Mit leerem Blick starre ich auf das Geschehnis, das sich vor meinen Augen abspielt. Mein warmer, stoßweise verlaufender Atem lässt das Fenster beschlagen, das die kalte Abendluft davor hindert zu mir in den Raum hineinzuströmen und sich in dem unheimlich großen Raum zu verteilen.
Mein Umfeld wird von mir ganz ausgeblendet, die Stimmen des laufenden Fernsehers hinter mir nehme ich nur noch verzerrt wahr. Meine Augen fixieren nur den Mann, der sich vor mir auf der anderen Straßenseite befindet. Den Mann, der gerade um sein Leben schreit und unsicher auf der Dachterrasse des Hochhauses gegenüber von mir steht. Sich nur noch an dem kleinen Stück Geländer festkrallt und dort Halt sucht, den ihm das rostige Geländer anscheinend nicht wirklich versichern kann.
Er blickt umher und schreit laut nach Hilfe. So laut dass sogar ich es durch meine dicken Fensterscheiben hören kann, doch fast niemand außer mir wird ihn hören können. Niemand wird ihn sehen. Niemand wird ihn von seinem Vorhaben abhalten können.
Und ich weiß was er vorhat und gerade das verstopft meine Lunge. Vernebelt meine Sinne, wirkt besser als jeder Joint, aber nicht gerade positiv. Wie lange wird das noch so weitergehen? Wird jemals ein Ausweg aus diesem Schlamassel gefunden werden oder noch schlimmer, wann werde ich dran sein?
Meine Gedanken werden abrupt von einem Schrei unterbrochen, der mir durch Magen und Leib kriecht und Schweißtropfen auf meiner Stirn bilden lässt.
Meine Augen heften sich grausam an seinen Körper, der durch die Luft auf den Abgrund zurast. Der Wind zerrt an seinen Klamotten, zerstört seine Haare und wirbelt ihn umher. Quälend langsam vergehen die Sekunden, bis sein Körper schmerzhaft auf dem Boden ankommt und er spätestens jetzt sein Leben aushaucht. Vielleicht mag ich es mir einbilden, aber ein Knacksen dringt in meine Ohren. Ein Knacksen das sich so anhört, als würden gerade all seine 206 Knochen auf einmal brechen. Ein fürchterliches Geräusch, das so eigentlich nur in Horrorfilmen vorkommt und nichts für die Realität ist.
Mit schwitzigen Händen ziehe ich die Wolldecke nur noch fester um meinen Körper und lehne mich schnaufend mit meinem Rücken an dem Fenster an. Einen kurzen Moment lang schließe ich meine Augen, bis mein Gehirn damit anfängt, das von gerade eben noch einmal vor meinem Auge Revue passieren zu lassen. Schmerzhaft ziehe ich meine Augen zusammen mit dem kleinen Schimmer Hoffnung, dass sich nun endlich meine Gedanken verziehen, doch nichts derart passiert.
Mit wackeligen Beinen stehe ich auf und schlurfe durch den großen, luxuriös eingerichteten Raum gerade aus auf den blitzeblanken weißen Schrank zu. Hastig öffne ich die beiden Schranktüren und suche nach der einzigen Lösung für all meine Probleme, nach der ich so süchtig bin. Suche nach meinem treuen Freund, der mich niemals im Stich lassen würde.
Mit schwitzigen Fingern streiche ich über die Schrankschublade vor mir und öffne sie auch schon gleich darauf. Ich hole zwei der Zauberstäbe heraus, lege sie beruhigend auf meine andere Hand und krame mit meiner anderen Hand in meiner Hosentasche nach einem Feuerzeug und schließe gleichzeitig mit meiner Hüfte die Schublade.
Krachend trete ich die beiden Schranktüren mit meinem Fuß zu und lasse mich wenige Sekunden später in die Couch einsinken. Anschließend zücke ich auch schon mein Feuerzeug und mein Joint fängt kurz darauf an, wie wild zu glühen.
Ich nehme einen tiefen Zug von dem heiligen Geschöpf und lasse den Rauch stoßweise meiner Lunge entweichen.
Nach diesem Zug folgt ein weiterer Zug, durch den ich schon deutlicher meinen heruntergeschraubten Puls wahrnehmen kann. Langsam lasse ich meinen Arm auf meinem Bein absinken und lege meine Füße gemütlich auf unseren vollgemüllten Couchtisch.
Ich muss gar nicht mal mehr bis 3 zählen, da höre ich auch schon das Klacken einer Tür und Schritte die zu mir hervorschreiten und letztendlich vor mir stoppen.
Mit einem entspannten Gesichtsausdruck schaue ich hoch zu meinem besten Freund, dessen Gesicht ein dickes Grinsen ziert und mich erwartungsvoll anschaut. Gerade möchte er seine Hand hochheben, um mir meinen Glimmstängel zu entwenden, da richte ich auch schon seine ganze Aufmerksamkeit mit einer Handbewegung und einem entsprechenden Blick auf den Couchtisch, was er schon sofort versteht.
Mit schweren Gliedern halte ich meinen Arm mit dem Feuerzeug in die Höhe und drücke es mit aller Kraft hinunter, sodass eine kleine Flamme entsteht an der er sich seinen Johnny, den ich für ihn bereitgelegt habe, anzündet. Man könnte meinen, ich muss nur einmal an der Schranktür und der Schublade rütteln und ihr dadurch ein Knacken entwenden, dann würde er schon keine Minute später vor mir stehen und mitmachen wollen.
Zufrieden grinsend lässt er sich neben mich auf das Sofa fallen, sodass ich für einen kurzen Moment denke, es würde zusammenbrechen und ich anfangen muss zu lachen.
Mein unkontrolliertes Gackern erfüllt den ganzen Raum und lässt die eigentlich stille Atmosphäre lebendiger wirken. Es dauert nicht lange, bis auch sein Lachen mein Lachen dabei unterstützt und er mit mir zusammen grundlos wild um die Wette lacht.
Grinsend steht er mit einem Male auf und zieht mich an meiner linken Hand zu ihm hinauf. Die Hand immer noch mit seiner freien umklammert bewegt er uns auf die leere Mitte des Raumes zu und fängt an mich wie wild durch den Raum zu schleudern. Kurz darauf lässt er meine Hand los und bringt auch seinen Körper zum Schwingen.
Unsere Arme wirbeln umher, fliegen hoch und runter, immernoch unseren Joint fest umklammernd. Meine Beine tragen mich auf und ab, hoch und runter hüpfe ich, auch wenn mein Gleichgewichtssinn gerade etwas am Arsch ist. In meiner drehenden Bewegung nehme ich noch einen tiefen Zug, den ich kurz darauf sofort wieder auslache und mich nur noch verrückter umherwirbeln lässt.
Wie ich einfach das Gefühl liebe, wie Drogen deine Nervenzellen größtenteils benebeln. Wie du dich von dem einen auf den anderen Moment viel freier fühlst und das auch zeigst. Wieso macht das nicht jeder? Wieso ist die Menschheit heutzutage so dumm und hält sich von dem wunderbaren Stoff fern? Sie haben Angst, wovor? Sich frei zu fühlen? Wild durch die Gegend tanzen zu können? Alles nur noch verspätet mitzubekommen? Die Welt ist doch sowie so dem Untergang geweiht, also wieso genießen sie nicht einfach die letzten Momente?
Denn dieses Gefühl der Freiheit, der Unabhängigkeit ist doch alles, was uns noch bleibt.
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Jane is alive
Teen FictionMein Nachbar: Ist vom Dach gesprungen Mein Busfahrer: Hat sich, samt Insassen, in seinem Gefährt in die Luft gejagt Meine Tante: Hat sich ein Messer in den Bauch gerammt Meine Eltern: Verschwunden Ich hab echt Glück ein Bewohner Londons in diesen Ze...