.
Ein ungewöhnlich kleiner grauer Wolf stand über ihr und knurrte mutig die andere Gruppe von Wölfen an, die ihn alle um einige Köpfe überragten.

Ein aggressives Knurren direkt vor ihm, irgendwie vertraut.
Als Niro aufblickte sah er wie ein weiterer Wolf sich auf den schwarzen stürtzte.
Derjenige, der ihn zur Seite gestoßen hatte.
Ein Wolf mit weißem Fell und eisblauen Augen.

Lea!