10. Kapitel

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Die laute Musik und die vielen wirren Menschenstimmen drangen an mein Ohr. Es fiel mir schwer, wegzuhören, aber dennoch versuchte ich es. Ich vernahm Schritte vor meinem Zimmer. Allmählich hatte ich mich an die Klänge gewöhnt - ich wusste, wann jemand kam und ging und manchmal, manchmal wusste ich sogar, wer es war.
Die Tür wurde ohne Klopfen aufgerissen, die Septa kam herein. »Sienna, Liebes, warum habt Ihr Euch noch nicht fertig gemacht? Ihr solltet doch längst unten sein!«
»Ich will nicht zu diesem Turnier«, meinte ich und wandte mich der Frau zu. »Ich bleibe hier.«
»Es ist das Turnier der Hand. Es wird ganz allein für Euren Vater veranstaltet«, rief sie aufgebracht.
»Mein Vater will dieses Turnier nicht.« Ich schritt zu meiner Kommode und ergriff das Buch darauf. »Lasst mich allein, Septa! Ich brauche Ruhe.«
»Jetzt stellt Euch nicht so an. Ihr benehmt Euch ja wie Arya! Soll ich erst Euren Vater holen, dass Ihr wieder zur Vernunft kommt?«
»Haltet den Mund!«, schrie ich und schleuderte das Buch in ihre Richtung. Mit Wucht prallte es gegen die Wand und fiel schließlich zu Boden.
Die Frau zuckte bei dem Knall zusammen und sah mich mit Schreckens geweiteten Augen an. »Ich hole Euren Vater«, murmelte die Septa und verließ mich.
Augenblicklich begann ich zu schluchzen. Ich hielt mir den Kopf und rutschte zu Boden. Meine Tränen kamen, ohne dass ich es wollte - ich konnte sie nicht zurückhalten.
»Sienna?«, vernahm ich auf einmal die Stimme meines Vaters. »Was ist los?«
»Verschwinde.« Ich hatte versucht, mein Schluchzen zu unterdrücken, doch gelang es mir nicht.
»Ist es meinetwegen?«
»Ich sagte, Verschwinde!«, schrie ich und zog meine Knie näher an meinen Körper.
»Sienna, ich werde nicht gehen«, entgegnete mein Vater und hockte sich neben mich.  »Es tut mir leid, dass ich dich letztens angebrüllt habe. Ich weiß einfach nicht, was in mich gefahren ist. Wahrscheinlich arbeite ich einfach zu viel ...«
»Es ist nicht deswegen«, meinte ich und strich mir mit dem Ärmel des Kleides über die nassen Augen. »Es ist ... Ich weiß auch nicht. Ich will nicht zu dem Turnier. Ich will ...« - nach Hause, dachte ich, doch behielt ich es für mich.
»Du bist ganz bleich«, bemerkte Eddard Stark. Er legte seine kalte Hand auf meine Stirn und zog sie sogleich wieder zurück. »Heiß. Du bist krank.«
»Mir geht es gut ...«, beharrte ich, doch mein Vater schüttelte den Kopf.
»Du legst dich jetzt hin und schläfst ein wenig. Nach dem Turnier werde ich zu dir kommen und nach dir sehen.« Der Lord erhob sich und ich tat es ebenfalls. Er schloss meine Fenster, der Lärm wurde gedämpft, und ich legte mich ins Bett.
»Schlaf ein wenig, Sienna. Ich komme später.« Er nickte mir noch einmal zu, bevor er schließlich mein Zimmer verließ.
Ich drehte mich auf die Seite und starrte das Fenster an. Meine Gedanken wanderten zu Nymeria, Ylenia und Lady. Wo sie wohl waren und ob sie noch lebten, war ein wahrhaftiges Rätsel, welches ich in naher Zukunft nicht lösen können würde.

Winter is coming || Game of Thrones Staffel 1-2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt