6th Letter

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Lieber Niall,

ich habe mich gerade mit meiner Schwester gestritten. Du denkst jetzt vielleicht, ich hab mir ein Shirt von ihr ausgeliehen, ihr nicht zurückgegeben und jetzt braucht sie es dringend oder so ein Kinderkram. Aber nein. Wenn sich meine Schwester und ich streiten, dann so richtig. Der Grund dafür? Nun ja, ich lasse mich immer wieder kommentarlos von ihr anschreien und sie hat somit jemanden gefunden, an dem sie ihre Launen auslassen kann. Was sie im Grunde auch braucht. Also, dass sie ihre Gefühle und Emotionen zulässt und zeigt, aber doch nicht immer an mir! Kommt sie in der Schule nicht mit oder nicht klar, bin ich quasi ihr Boxsack. Streitet sie sich mit meiner Mutter, bin ich plötzlich wieder gut genug für sie. Und hat sie Stress mit ihrem Freund (sie sehen sich nicht allzu oft, da sie eine Fernbeziehung führen), kotzt sie sich bei mir aus. Wortwitz, haha.

Es scheint bei uns in der Familie nämlich dazuzugehören, als Mädchen eine Essstörung zu haben. Von der Uroma bis zu meiner Schwester hindurch waren und sind die Frauen in der Familie alle spindeldürr und krank. Und dann kam ich. Auch ein sehr tolles Gefühl, weißt du? Immer zu wissen, das kleine, pummelige Nesthäkchen zu sein. Gott, wie sehr ich mich und meinen Körper hasse. Jeder in meinem Umfeld ist dünn und hat eine wahnsinnige Disziplin und erreicht immer das, was er will, Niall.

Und ich, ich bekomme gar nichts uauf die Reihe. Bis auf dass ich FanFictions über euch schreibe und eine gute Schülerin bin, gibt es nichts bewundernswertes in meinem Leben. Wenn diese zwei Sachen überhaupt zu bewundern sind. Es gibt so viele Menschen, die im Schreiben viel talentierter sind als ich. Und es gibt so viele hochbegabte Leute.

Ich bin nichts Besonderes, Niall. Es ist doch kein Wunder, dass mich keiner wahrnimmt, außer er braucht irgendwas von mir. Wieso sollte man mich auch bemerken? Keiner tut das. Und keiner wird je erfahren, was in mir vorgeht. Außer dir. Und das bist armseligerweise nicht einmal du, dem ich all das hier schreibe. Es ist dein Name, dem ich es schreibe. Irgendwas, was mir momentan noch hilft, mich zusammenzureißen. Doch ich weiß nicht, wie lange das funktionieren wird. Ich bin froh, dass mir wenigstens diese Briefe bleiben. Vielleicht bestehe ich darauf, dass sie mit verbrannt werden, falls ich sterben sollte. Wir werden sehen.

In Liebe
Amber

11th March 2016

Sheets Of Paper [Niall Horan]✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt