#9

136 16 2
                                    

Unbekannt

Der Tag wurde immer seltsamer.

Zuerst hatte es Schreie im Wald gegeben. An sich nichts ungewöhnliches, nur dass auf der Lichtung, von dem die Schreie kamen, komplett leer war.
Bis auf einen einzelnen Blutstropfen, der ohne jeden Geruch war.
Genau wie die Lichtung, es war, als wäre nie etwas passiert.

Dann war mein Rudel einer Eisfurie begegnet.
Zum Glück haben wir niemanden verloren....

Doch damit nicht genug, zwei meiner Späher waren verletzt zurückgekommen-sie waren von Schatten angegriffen worden.
Von Schatten.
Wabernde Gestalten, ohne feste Materie.

Die merkwürdigen Vorkommnisse häuften sich-und sogar ich fing an zu glauben, dass es mehr als reiner Zufall war.
Das schlimmste daran war, ich wusste nicht mit wem ich es zu tun hatte.
Ich hatte nicht die geringste Idee.
Und das machte....mich nervös.
Wäre ich imstande gewesen, Angst zu verspüren, ja dann hätte ich wohl Angst gehabt.

Und jetzt.....jetzt tauchten auch noch Fremde in meiner Lieblingsschenke auf.
Und es waren keine unbekannte Fremde.
Die zwei Dämonen, die ich hatte laufen lassen und der Mensch, der mir schlichtweg entkommen war.
Ich hatte zu spät bemerkt, dass er sich versteckt hatte.
Ich hätte mich doch in die Stadt schleichen sollen um ihn zum Schweigen zu bringen. Dann wäre er jetzt nicht hier.

Der Wirt ging zu ihnen und nahm ihre Bestellung auf.
Ich spürte ihre Blicke auf mir.
Die Dämonen waren schlau genug, um etwas zu spüren.
Der Wirt kam wieder zu mir und fuhr fort, mit mir zu reden.
Er sprach immer mit mir.
Obwohl es mir lieber gewesen wäre, er würde mich ignorieren.
Auch wenn er eine vorzügliche Informationsquelle abgab.

"Wo waren wir? Ach ja, genau. Ob irgendetwas passiert ist als du jagen warst. Du kennst doch Kathrin, oder? Das Mädchen, die neben dem Schmied wohnt?"

Zur Antwort nickte ich.
Kathrin war ein junges Mädchen, eines der unschuldigeren Sorte. Sie beteiligte sich weder an Hetzereien, noch versuchte sie andere schlecht zu machen.
Ich schaute kurz zu den Dämonen. Beide starrten ausschließlich mich an, der Mensch wirkte verwirrt.
Dämonen hatten ein gutes Gehör, wahrscheinlich hörten sie alles mit.
Ich musste vorsichtig sein, was ich sagte.

"Kathrin hat einen Wolf gesehen!"

Was?
"Einen Wolf? So nah am Dorf?"

"Ja" Der Wirt lehnte sich leicht zu mir, seine Augen funkelten. Er liebte es zu tratschen.
"Keiner sonst hat den Wolf gesehen, es war am Abend und sie war alleine. Aber sie hat gesagt, der Wolf sei riesig gewesen, groß wie ein Pferd!"

"Wölfe werden nicht so groß" sagte ich kurz angebunden.

Der Wirt lachte leise auf
"Ja, nicht? Wahrscheinlich hat sie sich das nur eingebildet. Mich interessiert viel eher, was sie so spät noch gemacht hat"

Ich zuckte nur mit den Schultern.
Ich war viel mehr mit dem eben Gehörtem beschäftigt.
Ich bezweifelte nicht, dass Kathrin wirklich einen Wolf gesehen hatte.
Nur blieb die Frage, wer dieser Wolf war.
Denn es war kein Wolf meines Rudels gewesen.

Die Nachricht war beunruhigend.
So beunruhigend, dass ich glatt die beiden Dämonen vergessen hatte.
Binnen eines Wimpernschlages standen sie direkt neben mir.
Einer der beiden, mit braunen Haaren und dunkelroten Augen, beugte sich lächelnd zum Wirt.
"Ein riesiger Wolf? War sich Kathrin da ganz sicher?"

Der Wirt warf dem Dämon einen feindseligen Blick zu.
Ich musste unwillkürlich schmunzeln, in Dörfern wie diesen waren Fremde nicht gerne gesehen und man begegnete ihnen stets mit Argwohn.
Bei mir war es am Anfang dasselbe gewesen.

"Verzeihung, ich glaube er hat Ihnen eine Frage gestellt" warf der andere Dämon bissig ein nachdem der Wirt seinen Begleiter einfach ignorierte.
Ziemlich ungeduldig, was?
Als hätte er meine Gedanken gehört, drehte der Dämon sich jetzt zu mir, seine orangenen Augen leuchteten genervt auf.
"Und wer seid Ihr überhaupt? Was soll dieser lächerliche Umhang?"

Der andere Dämon warf ihm einen warnenden Blick zu, was ihn jedoch nicht groß zu kümmern schien.
"Als Jäger braucht man einen Umhang!"
Niedlich, wie der Wirt für mich einspringt. Auch wenn es nicht nötig ist.

"Als Jäger?"

Der Wirt schaute die beiden böse an
"Ja, als Jäger! Immerhin gehören Jäger zu denjenigen, die Dörfern wie uns helfen! Und jetzt raus aus meiner Schenke!"

Ich unterdrückte ein Lachen.
"Helfen"? Wenn er wüsste....
Der Dämon mit den orangenen Augen öffnete den Mund, doch sein Begleiter fuhr ihm schnell dazwischen
"Verstehe. Es tut mir leid"
Ein freundlicher Dämon der sich auch noch entschuldigt? Das ich das noch erleben darf. Heute ist wirklich ein seltsamer Tag
Er zog den anderen Dämon praktisch aus der Tür, der Mensch folgte ihnen.

Kopfschüttelnd wandte sich der Wirt wieder mir zu
"Schlimm so was. Sind doch alle gleich, diese Fremden. Alle unhöflich"

"Ich schätze, das lässt sich nicht vermeiden....aber zurück zu Kathrin. Ein großer Wolf also, ja?"

"Nicht groß. Riesig. Ich glaube, es ist besser wenn du mit ihr sprichst. Glaubst du etwa, an der Geschichte ist etwas dran?"

Ich stand auf.
"Ich weiß nicht so recht" log ich und ging zur Tür. "Es ist besser, wenn ich der Sache nachgehe. Nur für alle Fälle"

"Na dann, viel Glück, Jägerin!"

Ich ging aus dem Gebäude-nur um fast einen Dämon umzurennen. Einen äußerst angepisst wirkenden Dämon, dessen orangene Augen aggressiv aufglühten.

"Na endlich" knurrte er und machte einen Schritt auf mich zu.

Wolfsblut *pausiert*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt