9. Nachsitzen in der Hölle

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Nach dem Sportunterricht gingen Mila und ich zu unserem Stammplatz, wo Jan und Dani schon auf uns warteten.
"Was guckst du denn so traurig? Wir haben gehört du hast aus dieser Zicke nen Schlumpf gemacht?", wollte Dani lachent wissen.

"Ja, schon. Doch weil ich es Ben in die Schuhe geschoben habe, darf er jetzt nachsitzen. Und ratet mal wer ja noch nachsitzen darf?", erklärte ich genervt und setzte mich neben Dani.

"Aber Noras Gesicht war unbezahlbar.", bemerkte Mila kichernd.

"Das kann ich mir gut vorstellen.", lachte Jan.

"Du wirst es schon überleben!", sicherte Dani mir zuversichtlich zu.

"Wir haben morgen außerdem ein Fußballspiel, habt ihr Lust zu kommen?", fragte Jan und wühlte in seiner Jackentasche.

Mila sah mich fragend an.
"Von mir aus, ja.", lächelte ich und sie nickte.

Dann hielt Jan mir einen zerknitterten Flyer hin.
"Danke.", schmunzelte ich und steckte ihn in meine Hosentasche.

"So, wir müssen zum Bioraum. Dir noch viel Spaß beim nachsitzen.", verabschiedete sich Dani und Jan folgte ihm.

Auch Mila und ich verließen die Treppe und gingen zu unserem Klassenraum, in dem Nora blau hervor schimmerte.

Mila und ich kicherten, als wir uns auf unsere Plätze setzten.
Die Aktion war einfach unbezahlbar gewesen und ich lag somit wieder 2:1, in Führung.

Doch das Lachen verging mir sofort, als ich an das zuvor stehende Nachsitzen dachte.

Als es klingelte zuckte ich zusammen.
Noch nie hatte ich mir gewünscht, dass wir jetzt noch Unterricht hätten. Nur um dem Nachsitzen aus dem Weg zu gehen...
Doch es war nicht mehr zu verhindern.
Es stand unmittelbar bevor!

Ich schritt, wie zum Tode verurteilt, den Gang entlang.
Mila verabschiedete sich von mir und wünschte mir viel Glück.

Glück?! Nicht mal das kann mich hier vor noch bewahren. Es müsste schon ein Wunder geschehen! Erwartungsvoll sah ich mich um.
"Wunder? Wo bist du?", dachte ich mir.
Doch es tat sich gar nichts.
Vor mir lag nur der inzwischen leere Gang und in einiger Entfernung die Tür, die in die Hölle führt.
Ich konnte schon die Feuerfunken aus der Tür spritzen sehen.

Zitternd öffnete ich die Tür, an der in dicken schwarzen Buchstaben 'Nachsitzen' stand
-doch ich konnte nur 'Hölle' lesen-
und guckte vorsichtig in den Raum hinein.

Erleichtert atmete ich auf. Es war kein Ben zu sehen.
Nur eine alter Frau die an einem kleinen Schreibtisch saß.
Das war unglaublich gruselig.
Sie guckte kurz, hinter ihrem Buch hervor und senkte ihren Kopf dann wieder, ohne irgendeine Reaktion.
Sie hätte mir zum Beispiel erklären können, wie ich diese Stunde überlebenden soll.
Aber das wollte sie anscheinend nicht...

Ich schmiss meine Tasche auf den Tisch und setzte mich gelangweilt auf den Stuhl.
Ich wartete auf irgendeine Reaktion oder Anweisung, aber nichts...
Oder wir man hier mit Schweigen bestraft?

Plötzlich ging die Tür auf.
Ich drehte mich schockiert um.
Da stand er auch schon in der Tür. Arrogant und Kaugummi kauend.
Was ein Spast!

"Sie sind zu spät!", grummelte die alte Frau.

"Ach! Er bekommt eine Reaktion?! Ernsthaft?!", wollte ich rufen. Doch da ließ Ben sich schon auf den Platz neben mir fallen und verdrehte die Augen als er mich erkannt.

"Sie beide werden, bis nächsten Mittwoch jede Stunde erscheinen, oder sie werden suspendiert!
So verlangt es der Direktor. Sie befinden sich in einer ernsten Lage! Auf dieser Schule, wird gutes Verhalten sehr hoch gesetzt!
Wenn sie alle Aufgaben zu meiner Zufriedenheit erledigen, wird dieser Vorfall nur in ihren Akten vorkommen und mehr nicht. Entscheiden sie sich gut!", ermahnte sie uns und legte uns zwei Hefter auf den Tisch.

"Diese Hefter müssen ausgefüllt werden, damit wir zu aller erst ihr Verhalten nachvollziehen können.", erklärte sie und versteckte sich wieder hinter ihrem Buch.

"Warum stecken sie uns nicht gleich in ne Psychatrie...", murmelte ich und widmete mich dem Hefter.

Was sind das denn für Fragen?
Familienstand? -ledig.
Welche Ziele streben sie an? -das Überleben dieser Woche.
Was möchten sie mal werden?
-diese Frage geht mir zuweit.
Die wollten ja mein ganzes Privatleben wissen!

"Was machst du hier?", flüsterte er mir zu.

"Nachsitzen!", flüsterte ich genervt zurück.

"Ach ne?! Was hast du angestellt!", wollte er wissen.

"Nem Mädchen die Haare gefärbt. Ach ja, dass war ja gar nicht ich.", schmunzelte ich und warf einen Blick nach vorne.

"Du warst das?", fragte er etwas zu laut.

"Ruhe!", zischte die alte Frau.

Ich sah schmunzelt auf mein Blatt.

"Krass! Wie kommt man denn auf so eine Idee?", schmunzelte er.

"Sie hat mich zum Nachsitzen schicken lassen, da musste ich mich einfach rächen.", flüsterte ich, ohne ihm einen Blick zu würdigen.

"Heißt also, wir sitzen beide ohne Grund hier. Zumindest ich!", zischte er.

"Du hättest dich ganz einfach nicht mit mir anlegen sollen.", fauchte ich leise zurück.

"Und du dich nicht mit mir!", erwiderte er.

"Was willst du mir denn schon antuen.", lachte ich auf.

"Ruhe!", wiederholte die Frau sich.

"Das wirst du schon noch sehen!", murmelte er.

Ich ignorierte ihn und bearbeitete weiter mein Blatt, bis die alte Frau es einsammelte.

"Raum sauber machen!", befahl sie und beobachtete uns, hinter ihrem Buch.

Ich schnappte mir den Besen und Ben säuberte die Tafel.

"Ich bin in wenigen Sekunden wieder da, benehmen sie sich!", erklärte die Frau und trottete aus dem Raum.

Kaum war sie gegangen, landete ein nasser Schwamm in meinem Gesicht.

"Dafür das du mir die Dose zu gesteckt hast.", begründete er seine Attacke.

Ich funkelte ihn böse an und warf mit voller Wucht zurück.
Der Schwamm landete direkt in seinen Haaren.

"Wofür war das?", wollte er sauer wissen.

"Für das abwerfen ohne Grund.", beschwerte ich mich.

Da kam der Schwamm auch schon wieder zurück geflogen.
Dich diesmal duckte ich mich und der Schwamm flog an die Wand.

Ich zog provozierend eine Augenbraue hoch.
Doch dann flog die Kreide.
"Du Arsch!", schrie ich, griff mir wieder den Schwamm.

Doch dann ging die Tür wieder auf und die alte Frau musterte uns.

Wir taten als wäre nichts gewesen und sie setzte sich wieder hinter ihr Buch.

Ben sah hoch und schmunzelte mich an. Ich schmunzelte zurück und musste mir das Lachen verkneifen.







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