Chapter 19

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Am nächsten Morgen wachte ich, noch bevor der Wecker klingelte, auf. Ein Blick auf die Uhr verriet, dass ich eigentlich noch zehn Minuten schlafen könnte. Wie ich das hasste! Auch hasste ich, wenn ich aufstand und mich so fühlte, als hätte ich keine einzige Minute geschlafen. Oder wenn ich mitten in der Nacht aufstand - manchmal sogar mehrmals! - und nicht mehr einschlafen konnte. Die Schule stellte meinen Schlafrhythmus einfach auf den Kopf. Okay, vielleicht waren auch die Wochenenden Schuld, in denen ich einfach viel zu spät zu Bett ging und erst gegen Mittag wieder aufwachte. Aber offen zugeben würde ich das ganz sicher nicht, der Schule die Schuld zu zuschieben, war einfacher. Gähnend streckte ich mich. Erst jetzt klingelte der Wecker. Mit halb offenen Augen haute ich auf ihn drauf. Ich hatte wohl meine Kräfte unterschätzt, denn der ehemals schöne Wecker zersprang in seine Einzelteile. Wobei schön konnte man ihn nicht nennen. Er hatte schon so einige Dellen gehabt, da ich ihn schon mehrmals an die Wand geschmissen hatte. Es kostete mich ganz schön viel Überwindung aufzustehen und mich dann für die Schule fertig zu machen. Im Bad angekommen, kämmte ich meine Haare, putzte meine Zähne und schminkte mich. Danach lief ich in mein Zimmer, zog meinen Pyjama aus und zog dann Unterwäsche, eine schwarze Leggins und einen langen, grauen Pullover an. Schnell schlüpfte ich noch in schwarze Halbsocken und dann in meine dreckigen, abgenutzten Schuhe. Ich wusste nicht wieso, aber ich liebte diese Schuhe abgöttisch. Ich hing an ihnen, mehr als an irgendein anderes Kleidungsstück. Nicht mal mein Lieblingskleid liebte ich so sehr, wie diese Schuhe. Frauen und Schuhe. Passt ja wie die Faust aufs Auge. 

''Was starrst du denn so verträumt auf deine Schuhe? Meinst du nicht, du solltest neue kaufen und diese in den Müll werfen?''

Hayden wusste, wie sehr ich an ihnen hing. Doch trotzdem versuchte sie mich immer wieder zu überreden, mir neue Schuhe zuzulegen. Doch das würde ich niemals tun. Ich hatte nicht viele Schuhe, ja, aber ich brauchte nicht mehr. Fünf Paar Schuhe reichten mir. Davon zwei Paar Turnschuhe, zwei Paar High Heels und ein Paar Ballerinas. 

''Hayden, Hayden, Hayden. Du kennst mich doch. Für nichts auf dieser Welt - na ja für fast nichts auf dieser Welt - würde ich diese Schuhe wegwerfen'', kicherte ich, wobei ich ihr einen tadelnden Blick schenkte. 

''Möge einer, die Frauen verstehen.''

''Du bist selbst eine Frau.''

''Ich weiß'', lachte Hayden, ''aber manchmal verstehe ich mich selbst nicht einmal.''

''Ich weiß genau, was du meinst'', antwortete ich ihr kichernd. 

''Vici, warum lieben Frauen Schuhe?''

Verwirrt runzelte ich die Stirn.

''Weil es in ihren Genen liegt?''

''Nein, Schuhe verändern dein Leben. Frag mal Cinderella.''

Ich lachte laut auf. Dann liefen wir langsam Richtung Schule. 

''Der war gut. Aber irgenwie auch wahr.''

''Oh oh! Ich hab noch einen. Was ist der Unterschied zwischen Schuhen und Werwölfen?''

''Keine Ahnung?''

''Es gibt keinen. Werwölfe und Schuhe sind beides Rudeltiere'', lachte Hayden laut.

Ich stimmte in ihr lautes Lachen mit ein. Unser Lachen war das einzige Geräusch zu dieser frühen Zeit im Wald.

''Uh, ich hab doch noch einen! Diesmal geht es um Männer und Hunde. Kennst du den Unterschied zwischen ihnen?''

''Nein'', kicherte ich.

''Es gibt wieder keinen. Männer sind wie Hunde, sie erkennen, dass sie ausgeschimpft werden, verstehen aber nicht warum.''

Und wieder lachte ich laut auf. Von diesem ganzen Gelächter tat mir schon der Bauch ganz weh. 

Exception - Suche nach der WahrheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt