Begleitet durch einen Wasserfall, der in meinen Augen entspringt, den Weg über mein Gesicht sucht, dabei ein Hauch meines Make-Ups mitnimmt und sich anschließend in meinem Pullover vollsaugt, stampfe ich durch die Straßen Londons.
Durch Cole's Aktion von eben habe ich mittlerweile auch schon mein Ziel verloren. Das einzige was ich nur tun möchte, ist so weit wie möglich weg von Cole zu kommen. Und wenn es das letzte ist, was ich tun würde. Mir ist es egal, ob ich durch halb London stampfen müsste, bis meine Aggressionen verebbt sein würden. Dann würde ich es halt tun.
Meine Aggressionen, lasse ich mit so einer Wucht auf dem Teer unter mir aus, da könnte man meinen, ich wäre heiß darauf die Straße teilweise zu zerstören. Als würde ich die Schlaglöcher nur noch weiter ausscharben und danach größer, als sie es vorher ohnehin schon waren, zurücklassen. Vergleichbar mit der Wunde auf meiner Haut, bei der mein alter, guter Kollege Cole den Schorf auf eine grausame Art und Weise abgerissen hat und alles einfach nur noch um ein vielfaches verschlimmert hat, anstatt sie einfach in Ruhe zu lassen. Hätte er denn nicht einfach nur einen Verbandskasten benutzen können? Ein Plaster auf die Wunde draufkleben können? Aber nein, wahrscheinlich hätte er danach sowieso das Pflaster abgerissen, mit samt den ganzen Härchen, auf denen das Pflaster einst geklebt hat. Die Haare, die beim Herausreißen so ein ziehendes Gefühl hinterlassen, als würde dir gerade jemand einen Epilierer auf die behaarteste Stelle deines Körpers legen, und du könntest nichts dagegen tun.
Ja, so ist es. Aber mir ist es egal.
Vielleicht werde ich ja auch einfach eine genauso kalte und abweisende Stimmung an den Tag legen, wie Cole. Mir würde alles egal sein, was um mich herum passieren würde. Ich würde,... Ach ich will gar nicht mal mehr dran denken.
Frustriert hole ich meinen einzigen treuen Freund aus meiner Tasche, der mich wohl hoffentlich niemals im Stich lassen wird. Im Gegensatz zu Cole.. Ich bin echt enttäuscht von Cole. Wie lange waren wir schon miteinander befreundet? Es ist einfach eine zu lange Zeit die wir miteinander Tag für Tag verbracht haben, sodass er jetzt einfach das Recht hatte, unsere Freundschaft zu zerstören. Mir ein Messer ins Herz zu rammen, es um 360° zu drehen und anschließend wieder herauszuziehen. er würde sich am Ende wahrscheinlich sogar fragen, wieso das Messer so blutverschmiert wäre, er hätte doch nichts gemacht.
Bereits angezündet nehme ich einen tiefen Zug und lasse den Rauch der verbrannten Marihuana tief in meine Lunge gleiten. Und schon sind meine Sorgen bezüglich zu Cole vergessen. Ich bin wieder Sorgenfrei. Ach ist das ein herrliches Gefühl.
Summend laufe ich mit zum Rhytmus wippenden Schritten über den Asphalt. Ein paar Steinchen vor mir her kickend, bis ich eine schreiende Stimme hinter mir vernehme. Einer Stimme und Person, vor der ich wohl doch nicht so einfach weglaufen könnte, wie ich es eigentlich so dachte.
»JANE!«, brüllt er sich seine Stimme aus dem Leib »JANE, BLEIB DOCH MAL STEHEN!«
Vielleicht eine Sekunde lang bleibe ich auf dem Asphalt stehen und denke darüber nach, ob es vielleicht doch sinnvoll für uns beide wäre, wenn ich einen Rückzieher machen würde, bevor ich meinen Kopf über meine Gedanken schüttele und mit gestrafften Schultern und gehobenen Kopf weiter voranschreite.
»JANE.« Ein Wunder dass er sich überhaupt noch an meinen Namen erinnern kann, und dieser ihm auch noch nicht egal wurde.
»JANCI!« Und als diese Worte seinen Mund verlassen, ich sie hinter meinen Rücken höre, bleibe ich stehen. Bleibt viel mehr mein Körper stehen und lässt diese Worte immer und immer wieder in meinem Kopf herumschallen.
Wie ferngesteuert, als hätte jemand in meinem Kopf einen Hebel umgelegt, ›zwischen Böse auf Coleman‹ auf ›Lieb zu Coleman‹, drehe ich mich mit einem leicht angehobenen Mundwinkel zu Coleman um und sehe ihm dabei zu, wie er auf mich zukommt.
Leicht schlurfend hält er vor mir an und ich blicke ihn erwartungsvoll an. Darauf wartend was er gleich sagen wird. Wie er sich bei mir entschuldigen wird und sich alles wieder mehr oder weniger dem Guten zuwenden würde. Aber es bleibt still.
Kein Wort kommt aus seinem Mund.
Kein einziger Laut geht über seine Zunge und erreicht meine Ohren.
Nur ein paar leise Schnäufzer, die einigermaßen deutlich zeigen dass es außer Atem ist.
Aber auch schon nach wenigen Momenten der Ewigkeit hören diese auf, und übrig bleibt eine unübliche Stille.
Bevor ich ihn mit einer Frage löchere, da ich diese Stille zwischen uns einfach nicht mehr ertragen kann. Diese Stille, an wie wir vor ein paar Tagen noch nicht einmal im entferntesten gedacht haben. Die jetzt einfach so da ist, aber so schnell wie möglich verschwinden soll.
»Wieso bist du mir gefolgt?«, frage ich ihn und spreche nun das auf, das mir die ganze Zeit auf der Zunge lag, das was jetzt raus wollte. Mehr oder weniger.
Ich blicke ihm in die Augen, in denen jetzt nichts mehr von der Fröhlichkeit zu sehen ist, von der früher immer so viel von ihm und seinen Augen versprüht wurde. Von der man immer angsteckt wurde, aber nein dort ist jetzt nichts mehr als eine gähnende Leere.
»Keine Ahnung.«, antwortet er mir schulterzuckend. Als wäre ihm alles gleichgültig. Als hätte er keine Ahnung davon, dass er mir mit dieser Antwort einen Speer in mein Herz rammt und das auch noch mit Anlauf.
Und ich hatte ihm vergeben, weil er meinen Spitzname benutzt hatte, mit dem er mich schon so lange nicht mehr genannt hatte, dass ich den Glauben bekam, er hätte ihn schon ganz vergessen. Davon wurde ich geblendet und kurz darauf erneut in die Realität gerissen, in der ich jetzt mittlerweile schon wieder in irgendeinem Schlagloch liege und vor mich hin vegetiere.
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Jane is alive
Teen FictionMein Nachbar: Ist vom Dach gesprungen Mein Busfahrer: Hat sich, samt Insassen, in seinem Gefährt in die Luft gejagt Meine Tante: Hat sich ein Messer in den Bauch gerammt Meine Eltern: Verschwunden Ich hab echt Glück ein Bewohner Londons in diesen Ze...